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Erziehungsverständnisse in evangelikalen ... - Bieler Tagblatt

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Der Umstand, dass es <strong>in</strong> diesem Bericht um evangelikale Erziehungsratgeber geht, bedeutet nicht, dass es<br />

nur <strong>in</strong> evangelikalem Kontext problematische Erziehungsansätze gibt. Auch <strong>in</strong> anderen (religiösen) Gruppen<br />

gibt es kritische <strong>Erziehungsverständnisse</strong> und -praktiken. So kommen <strong>in</strong>nerhalb verschiedener katholischer<br />

Strömungen (s. dazu z.B. Bucher 1997) oder christlicher (Sonder-)Gruppen wie z.B. den Zeugen Jehovas<br />

(Pohl & Utsch 2012) problematische Erziehungsansätze und -praktiken zur Anwendung.<br />

3 Evangelikaler Glaube<br />

Evangelikalismus bezeichnet e<strong>in</strong>e theologische Richtung <strong>in</strong>nerhalb des Protestantismus, die auf den deutschen<br />

Pietismus, den englischen Methodismus und die Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts zurückgeht.<br />

Evangelikaler Glaube f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong>nerhalb der reformierten Kirche, es s<strong>in</strong>d aber hauptsächlich Freikirchen<br />

und evangelikale Werke, <strong>in</strong> denen diese Art von Glauben gelebt wird. Anders als Landeskirchen s<strong>in</strong>d<br />

Freikirchen organisatorisch unabhängig vom Staat. Ihre Mitglieder haben sich ihnen durch eigene Entscheidung<br />

angeschlossen (Schmid & Schmid 2003).<br />

3.1 Charakteristika <strong>evangelikalen</strong> Glaubens<br />

Für viele Gruppen der <strong>evangelikalen</strong> Bewegung ist die Verpflichtung von Lausanne, e<strong>in</strong>e freiwillige Verpflichtungserklärung<br />

aus dem Jahre 1974 zur aktiven Förderung und Stärkung der Evangelisationsbemühungen,<br />

als Glaubensbasis verb<strong>in</strong>dlich. Obwohl es sich beim Evangelikalismus nicht um e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Strömung<br />

handelt, verb<strong>in</strong>den doch folgende Charakteristika evangelikal gläubige ChristInnen (Hempelmann 2005,<br />

2012):<br />

Die Bibel ist höchste Autorität <strong>in</strong> Glaubens- und Lebensfragen: Die Bibel gilt als das <strong>in</strong>spirierte Wort Gottes.<br />

Dabei gibt es ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igkeit über das Verständnis der Inspiration. Während die e<strong>in</strong>en annehmen, das<br />

Wort Gottes sei unfehlbar und irrtumslos, s<strong>in</strong>d andere e<strong>in</strong>er historisch-kritischen Exegese gegenüber offen.<br />

Grundsätzlich kann aber nach evangelikalem Verständnis jeder Gläubige durch das Bibelstudium Gott unmittelbar<br />

erfahren.<br />

Der Mensch gilt als sündig und deshalb von Gott abgeschnitten: Nur durch die Annahme des Opfers von<br />

Jesus Christus kann er erlöst werden und so das ewige Leben <strong>in</strong> Jesus Christus erlangen. Ansonsten ist er<br />

„verloren“. Dieser H<strong>in</strong>wendung zu Gott liegt e<strong>in</strong>e persönliche Entscheidung zu Grunde, die Bekehrung.<br />

Die persönliche Beziehung zu Gott wird betont: Aus dieser wird der Wunsch gespeist, das eigene Leben<br />

ganz dem Willen Gottes zu unterstellen, d.h. e<strong>in</strong> gottgefälliges Leben zu führen und D<strong>in</strong>ge zu unterlassen,<br />

die <strong>in</strong> der Bibel als Sünde bezeichnet werden. So hat beispielsweise Sexualität nur <strong>in</strong>nerhalb der Ehe Platz,<br />

Homosexualität gilt als Sünde. Auch hier gibt es Unterschiede dar<strong>in</strong>, wie eng solche <strong>evangelikalen</strong> Setzungen<br />

verstanden werden.<br />

Missionierung ist e<strong>in</strong> zentrales Anliegen: Die erfahrene Gnade der Errettung sowie die persönliche Gottesbeziehung<br />

verpflichten dazu, die Frohe Botschaft weiterzugeben, d.h. zu missionieren.<br />

Pf<strong>in</strong>gstlich-charismatischer Glaube teilt die oben beschriebenen Grundsätze, betont aber zusätzlich, dass<br />

der Heilige Geist auch heute noch wirkt. Das Wirken des Heiligen Geistes zeigt sich <strong>in</strong> so genannten Charismen<br />

(Gnadengaben) wie Heilung, Zungenrede (ekstatisches unverständliches Sprechen) oder Prophetie.<br />

Der Heilige Geist wird aber auch im Lobpreis oder im Gebet übermächtig erfahren und als Bestätigung der<br />

Gegenwart Gottes verstanden. Wunder und Wunderbares und das damit verbundene starke emotionale<br />

Erleben der E<strong>in</strong>zelnen und der Geme<strong>in</strong>schaft, nehmen e<strong>in</strong>e zentrale Stellung <strong>in</strong> der charismatischen Bewegung<br />

e<strong>in</strong>. Man spricht deshalb auch von „enthusiastischem Christentum“. Mit diesem unmittelbaren Erleben<br />

der Liebe Gottes, der Nähe Jesu oder der Kraft des Heiligen Geistes geht aber auch die ausgeprägte Erfahrung<br />

der „Macht der anderen Seite”, des Dämonischen e<strong>in</strong>her. So ist besonders <strong>in</strong> pf<strong>in</strong>gstlich-charismatischen<br />

Geme<strong>in</strong>schaften die Vorstellung lebendig, Dämonen stünden beispielsweise h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er (psychischen)<br />

Erkrankung, e<strong>in</strong>em Suchtverhalten oder anderen problematischen Verhaltens- und Erlebensweisen.<br />

Mit dem sogenannten Befreiungsdienst wird solchen Dämonen begegnet (Schmid & Schmid 2003; Hempelmann<br />

2005, 2012).<br />

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