23.02.2014 Aufrufe

Erziehungsverständnisse in evangelikalen ... - Bieler Tagblatt

Erziehungsverständnisse in evangelikalen ... - Bieler Tagblatt

Erziehungsverständnisse in evangelikalen ... - Bieler Tagblatt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Notwendige Diskussion über Formen von Gewalt <strong>in</strong> der Erziehung<br />

Seit e<strong>in</strong>iger Zeit setzt sich die evangelikale Community <strong>in</strong> der Schweiz verstärkt mit dem Thema körperlicher<br />

Gewalt <strong>in</strong> der Erziehung ause<strong>in</strong>ander. An der Tagung des Forum für Ehe und Familie (FEF) 2012 sprachen<br />

sich Vertreter des FEF und der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) klar gegen körperliche<br />

Züchtigung <strong>in</strong> der Erziehung aus. Gleichzeitig wurde betont, dass moderne pädagogische Konzepte mit<br />

evangelikalem Glauben absolut vere<strong>in</strong>bar seien und auch für christliche Familien wertvolle Hilfestellungen<br />

enthielten. Im Rahmen dieser FEF-Tagung wurde auch das Programm Glauben zu Hause leben und das<br />

Nachfolgeprogramm Denk Orange vorgestellt. Es hat zum Ziel, K<strong>in</strong>der durch die Zusammenarbeit von Elternhaus<br />

und Geme<strong>in</strong>de verstärkt für den Glauben zu gew<strong>in</strong>nen. Obwohl e<strong>in</strong> Hauptthema der Tagung körperliche<br />

Gewalt <strong>in</strong> der Erziehung war, wurde der Bogen zu Formen psychischer Gewalt nicht geschlagen.<br />

So wurde nicht thematisiert, ob bzw. ab wann die Zusammenarbeit von Geme<strong>in</strong>de und Familie zwecks<br />

Glaubensvermittlung dem Erziehungsziel der Autonomie entgegenlaufen und dadurch e<strong>in</strong>en manipulativen<br />

oder kontrollierenden Charakter bekommen könnte.<br />

K<strong>in</strong>der können den Konflikt zwischen sich widersprechenden Erziehungszielen nicht erkennen oder auflösen,<br />

sie können darauf nur mit Gewissenskonflikten und Schuldgefühlen reagieren. Es ist deshalb Aufgabe<br />

der Erwachsenen, sich zu fragen, ob Glaubenshaltungen mit anderen Erziehungszielen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konflikt<br />

stehen. Das, was <strong>in</strong> <strong>evangelikalen</strong> Geme<strong>in</strong>schaften geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> als grosses Problem gesehen wird, nämlich<br />

dass 70 Prozent der K<strong>in</strong>der den Glauben ihrer Eltern nicht übernehmen (Mauerhofer 2011a), ist möglicherweise<br />

auch Ausdruck davon, dass sich evangelikal gläubige Eltern dieses Zielkonfliktes durchaus bewusst<br />

s<strong>in</strong>d: Sie gewichten das Ziel von Autonomie höher, weil sie sich wünschen, dass K<strong>in</strong>der die Entscheidung für<br />

oder gegen den Glauben aus dieser (wirklichen) Autonomie heraus fällen.<br />

So sehr <strong>in</strong> <strong>evangelikalen</strong> Geme<strong>in</strong>schaften e<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong> für die Gefahren körperlicher Gewalt gegen K<strong>in</strong>der<br />

wächst, so ger<strong>in</strong>g sche<strong>in</strong>t das Bewusstse<strong>in</strong> um Ersche<strong>in</strong>ungsformen psychischer Gewalt. Hier verorten<br />

die Fachstelle <strong>in</strong>foSekta und die Stiftung K<strong>in</strong>derschutz Schweiz Diskussionsbedarf. Es wäre wünschenswert,<br />

wenn dazu <strong>in</strong>nerhalb der <strong>evangelikalen</strong> Geme<strong>in</strong>schaften e<strong>in</strong>e ähnlich engagierte Debatte geführt würde, wie<br />

sie aktuell zum Thema körperliche Gewalt <strong>in</strong> der Erziehung stattf<strong>in</strong>det.<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!