Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH
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Weitere gesetzliche Grundlagen<br />
Da der öffentliche Dienst jeweils auf länderspezifi schen Regelungen<br />
beruht, gibt es für die Beschäftigten jedes Bundeslandes und des<br />
Bundes gesonderte Regelungen (Bundesgleichstellungsgesetz,<br />
Landesgleichstellungsgesetze; Bundes- und Landespersonalvertretungsgesetze;<br />
Bundesbeamtengesetz). Die Inhalte der jeweiligen<br />
Landesregelungen unterscheiden sich teilweise in ihrer Reichweite.<br />
Einen guten Überblick dieser gesetzlichen Grundlagen und ihrer<br />
Anknüpfungspunkte für familienbewusste Maßnahmen in der<br />
Dienststelle bietet die Broschüre „Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und<br />
<strong>Beruf</strong> für Personalräte“; S.27 – 38 (http://familie.dgb.de/service/<br />
bildungsarbeit/dgb-broschuren/++co++025d1a26-4e3f-11e0-<br />
568a-00188b4dc422). Die umfangreichste Literatur zum Thema<br />
Recht und Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong> fi nden sie im Juris<br />
Praxiskommentar (Düwell u. a. 2009).<br />
Probleme bei der Gewährung von Teilzeit<br />
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz gilt in ganz Deutschland für<br />
(fast) alle Beschäftigungsverhältnisse. Gegen die Einführung von<br />
Teilzeit werden verschiedene Begründungen ins Feld geführt.<br />
Rechtlich sind diese Gründe relevant, wenn sie einer nachweisbaren<br />
und nachvollziehbaren Entscheidung der Arbeitsorganisation<br />
entspringen. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 8 Abs. 4, TzBfG)<br />
nennt vier Ablehnungsgründe: 1. Unverhältnismäßige Kosten<br />
(Kosten, die eine besondere Teilzeitbeschäftigung verursacht); 2.<br />
wesentliche Beeinträchtigung im Betrieb; 3. wesentliche Beeinträchtigung<br />
der Organisation oder des Arbeitsablaufs (z. B. Teilzeit<br />
läuft den Anforderungen und/oder der Betriebsvereinbarung des<br />
Schichtsystems zuwider oder verursacht lange Über gabe gespräche);<br />
4. keine Ersatzkraft. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-<br />
Holstein (Az.: 3 SaGa 14/10 vom 15. 12. 2010) stärkt eher die<br />
Rechte der Arbeitnehmer/innen auf Teilzeit. In einer Änderungsschneiderei<br />
mit 2-Schichtbetrieb wollte eine Schneiderin nach der<br />
Elternzeit in Teilzeit gehen und nur noch vormittags arbeiten. Der<br />
Teilzeitwunsch wurde vom Arbeitgeber mit der Argumentation<br />
verweigert, dass aus „organisatorischen Gründen“ alle Beschäftigten<br />
wechseln müssen. Dagegen verwies das Gericht darauf, dass<br />
das Wechseln im Schichtbetrieb allein kein Ablehnungsgrund ist.<br />
Vielmehr muss der Arbeitgeber begründen, weshalb der Arbeitszeitwunsch<br />
nicht durch Änderungen im Betriebsablauf oder durch<br />
Ersatzkräfte realisiert werden kann.<br />
Faktorisierung der Arbeitszeiten<br />
Um die negativen Folgen von jahrelanger <strong>Schichtarbeit</strong> zu<br />
reduzieren, ist es empfehlenswert, eine Faktorisierung der<br />
Arbeitszeiten in <strong>Schichtarbeit</strong> vorzunehmen. Ein Beispiel, wie<br />
verschiedene Modelle aussehen, gibt die Gewerkschaft der<br />
Polizei. Je nach Modell werden entweder die in Schicht geleisteten<br />
Jahre gezählt oder stundenweise auf ein Lebensarbeitszeitkonto<br />
verbucht. Im ersten Modell könnte z. B. nach 30 Schichtjahren<br />
ein Faktor zwischen 1,05 und 1,45 angerechnet werden, so dass<br />
1,5 bis 15 Jahre Zeitgewinn resultieren und die Beschäftigten<br />
ent sprechend früher verrentet werden könnten. Im zweiten Modell,<br />
in dem die einzelnen Schichten faktorisiert und z. B. auf ein Lebensarbeitskonto<br />
gutgeschrieben werden, würde ein 8-Stunden-Dienst<br />
mit dem Faktor 1,5 dann eine Gutschrift von 12 Stunden bedeuten<br />
(http://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/Posa/$fi le/PosSchichtEndstand.<br />
pdf).<br />
Auf Länderebene gelten solche Regelungen bereits für Beamte<br />
und Beamtinnen. In Rheinland-Pfalz ist geplant das Rentenalter für<br />
Polizisten/innen im gehobenen Dienst auf 62 Jahre und im höheren<br />
Dienst auf 64 Jahre zu reduzieren. Dabei sollen auch die geleisteten<br />
Schichtdienstzeiten faktorisiert werden (vgl. Gewerkschaft der<br />
Polizei 2011).<br />
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