PDF-Datei - Öko-Institut eV
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3.3.2 Das Konzept der Starken und Schwachen Nachhaltigkeit<br />
Nach dem Konzept der Starken und Schwachen Nachhaltigkeit werden Ressourcen – materiell<br />
wie immateriell – in Naturkapital (z.B. Boden, Wasser, Luft, Biodiversität, Rohstoffe) und<br />
künstliches Kapital (z.B. Geld, Technologien, Humankapital, Wissen) unterschieden (OTT &<br />
DÖRING, 2004). Um die nachhaltige Entwicklung auch für zukünftige Generationen zu gewährleisten,<br />
muss dieses Kapital dauerhaft erhalten werden. Die Schwache Nachhaltigkeit<br />
geht dabei von einer vollständigen Substituierbarkeit des Naturkapitals durch künstliches<br />
Kapital aus, d.h. das Gesamtkapital muss als Summe erhalten bleiben (SOLOW, 1974). Hingegen<br />
geht die Starke Nachhaltigkeit von einer komplementären Beziehung zwischen Naturkapital<br />
und künstlichem Kapital aus, d.h. die einzelnen Kapitalarten müssen als solche erhalten<br />
werden. Plakativ bedeutet das: Eine Substituierbarkeit von Naturkapital durch künstliches<br />
Kapital wird abgelehnt, da sie entweder nicht möglich oder nicht wünschenswert ist. Naturkapital<br />
wird als limitierender Faktor der Produktion anerkannt (DALY, 1999).<br />
3.3.3 Die „modifizierte“ Starke Nachhaltigkeit des Strategischen Nachhaltigkeitsmanagement<br />
von ForstBW<br />
Mit Blick auf das <strong>Öko</strong>system Wald sprechen einige Gegebenheiten dafür, auch die Waldwirtschaft<br />
prinzipiell am Konzept der Starken Nachhaltigkeit auszurichten: Die Anwendung der<br />
Schwachen Nachhaltigkeit, d.h. die uneingeschränkte Substitution von Naturkapital durch<br />
künstliches Kapital, birgt die Gefahr des irreversiblen Verbrauchs von Naturkapital. Die Bewirtschaftung<br />
des <strong>Öko</strong>systems Wald sollte jedoch ausdrücklich gemäß dem Vorsichts- und<br />
Vorsorgeprinzip erfolgen (vgl. OTT & DÖRING, 2004), d.h. innerhalb der Grenzen seiner Funktionsfähigkeit<br />
und unter Vermeidung möglicher Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit<br />
von Menschen, Tieren oder Pflanzen. Auch und gerade im Wald mit seinen langen Produktionszeiträumen<br />
bietet dies den notwendigen größeren Entscheidungsspielraum für künftige<br />
Generationen. Darüber hinaus ist es angesichts der allgemein angestrebten Multifunktionalität<br />
der Wälder nicht vorstellbar, dass künstliches Kapital die vielfältigen Nutz-, Schutz- und<br />
Erholungsfunktionen, die die Wälder heute leisten, gleichermaßen erfüllen kann.<br />
Gleichwohl kann auch im Wald unter bestimmten Voraussetzungen eine teilweise Substitution<br />
von Naturkapital abgewogen werden, weswegen dem Strategischen Nachhaltigkeitsmanagement<br />
von ForstBW das Konzept einer „modifizierten“ Starken Nachhaltigkeit zugrunde<br />
gelegt wurde: Die zahlreichen Funktionen, die der Wald erfüllt, werden hierbei unterteilt in<br />
indirekte Funktionen und direkte Funktionen (V. EGAN-KRIEGER & OTT, 2007). Zu den indirekten<br />
Funktionen zählen die Grundlagenfunktionen, wie die <strong>Öko</strong>systemerhaltung, Stoff- und<br />
Energiekreisläufe sowie die Lebensraumfunktionen, z.B. Arten- und Biotopvielfalt, Reproduktions-<br />
und Evolutionsvorgänge. Diese indirekten Funktionen liefern die notwendigen Grundvoraussetzungen<br />
für alle direkten Funktionen wie die Nutz-, (Natur)Schutz- und Erholungsfunktionen<br />
des Waldes (ebd.). Aufbauend auf diesen Überlegungen kommt den Grundlagenund<br />
Lebensraumfunktionen im Strategischen Nachhaltigkeitsmanagement eine vorrangige<br />
Bedeutung zu: Ist der Erhalt dieser indirekten Funktionen gegeben, gilt es, durch die Waldbewirtschaftung<br />
die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen – und somit die drei Dimensionen<br />
<strong>Öko</strong>logie, <strong>Öko</strong>nomie und Soziales – gleichrangig zu erfüllen (Abbildung 16).<br />
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