Die Revolution auf dem Lande â das Beispiel ... - Bezirk Oberfranken
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Daß die linken Blätter auch im Raum Lichtenfels gelesen wurden,<br />
belegt eine Szene, die sich im Frühjahr 1849 im Fischerschen Wirtshaus<br />
zu Schwürbitz zutrug. Ein Mann las <strong>auf</strong> die Bitte anderer Gäste<br />
aus der NEUEN DEUTSCHEN DORFZEITUNG (Coburg) und <strong>dem</strong> FREIEN<br />
STAATSBÜRGER (Nürnberg) vor, was der Wirt gegen Vorwürfe des<br />
gleichfalls anwesenden pensionierten Landrichters Michael von Gradl<br />
verteidigte 199 .<br />
Spektakulärer waren die Volksversammlungen 200 , die <strong>auf</strong> Initiative<br />
der <strong>dem</strong>okratischen Vereine im Jahr 1849 stattfanden und die vor allem<br />
zwei Absichten verfolgten: <strong>Die</strong> Republikaner wollten ihre Ideen<br />
verbreiten und durch die große Menge der Interessenten ihre Stärke<br />
beweisen, um die Anerkennung der „Grundrechte des deutschen<br />
Volkes“, wie sie die Nationalversammlung zu Frankfurt am 27. Dezember<br />
1848 beschlossen hatte, und der durch die Paulskirche am<br />
28. März 1849 verabschiedeten Reichsverfassung 201 durchzusetzen.<br />
Schon seit <strong>dem</strong> Zusammentreten der Nationalversammlung im Mai<br />
1848 war klar, daß durch die Frage, ob die Beschlüsse der Nationalversammlung<br />
der Zustimmung der einzelnen deutschen Staaten bedürften,<br />
Konflikte vorprogrammiert waren. So hatte der Abgeordnete<br />
Johann Friedrich Schneider seinen Wählern im Wahlkreis Lichtenfels-<br />
Kulmbach am 30. Mai 1848 mitgeteilt: „Am weitesten gehen die Ansichten<br />
darüber auseinander, ob <strong>das</strong> Verfassungswerk nur mit Zustimmung<br />
der einzelnen Regierungen begründet oder ob, wenn eine<br />
Vereinigung der 38 einzelnen Staaten nicht erzielt werden könnte, die<br />
National-Versammlung sich als eine constituirende erklären und eine<br />
Verfassung octroiren soll. Ich meines Theils wünsche sehr, daß eine<br />
Zustimmung der Monarchen erlangt werden möge, außer<strong>dem</strong> würde<br />
die Versammlung doch ihr Werk vollenden und eine Verfassung pro-<br />
erlangten Preßfreiheit keinen ehrenwerthen Gebrauch machen. Dahin muß<br />
ich für den diesseitigen Kreiß vorzugsweiße den fränk. Merkur rechnen, deren<br />
Redaktion ganz offen revolutionaire Tendenzen verfolgt und sich nicht<br />
einmal scheut, durch maßlos <strong>auf</strong>reitzende Artikel <strong>auf</strong> die untersten Schichten<br />
des Volks einzuwirken.“ StAB, K 3 Präs.reg., Nr. 813/I, fol. 213v. Der Bamberger<br />
Stadtkommissar Ihl äußerte im Juli 1848, als zwei Redakteure verhaftet<br />
worden waren, die Hoffnung, es würde „vor der Hand die durch die Lokalpresse<br />
fliesende Giftquelle voraussichtlich siecher werden“. Ebd., Nr.<br />
813/III, fol. 206v. Im Februar 1849 sprach er von der „überall als subversiv<br />
hervorleuchtenden Tendenz“ des Bamberger Volksblatts. Ebd., Nr. 813/V, fol.<br />
43v.<br />
199 Vgl. Neue Deutsche Dorfzeitung vom 6.3.1849; übernommen in: Der freie<br />
Staatsbürger 1849, S. 260. – Gradl lebte als Ruheständler in Schwürbitz.<br />
200 Über Abl<strong>auf</strong> und Bedeutung von Volksversammlungen allgemein Kaschuba/<br />
Lipp: 1848 – Provinz und <strong>Revolution</strong>, S. 174 –189.<br />
201 Vgl. den Überblick von Kühne: Eine Verfassung für Deutschland.<br />
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