Die Revolution auf dem Lande â das Beispiel ... - Bezirk Oberfranken
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<strong>Die</strong> Reaktionen der Juden<br />
Daß Christen eingriffen, um Juden zu schützen, war eine Ausnahme.<br />
<strong>Die</strong> christlichen Einwohner kamen ihren jüdischen Nachbarn kaum<br />
zu Hilfe und auch diese selbst leisteten keinen Widerstand. Gleiches<br />
war in Burgkunstadt beobachtet worden. Dort hatte eine Gruppe von<br />
12 bis 15 jungen Männern, wohl Bürgerssöhnen, des Nachts fast 80<br />
jüdische Haushalte terrorisiert. „Kein Bürger erschien <strong>auf</strong> der Strasse,<br />
um den Bedrängten beizustehen; die Israeliten selbst verkrochen sich<br />
in ihre Häusern“ 31 , ermittelte der Landrichter. Zu Plünderungen von<br />
Juden kam es auch in Fassoldshof (Landgericht Kulmbach). Kein<br />
Wunder, daß mehrere hundert Juden am 13. März mit <strong>dem</strong> Zug ins<br />
sichere Bamberg flohen.<br />
Wie den Redwitzer Juden nach den Erlebnissen zumute war, illustriert<br />
der Brief, den der Redwitzer Distriktsrabbiner Moses Gutmann<br />
(1805–1862) am 21. März 1848 an die Regierung von <strong>Oberfranken</strong><br />
schrieb. Er bat darin, seinen Wohnsitz nach Lichtenfels verlegen zu<br />
dürfen, und erinnerte in diesem Zusammenhang daran, „welche arge<br />
Ruhestörungen in hiesigem Orte stattfanden, wie namentlich die Israeliten<br />
von Seiten des rohen Pöbels mißhandelt, ihr Eigenthum zum<br />
Theil geplündert worden, ja selbst ihr Leben von großer Gefahr<br />
bedroht gewesen sei, wenn sie den verübten Gewaltthätigkeiten Widerstand<br />
geleistet hätten. In Folge dessen, und da bei der herrschenden<br />
Erbitterung eines Theiles der christlichen Bevölkerung über die<br />
militärische Besetzung des Ortes noch immerfort die heftigsten Drohungen<br />
gegen die jüdischen Einwohner laut werden, sind viele, und<br />
gerade die angesehensten jüdischen Familien entschlossen, den hiesigen<br />
Ort zu verlaßen, wo sie ihr Eigenthum und ihr Leben nicht<br />
mehr für sicher halten. Einige haben diesen Entschluß bereits ausgeführt.“<br />
<strong>Die</strong> israelitische Kultusgemeinde drohe „wenn nicht ganz,<br />
doch großentheils einzugehen“ 32 . Tatsächlich konstatierten Ende<br />
1849 Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde Redwitz: „Durch die<br />
betrübenden Vorfälle im hiesigem Orte im März des vorigen Jahres<br />
sind [...] mehrere, und zwar von den reichsten Familien im Begriffe,<br />
sich anderswo ansäßig zu machen“ 33 .<br />
<strong>Die</strong> Juden waren verbittert. <strong>Die</strong>s spürt man, wenn man den 1850<br />
gestellten Antrag des aus Redwitz kommenden Marx Gütermann 34<br />
<strong>auf</strong> <strong>das</strong> Bamberger Bürgerrecht liest: „Bis zum Jahre 1848 betrieb meine<br />
Handlung zu Redwitz schwunghaft und verlegte mich vorzüglich<br />
31 StAB, K 3 Präs.reg., Nr. 827, fol. 39r.<br />
32 StAB, K 3 C III, Nr. 190, fol. 268r–v.<br />
33 StAB, K 3 C III, Nr. 191, Schreiben vom 9.12.1849.<br />
34 Geboren 1813, zunächst Tuch-, in Bamberg Hopfenhändler.<br />
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