Gewalt auf den Strassen von Rio - CARITAS - Schweiz
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Welt: Äthiopien<br />
Achtung vor sich selbst lernen<br />
In zahlreichen Ländern wer<strong>den</strong> Kinder,<br />
meist Mädchen, sehr jung verheiratet.<br />
Damit wer<strong>den</strong> die elementarsten Kinderrechte<br />
verletzt – das Recht <strong>auf</strong> Gesundheit,<br />
<strong>auf</strong> Bildung, <strong>auf</strong> Spiel und Erholung.<br />
Sebhatu Seyoum Halibo <strong>von</strong> Caritas<br />
Adigrat in Nordäthiopien geht gegen<br />
Kinderheirat mit Bildungsprojekten an.<br />
Trotz Verbot wird<br />
Kinderheirat in Äthiopien<br />
praktiziert. Wie<br />
verbreitet ist sie?<br />
Je nach Volksgruppe<br />
und Region wer<strong>den</strong> fast<br />
zwei Drittel der Mädchen<br />
minderjährig verheiratet. In Nordäthiopien<br />
hat sich die Lage aber sehr gebessert.<br />
Erklärt die Tradition alles?<br />
Nein. Auch wenn das Argument der Tradition<br />
oft herbeigeführt wird, stecken hinter<br />
der Kinderheirat häufig handfeste ökonomische<br />
Gründe.<br />
Heirat aus Armut?<br />
Gerade arme Familien können sich die Ausbildung<br />
ihrer Töchter nicht leisten. Mit der<br />
Verheiratung meinen die Eltern mehrere<br />
Probleme zu lösen: die Kosten der Ausbildung<br />
und des Unterhalts, das Risiko, dass<br />
das Mädchen ungewollt schwanger wird,<br />
aber auch das Risiko, dass es unverheiratet<br />
bleibt. Oft wird sozialer Aufstieg erhofft.<br />
Unverheiratete Töchter wer<strong>den</strong> stigmatisiert,<br />
weswegen die frühe Heirat eben doch<br />
nicht nur ein Problem der Armut ist.<br />
Was unternimmt der Staat dagegen?<br />
Gesetzlich ist die Kinderheirat verboten, im<br />
Jahre 2000 wurde das gesetzliche Heiratsalter<br />
für Frauen <strong>auf</strong> 18 Jahre hochgesetzt.<br />
Es drohen zwar Konsequenzen wie Bussen<br />
oder gar Haft, doch allein mit Strafen bewirkt<br />
man die Veränderung nicht. Deswegen<br />
wirken wir über Bildungsprogramme.<br />
Was können Bildungsprogramme<br />
bewirken?<br />
Zuerst einmal zeigen wir die gesundheitsschädlichen<br />
Folgen der Kinderheirat <strong>auf</strong>.<br />
Den Müttern und Vätern ist es oft nicht bewusst,<br />
welche Gesundheitsrisiken die frühe<br />
Verheiratung mit sich bringt. Der Körper<br />
der Mädchen ist meist noch nicht ausreichend<br />
entwickelt, um die Belastung einer<br />
Schwangerschaft oder Geburt zu verkraften.<br />
Die Mädchen tragen schwere Verletzungen<br />
da<strong>von</strong>.<br />
Sie wirken über Schulen und<br />
sprechen damit die Mädchen und<br />
nicht ihre Eltern an.<br />
Es ist nötig, beide anzusprechen – die Töchter<br />
wie ihre Eltern. Die Mädchen lernen in<br />
Kursen, selbständig zu entschei<strong>den</strong>; sie lernen<br />
ihre Rechte kennen. Die Eltern sprechen<br />
wir anlässlich anderer Programme an.<br />
So zum Beispiel erreichen wir sie dort, wo<br />
es um Gesundheit und Hygiene geht – ein<br />
guter Anlass, um über Gesundheitsrisiken<br />
früher Heirat zu informieren.<br />
Was spornt Sie an?<br />
Die Achtung vor Menschenrechten. Ich<br />
wünsche mir, dass die Menschen dazu befähigt<br />
wer<strong>den</strong>, ihre Rechte selbst wahrzunehmen,<br />
im Sinne der Achtung vor sich selbst.<br />
Das Interview führte Iwona Swietlik<br />
Bild: Gerade arme Familien können sich die<br />
Ausbildung ihrer Töchter nicht leisten.<br />
20 Caritas «Menschen» 3/13<br />
Bilder: Iwona Swietlik; Andreas Schwaiger