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Regionale Siedlungshierarchien und interregionaler Austausch

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Siedlungen aussenden oder neue gründen, um das Konfliktpotential, das durch die<br />

Konkurrenz <strong>und</strong> vor allem auch durch den Bevölkerungsdruck entstanden ist, zu entschärfen.<br />

Zum anderen, <strong>und</strong> das belegen ethnographische Beispiele, 120 können Konfliktsituationen<br />

derart ansteigen, dass die konkurrierenden Parteien einen Teil ihrer Autonomie abgeben <strong>und</strong><br />

einen gemeinsam bestimmten Mediator zur Konfliktlösung bzw. -schlichtung einschalten.<br />

Diese mit quasi-richterlichen Vollmachten ausgestattete Instanz gewinnt durch ihre wichtige<br />

Position als primus inter pares an Prestige <strong>und</strong> durch die ihr zukommenden Geschenke an<br />

ökonomischem Wohlstand <strong>und</strong> politischer Macht, die in einem letzten Schritt der<br />

Institutionalisierung vererbbar wird <strong>und</strong> damit dem Häuptlingstum den Weg öffnet. Dieses<br />

mögliche Modell zeigt auf, dass eine Zersplitterung des Zentrums verhindert worden sein<br />

könnte <strong>und</strong> dass dies das Wachstum der Siedlung (wie im Mittleren Formativum für San José<br />

Mogote evident) gefördert hätte.<br />

Aufbauend auf den gleichen soziokulturellen Faktoren könnte zunächst San José Mogote,<br />

später andere Subzentren, wie etwa Huitzo, als religiös-zeremonielle Fokussierungspunkte<br />

gedient haben. Rituale wurden bereits im Frühen Formativum auf drei verschiedenen Ebenen<br />

vollzogen. Auf der privaten Ebene fanden Blutopfer-Rituale („bloodletting“) im egalitären<br />

Rahmen der jeweiligen Gruppen statt. Die im Mittleren Formativum vollzogene<br />

Stratifizierung der Gesellschaft spiegelt sich auch im religiös-archäologischen Kontext wider.<br />

Die Personen höheren Status verwendeten für das Blutopferritual Stachelrochenspitzen, die<br />

von der Küste importiert wurden, während man im häuslich-privaten Kontext des Bewohners<br />

subalternen Status´ Stachelrochenimitate aus Tierknochensplittern fand (Flannery 1976e: 344;<br />

Tab. 11.4; Flannery <strong>und</strong> Marcus 1976b: 380). Auf einer weiteren Ebene, der häuslichgemeinschaftlichen,<br />

die eventuell mehrere Haushalte inkorporierte, wurden Zeremonien<br />

abgehalten, in denen Tanz- <strong>und</strong> Musikperformanz eine Rolle spielten. Muscheln der<br />

Trompetenschnecke <strong>und</strong> Schildkrötenpanzer sind Requisiten, die dafür sprechen würden,<br />

zumal sie bis zur spanischen Eroberung in Mesoamerika für diesen Zweck Verwendung<br />

fanden (ibd. 335). 121 Schließlich dienten viele der öffentlichen Gebäude für spezifische<br />

Rituale, die vermutlich auf einer regionalen Ebene veranstaltet wurden, die die Bewohner der<br />

umliegenden Dörfer in das religiöse Zentrum (San José Mogote) anzogen. Diese letzte Ebene<br />

120 Bei Netting (1972: 220ff.) sind es sowohl säkulare als auch sakrale Autoritäten in einigen akephal<br />

organisierten afrikanischen Gesellschaften. Das hier vorgestellte Beispiel bezieht sich auf die Kofyar des Jos-<br />

Plateaus in Nigeria.<br />

121 Der Dominikanermönch Thomas Gage berichtet auf seinen Reisen durch Mexiko <strong>und</strong> Guatemala zwischen<br />

den Jahren 1625 <strong>und</strong> 1637 von Zeremonien der Maya (keine Ortsangabe bei Gage), die nachts stattfanden <strong>und</strong><br />

von Trommelschlägen <strong>und</strong> dem Schall von Trompeten begleitet wurden (Freidel et al. 1993: 288f.).<br />

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