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Ausgabe 08/2004 - qs- nrw

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Editorial<br />

Osteuropa genauso benötigt wie bei uns. Wir (!) müssen dahin kommen,<br />

dass unsere jungen Kollegen in Deutschland bleiben.<br />

Das GMG steht unter dem Motto: Qualität und Wirtschaftlichkeit.<br />

Das Gesetz soll aber auch zu grundlegenden Strukturveränderungen<br />

führen. Steht dabei unsere Freiberuflichkeit zur Disposition?<br />

Die Freiberuflichkeit von Berufen im Gesundheitswesen ist ein wesentliches<br />

Merkmal unseres Gesundheitswesens. Freiberuflichkeit ist<br />

Voraussetzung für das eigenständige und eigenverantwortliche Handeln<br />

im Gesundheitswesen, für die freie Wahl des Leistungserbringers<br />

und für Wettbewerb.<br />

Liebe Kolleginnen,<br />

liebe Kollegen,<br />

zuerst möchte ich mich bei Ihnen allen recht herzlich für das entgegengebrachte<br />

Vertrauen zur Wiederwahl als Vizepräsidentin der<br />

Landesärztekammer Brandenburg bedanken. Danken möchte ich besonders<br />

auch denen, die auf der Hartmannbundliste für die Kammerwahl<br />

dieser Legislaturperiode kandidierten.<br />

Ich begrüße Sie in einem neuen Europa. 10 Staaten sind am 1. Mai<br />

der Europäischen Union beigetreten. Es gibt Neuerungen, Risiken,<br />

aber auch Chancen. Es ist gut, wenn Grenzen fallen zwischen Ländern<br />

und Gesellschaften. Aber deswegen darf bewährte Qualität<br />

nicht fallen. Freie Berufe haben ihre feste und unverzichtbare Funktion<br />

in unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ich<br />

möchte schon jetzt an die nationale Politik appellieren: Bitte seien Sie<br />

wachsam, wenn es demnächst um die Verabschiedung einer Europäischen<br />

Verfassung geht. Sie treffen Entscheidungen mit unumkehrbaren<br />

Konsequenzen. Das ist kein Grund für Verzagtheit, aber<br />

für Sorgfalt. So wünschenswert Deregulierung und vereinfachte Verfahren<br />

etwa durch Mehrheitsentscheid sind, die kulturellen Unterschiede<br />

müssen weiterhin anerkannt werden. Wir wollen keine<br />

grundsätzliche Entwicklung aufhalten, aber mitgestalten möchten wir<br />

schon. Ich denke, wir Freiberufler haben allen Grund dazu, Europa<br />

als Herausforderung und als Chance anzunehmen. Grund zur Freude<br />

bietet die Europäische Gemeinschaft, weil sie es ganz wesentlich<br />

mitbewirkt hat, dass wir in Europa seit bald 60 Jahren in Frieden<br />

leben und dass wir im vereinten Deutschland gemeinsam mit unseren<br />

Nachbarn in eine weitere friedliche Zukunft und Freiheit blicken.<br />

Da auch die neuen EU-Länder in der Gesundheitsversorgung Probleme<br />

haben, können wir beratend tätig werden, um bei der künftigen<br />

Ausgestaltung dieser Gesundheitssysteme zu helfen. Die zwei für<br />

mich wesentlichsten Strukturelemente sind dabei die Selbstverwaltung<br />

und die Freiberuflichkeit von Ärzten. Der Bedarf an hochspezialisierten<br />

Gesundheitsleistungen in diesen Ländern ist groß, die Bedarfsdeckung<br />

unzureichend. Auch in diesen Ländern gibt es, in<br />

Zukunft sicher mehr als noch heute, die Möglichkeit, diese Leistungen<br />

in anderen Ländern einzukaufen. Die geographische Lage von<br />

Deutschland ist ideal, um diesen Bedarf zu decken.<br />

Als großes Risiko sehe ich die wachsende Neigung, unsere Personalengpässe<br />

mit Ärzten aus diesen Ländern zu lösen. Dies wäre der<br />

falsche Weg. Qualifizierte Kräfte im Gesundheitswesen werden in<br />

Jeder Bürger hat Zugang zu jedem freiberuflich Tätigen im Gesundheitswesen,<br />

wo in Deutschland auch immer. Freiberuflichkeit ist aber<br />

auch Voraussetzung für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung,<br />

besonders auch im fachärztlichen Bereich. Wer die Freiberuflichkeit<br />

infrage stellt, rüttelt nicht nur an Grundwerten unseres<br />

Gesundheitssystems, er stellt auch die Struktur unseres Gesundheitssystems<br />

zur Disposition.<br />

Unter diesem Gesichtspunkt das GMG betrachtet, zeigt sich die Tendenz:<br />

Weniger Freiberuflichkeit, mehr Arbeit in abhängiger Stellung.<br />

Es wird eine Versorgungsstruktur mit vorwiegend angestellten Mitarbeitern<br />

neu geschaffen und gefördert. Institution statt Person ist die<br />

Devise. In den medizinischen Versorgungszentren arbeiten überwiegend<br />

angestellte Mitarbeiter. Krankenhäuser werden für die ambulante<br />

Versorgung geöffnet, die Versorgung erfolgt ebenfalls durch<br />

angestellte Mitarbeiter.<br />

Zu den unbestrittenen Vorteilen unseres Gesundheitssystems gehören<br />

kurze Wartezeiten für Patienten, entscheidend bedingt durch die<br />

Freiberuflichkeit. Flexibilität in der Leistungserbringung ist nach aller<br />

Erfahrung am besten durch eigenständige und erwerbsorientierte<br />

Leistungserbringung sichergestellt. Diese Versorgungsstrukturen sind<br />

in Gefahr, wenn erkennbare Tendenzen zum Prinzip werden.<br />

Es kommt hinzu, dass die im GMG angelegte Tendenz mit unkalkulierbaren<br />

Konsequenzen die Planungssicherheit besonders im ambulanten<br />

ärztlichen Bereich gefährdet, aber auch im Krankenhaus. Wer<br />

wagt schon, in eine unsichere Zukunft zu investieren?<br />

Und schließlich ist mit dieser Institutionalisierung von Versorgungsstrukturen<br />

durch die Leistungskonzentration am Krankenhaus und in<br />

medizinischen Versorgungszentren auch eine Ausdünnung in der<br />

Fläche verbunden, eine Ausdünnung, die in Verbindung mit der vorhersehbaren<br />

Schließung einer großen Zahl von Krankenhäusern als<br />

Folge des DRG-Systems bedrohliche Ausmaße annehmen kann.<br />

Wer die Vorteile unseres Gesundheitssystems schätzt, muss die Stärken<br />

dieses Systems fördern und nicht schwächen. Zu den Stärken unseres<br />

Systems gehört unsere Freiberuflichkeit, deren Förderung im<br />

GMG nicht erkennbar ist.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />

Deshalb kommen Sie am 25. August <strong>2004</strong>, 19 Uhr, ins Potsdamer<br />

Dorint-Hotel und diskutieren Sie mit Politikern und uns über: weniger<br />

Ärzte, weniger Geld, weniger Zeit für Patienten – aber Bürokratie<br />

ohne Ende.<br />

Ihre Elke Köhler<br />

234 Brandenburgisches Ärzteblatt 8/<strong>2004</strong> • 14. Jahrgang

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