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20 Kultur und Soziales Cultura e società<br />
2/20<strong>06</strong><br />
STRASSEN UND PLÄTZE MIT BERÜHMTEN NAMEN<br />
Der Margarethenweg<br />
TEXT: KLARA MITTERER<br />
FOTO: ALEX PUSKA<br />
Der Name Margarethenweg – sei es<br />
für den Spazierweg zur Burgruine<br />
Maultasch, sei es für eine Straße im<br />
Winkl – geht zurück auf Margarethe<br />
Maultasch, die letzte Gräfin von<br />
Tirol.<br />
Margarethe Maultasch war die<br />
Tochter Herzog Heinrichs von<br />
Kärnten und Tirol aus dem Hause<br />
der Meinhardiner und wurde<br />
im Jahre 1318 geboren. Ihrem<br />
Großvater Meinhard II. war<br />
es durch Geschick, Geld, Heirat<br />
und manchmal auch mit Gewalt<br />
gelungen, seine Herrschaft in Tirol<br />
zu festigen und auszudehnen.<br />
Herzog Heinrich, der als Herrscher<br />
nicht an die Fähigkeiten seines<br />
Vaters heranreichte und verschwenderisch<br />
lebte, hinterließ<br />
bei seinem Tode im Jahre 1335<br />
nur zwei Töchter, Adelheid und<br />
Margarethe. Die Ältere, Adelheid,<br />
kam wegen ihres Siechtums als<br />
Nachfolgerin nicht in Frage, und<br />
so musste Margarethe das Erbe<br />
übernehmen. Verständlicherweise<br />
war sie eine begehrte „Heiratspartie“.<br />
Um sie bemühten sich<br />
die einflussreichsten Herrscherfamilien<br />
der Zeit: die Luxemburger,<br />
die Wittelsbacher und die<br />
Habsburger.<br />
Zunächst waren die Luxemburger<br />
erfolgreich: Schon mit neun<br />
Jahren wurde Margarethe mit<br />
dem vier Jahre jüngeren Grafen<br />
Johann von Luxemburg verlobt,<br />
und am 16.9.1330 fand die Hochzeit<br />
statt. Margarethe war zwölf,<br />
ihr Mann acht Jahre alt - eine Kinderehe.<br />
Ob die beiden sich mochten,<br />
danach wurde nicht gefragt.<br />
Fünf Jahre später starb ihr Vater,<br />
und das hieß für Margarethe,<br />
ein schweres Erbe anzutreten. Es<br />
gab Kämpfe um den Besitz Tirols,<br />
doch konnte sich Margarethe<br />
mit Hilfe der Luxemburger behaupten.<br />
In ihrem Privatleben<br />
allerdings fand sie nicht die gewünschte<br />
Erfüllung. Ihr Mann<br />
galt als psychisch impotent, und<br />
Kinder waren von ihm nicht zu erwarten.<br />
Das schmerzte die junge,<br />
vitale Frau und ließ sie Ausschau<br />
halten nach einem neuen Mann.<br />
Den fand sie in Markgraf Ludwig<br />
von Brandenburg, einem Sohn<br />
des Kaisers Ludwig des Bayern.<br />
Im Einverständnis mit mächtigen<br />
Adeligen versperrte Margarethe<br />
am 2.11.1341 die Tore der Burg Tirol<br />
ihrem Gatten, als er von einem<br />
Jagdausflug zurückkam, und vertrieb<br />
ihn aus dem Lande. Auch<br />
von den Untertanen wurde Heinrich<br />
verächtlich oft nur „das böhmische<br />
Hansele“ genannt.<br />
KIRCHENBANN ÜBER<br />
MARGARETHE<br />
Die Ehe mit Ludwig dem Brandenburger<br />
schloss Margarethe am<br />
10.2.1342 auf Schloss Tirol, auch<br />
wenn ihre erste Ehe noch nicht<br />
durch ein kanonisches Urteil geschieden<br />
war und sie mit Ludwig<br />
verwandt war (Großeltern waren<br />
Geschwister). Die zweite Ehe<br />
dürfte glücklich gewesen sein.<br />
Ihr entstammte der Sohn Meinhard<br />
III. Der Brautbecher, ein<br />
wertvolles Erinnerungsstück, ist<br />
erhalten und trägt die Inschrift:<br />
LIEBES LANGER MANGEL IST<br />
MHINES HERZEN ANGEL (frei<br />
übersetzt: Der lange Mangel eines<br />
geliebten Mannes ist meines Herzens<br />
Stachel).<br />
Für den Papst und die Kirche<br />
war dieses eigenmächtige Handeln<br />
nicht tragbar, und es folgte<br />
die damals übliche Strafe. Über<br />
Margarethe und ihre Räte wurde<br />
1342 der Kirchenbann ausgesprochen<br />
und über ihre Gebiete das<br />
Interdikt verhängt, d. h., es wurden<br />
die gottesdienstlichen Handlungen<br />
verboten. Als sich nach<br />
einigen Jahren in Tirol die Beulenpest<br />
verbreitete, ein Erdbeben<br />
das Land erschütterte und mehrmals<br />
Heuschreckenschwärme<br />
einfielen, sah die Bevölkerung dahinter<br />
eine Strafe Gottes für den<br />
Ehebruch Margarethes und die<br />
Nichtbeachtung des Interdiktes.<br />
Es musste Margarethe also viel daran<br />
gelegen sein, sich mit der Kirche<br />
auszusöhnen. Sich dafür zu<br />
verwenden versprachen zunächst<br />
der deutsche König Karl IV., ein<br />
Bruder Heinrichs von Böhmen,<br />
und später vor allem die Habsburger<br />
Albrecht II. und dessen Sohn<br />
Rudolf.<br />
Die Habsburger bemühten sich<br />
sehr, Tirol für ihr Haus zu erwerben,<br />
da für sie eine Verbindung<br />
zwischen ihren schwäbischen Besitzungen<br />
und Österreich sehr<br />
erwünscht war. Die Habsburger<br />
verhandelten mit dem Papst und<br />
erreichten nach längerem Bemühen,<br />
dass Margarethe 1359 vom<br />
Banne befreit, das Ehehindernis<br />
der Verwandtschaft gelöst wurde,<br />
die Kinder legitimiert wurden und<br />
die Erlaubnis zu einer neuen Ehe<br />
gegeben wurde. Margarethe und<br />
Ludwig mussten dafür verschiedene<br />
Bedingungen des Papstes<br />
erfüllen.