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Erziehungsverständnisse in evangelikalen ... - Bieler Tagblatt

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Etter (2010), der von e<strong>in</strong>em alterslosen „neidischen” K<strong>in</strong>d im Sandkasten spricht: „Der Neid br<strong>in</strong>gt das K<strong>in</strong>d<br />

im Sandhaufen dazu, se<strong>in</strong>en Bagger fallen zu lassen, um den grösseren und schöneren e<strong>in</strong>es anderen K<strong>in</strong>des<br />

an sich zu reissen. Der Neid ist die wohl wirksamste negative Triebfeder des Menschen und es wäre<br />

fatal, die K<strong>in</strong>der nicht dar<strong>in</strong> zu unterstützen, dieses Unkraut <strong>in</strong> der Seele zurückzustutzen bzw. auszureissen„<br />

(Etter 2010, S. 121). Solche Aussagen kontrastieren die differenzierteren Analysen an anderer Stelle des<br />

Ratgebers.<br />

8.4.2 Erziehungsleitbild<br />

Erziehungsmetaphern<br />

Das autoritativ-dogmatische Verständnis lässt sich am besten <strong>in</strong> die Metapher von „Erziehung als kontrolliertes<br />

Wachsenlassen” übersetzen. Immer wieder kommt auch das Bild von „Erziehung als Beziehung“<br />

vor. Die eigene Dynamik der k<strong>in</strong>dlichen Entwicklung wird zwar respektiert und begleitend unterstützt,<br />

<strong>in</strong> gewissen Bereichen muss das Verhalten des K<strong>in</strong>des aber streng kontrolliert werden. Hier setzen letzte<br />

Pr<strong>in</strong>zipien der Autonomieentwicklung starre Grenzen. Als kritische Punkte gelten beispielsweise die Sexualität,<br />

schädliche E<strong>in</strong>flüsse, die von Peers oder „okkulten Praktiken” ausgehen oder Auflehnung gegen Autoritäten.<br />

Verständnis christlicher Erziehung<br />

Beim autoritativ-dogmatischen Verständnis tritt e<strong>in</strong>e starke Spannung auf zwischen dem Erziehungsziel der<br />

Autonomie und dem Ziel, das K<strong>in</strong>d zum Glauben zu erziehen. So soll das K<strong>in</strong>d zwar <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Individualität<br />

und Autonomieentwicklung unterstützt werden. Im Widerspruch dazu steht das wichtigste Erziehungsziel<br />

ganz klar fest: Das K<strong>in</strong>d soll zum Glauben f<strong>in</strong>den. Dieses Ziel kann zwar nicht aufgezwungen werden, aber<br />

die Leitplanken so gesetzt, dass das K<strong>in</strong>d stärker auf das Ziel zusteuert (Holmen & Teixeira 2009). Das Verständnis<br />

christlicher Erziehung entspricht so e<strong>in</strong>em Mischtyp der von Tan (2003) beschriebenen „Unterrichtung<br />

<strong>in</strong> das Bekenntnis” und der „Unterrichtung aus dem Bekenntnis”. Die Eltern vermitteln den K<strong>in</strong>dern die<br />

Inhalte und Grundhaltungen ihres Glaubens mit Nachdruck und oft auch mit (psychischem) Druck.<br />

Sünde und Errettung stellen <strong>in</strong> diesem Kontext die weiter oder enger ausgerichteten Leitplanken für die Autonomieentwicklung<br />

dar. Anders als bei den dogmatischen <strong>Erziehungsverständnisse</strong>n kommt dem christlichen<br />

Pr<strong>in</strong>zip der Liebe wirklich die Bedeutung e<strong>in</strong>es tragenden Fundamentes zu.<br />

Erziehungsziele und Erziehungsmethoden<br />

Der Konflikt, dass das Entwicklungsziel der Autonomie der Notwendigkeit, dass das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Glauben<br />

f<strong>in</strong>det, entgegensteht, zeigt sich auch dar<strong>in</strong>, wie Erziehungsmethoden zum E<strong>in</strong>satz kommen. Es f<strong>in</strong>den sich<br />

sowohl stützende als auch lenkende Massnahmen. Es gibt aber, v.a. bei stärkerem Ausmass der dogmatischen<br />

Anteile, e<strong>in</strong>e Tendenz zur Lenkung. Beim autoritativ-dogmatischen Erziehungsverständnis werden<br />

Regeln zum Teil geme<strong>in</strong>sam ausgehandelt und gelten sowohl für das K<strong>in</strong>d als auch für die Eltern (vgl.<br />

Mühlan 2012, Silk 2010), immer wieder sche<strong>in</strong>t aber auch e<strong>in</strong>e autoritäre Haltung auf, wie im folgenden Beispiel,<br />

<strong>in</strong> welchem es um Teenager geht: „Vor allem denken Sie daran, wer der Herr im Haus ist! Das s<strong>in</strong>d<br />

überraschenderweise nicht die Kids! Sprechen Sie mir nach: 'Ich b<strong>in</strong> immer noch de<strong>in</strong> Vater/de<strong>in</strong>e Mutter!'<br />

Wenn sie nicht gehorchen und den Regeln nicht folgen, wird das Konsequenzen haben„ (Holmen & Teixeira<br />

2009, S. 128).<br />

Die Erziehungsmethoden tragen der Individualität und dem Entwicklungsstand des K<strong>in</strong>des meistens Rechnung.<br />

So vermitteln Mühlans (2012) immer wieder anhand ganz konkreter Beispiele Strategien der Gesprächsführung,<br />

die zum Ziel haben, schon ganz kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der aber auch Jugendliche dar<strong>in</strong> zu unterstützen,<br />

sich mitzuteilen. Aber auch <strong>in</strong> diesem Bereich gibt es E<strong>in</strong>schränkungen, z.B. gibt es bei Holmen und Teixeira<br />

(2009) verschiedene „Inputs”, die weder von den Inhalten noch von der Art der Vermittlung dem Alter der<br />

K<strong>in</strong>der angemessen s<strong>in</strong>d.<br />

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