Familienbewusste Schichtarbeit - Beruf & Familie gGmbH
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ständige Insistieren auf Arbeitnehmerrechte hat dazu beigetragen,<br />
sich Respekt gegenüber der Geschäftsführung zu verschaffen.<br />
Heute dürfen Auszubildende grundsätzlich keine Überstunden<br />
machen. Und die verlässlichen und familienfreundlichen Arbeitszeiten<br />
sind dem Druck des Betriebsrates zu verdanken.<br />
Eine Botschaft des Betriebsrates für Betriebe in einer schwierigen<br />
Branche mit traditionell starken Arbeitgebern lautet: Um die Vereinbarkeit<br />
von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong> zu verbessern, muss zunächst einmal<br />
die Durchsetzungsfähigkeit der Interessenvertretung gestärkt<br />
werden.<br />
C) Rasselstein, Andernach<br />
Die Rasselstein GmbH ist ein Unternehmen der Metallbranche und<br />
ein führender Hersteller von Weißblechen in Europa. Am Standort<br />
Andernach in Rheinland-Pfalz sind 2.400 Menschen beschäftigt,<br />
wovon ca. 1.500 (63 %) in Schicht arbeiten. Waren vor einigen<br />
Jahren Frauen in der Produktion eine absolute Ausnahme, werden<br />
mittlerweile auch dort zunehmend mehr beschäftigt. Heute<br />
arbeiten 40 Frauen im gewerblichen Bereich.<br />
Die hohe Attraktivität von Rasselstein – auch aufgrund von<br />
<strong>Familie</strong>nfreundlichkeit, Gesundheitsprojekten und einem guten<br />
Schichtmodell – ist mittlerweile so groß, dass es kaum Fluktuation<br />
gibt. Mit 10 Jahren Betriebszugehörigkeit gehört man eher zu den<br />
„jüngeren“ Beschäftigten. Auf eine freie Stelle kommen 30 Bewerbungen<br />
und 2011 wurden 60 Auszubildende – bei 900 Bewerbungen<br />
– eingestellt.<br />
Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong><br />
Rasselstein wurde im Jahr 2006 durch die Hertie-Stiftung als<br />
„familienfreundlicher Betrieb“ zertifi ziert. Doch <strong>Familie</strong>nfreundlichkeit<br />
bei Rasselstein begann bereits im Jahr 2000, als eine<br />
Ingenieurin Nachwuchs bekam. Da es der Personalabteilung nicht<br />
gelang, die Stelle adäquat zu besetzen, musste ein anderer Weg<br />
gefunden werden. Die Beschäftigte war bereit, nach einem Jahr<br />
wieder in ihren <strong>Beruf</strong> zurückzukehren. Um diesen frühen Wiedereinstieg<br />
zu ermöglichen, baute das Unternehmen eine Kooperation<br />
mit einer Kindertagesstätte in Andernach auf. Der Betrieb sponserte<br />
den Belegplatz, die Kollegin erhielt einen Zuschuss von monatlich<br />
153,– Euro für die Kinderbetreuungskosten. Der Betriebsrat setzte<br />
sich dafür ein, dass alle Eltern von diesem Unterstützungsangebot<br />
profi tieren. So entstand die betrieblich geförderte Kinderbetreuung<br />
bei Rasselstein. Heute kooperiert das Unternehmen mit<br />
zwei Kindertagesstätten, die Krippen- und Kindergärtenplätze zur<br />
Verfügung stellen sowie spontane Notfallbetreuung anbieten.<br />
Diese familienfreundliche Maßnahme trägt dazu bei, dass 80%<br />
der Elternzeitler/innen nach ca. einem Jahr wieder in den Betrieb<br />
zurückkehren.<br />
Seitdem hat sich eine Menge getan: Heute bietet das Unternehmen<br />
Dienstleistungen an wie z. B. einen Wasch- und Bügelservice oder<br />
eine Informations- und Beratungsstelle für Beschäftigte, die in<br />
Elternzeit gehen oder pfl egebedürftige Angehörige betreuen. Für<br />
die Beschäftigten besteht die Möglichkeit, Essen aus der Kantine<br />
mit nach Hause zu nehmen.<br />
Parallel hierzu wurden im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung<br />
verschiedene Maßnahmen eingeführt, die Gesundheit<br />
und Vereinbarkeit von <strong>Familie</strong> und <strong>Beruf</strong> miteinander verbanden.<br />
Im Jahr 2003 wurde das Projekt „Der gesunderhaltende Betrieb“<br />
gestartet, mit dem Ziel, das Wohlbefi nden der Beschäftigten zu<br />
verbessern, Belastungen am Arbeitsplatz zu reduzieren und individuelle,<br />
soziale und organisatorische Ressourcen aufzubauen. Neben<br />
der Qualifi zierung von Führungskräften und Beschäftigten im<br />
Bereich der Gesundheitsförderung und des Arbeitsschutzes wurden<br />
die Betriebsräte zu Gesundheitsauditoren/innen ausgebildet. Sie<br />
führen seitdem im Betrieb regelmäßige Arbeitsplatzanalysen durch,<br />
um gemeinsam mit den Kollegen/innen vor Ort den jeweiligen<br />
Arbeitsplatz unter Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes und der<br />
Gesundheitsförderung zu kontrollieren und ggf. zu optimieren.<br />
Des Weiteren bietet der Betrieb im Rahmen der Prävention allen<br />
Kollegen/innen regelmäßige Gesundheits-Checks an. Seit 2008<br />
gibt es für die Beschäftigten ein eigenes Trainingscenter, in dem<br />
sie kostenlos unter fachlicher Betreuung trainieren können. Das<br />
Trainingszentrum ist mehr als nur ein Fitnesscenter. Dort können<br />
auch akute und chronische Muskel- und Skeletterkrankungen<br />
mit Krankengymnastik und gerätegestützter Therapie behandelt<br />
werden.<br />
Auch die <strong>Familie</strong>nangehörigen der Beschäftigten werden in das<br />
Projekt einbezogen. Sie können z. B. an internen Weiterbildungsangeboten<br />
im Bereich der Gesundheitsförderung teilnehmen.<br />
Der Betriebsrat möchte zudem erreichen, dass <strong>Familie</strong>nmitglieder<br />
langfristig das eingerichtete Sportstudio nutzen und mittags in der<br />
Kantine essen gehen können.<br />
Besonderheiten im Schichtsystem<br />
Belastungen in der <strong>Schichtarbeit</strong> fallen z. B. durch körperlich<br />
schwere Tätigkeiten vor allem im Verpackungsbereich an und durch<br />
monotone Überwachungstätigkeiten in der Produktion. Zusätzlich<br />
machen Lärm, Hitze und Schmutz den Beschäftigten in verschiedenen<br />
Produktionsbereichen zu schaffen.<br />
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