Erziehungsverständnisse in evangelikalen ... - Bieler Tagblatt
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Zusammenfassung<br />
Die Fachstelle <strong>in</strong>foSekta hat mit Unterstützung der Stiftung K<strong>in</strong>derschutz Schweiz 21 besonders verbreitete,<br />
problematische oder e<strong>in</strong>flussreiche evangelikale Erziehungsratgeber und -kurse <strong>in</strong>haltlich analysiert. Kurz<br />
zusammengefasst die Ergebnisse:<br />
Evangelikale <strong>in</strong> Erziehungsfragen gespalten – es gibt nicht die „evangelikale Erziehung”<br />
Innerhalb der <strong>evangelikalen</strong> Geme<strong>in</strong>schaften ist man <strong>in</strong> Erziehungsfragen gespalten. Die Diskussion um die<br />
„richtige“ christliche Erziehung wird hoch emotional geführt, es geht dabei um ganz grundsätzliche Glaubensfragen.<br />
Unter dem Begriff „christliche Erziehung“ gibt es e<strong>in</strong>e grosse Bandbreite von Erziehungsansätzen,<br />
von absolut autoritären bis h<strong>in</strong> zu modernen partizipativen Ansätzen.<br />
Es werden weiterh<strong>in</strong> sehr problematische evangelikale Erziehungsratgeber verwendet<br />
Weiterh<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den sehr problematische Ratgeber Verwendung. Der heute von verschiedenen Geme<strong>in</strong>schaften<br />
genutzte Ratgeber und Kurs K<strong>in</strong>dererziehung nach Gottes Plan von Ezzo & Ezzo (2006) beispielsweise ist<br />
e<strong>in</strong>e systematische Anleitung zu körperlicher und psychischer Misshandlung von K<strong>in</strong>dern.<br />
Vier idealtypische <strong>Erziehungsverständnisse</strong> von hochdogmatisch bis offen<br />
In vergleichender und <strong>in</strong>terpretativer Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den rezensierten Erziehungsratgebern wurden<br />
vier idealtypische <strong>Erziehungsverständnisse</strong> herausgearbeitet. Die rezensierten Ratgeber wurden jeweils<br />
e<strong>in</strong>em dieser vier <strong>Erziehungsverständnisse</strong> zugeordnet. Besonders problematische Ratgeber s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong><br />
stark dogmatisches Denken gekennzeichnet, welches das K<strong>in</strong>d systematisch unter Druck setzt und ihm ke<strong>in</strong>en<br />
Raum für die eigene Entwicklung zugesteht. Je dogmatischer Ratgeber s<strong>in</strong>d, desto grösser ist auch die<br />
Gefahr für körperliche und psychische Formen von Gewalt <strong>in</strong> der Erziehung (s. Schema auf der nächsten<br />
Seite).<br />
Evangelikales Dilemma – auch bei moderaten Ansätzen<br />
Verschiedene der analysierten Ratgeber stützen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und vertreten moderne<br />
pädagogische Konzepte. Es sche<strong>in</strong>en aber immer wieder Elemente auf, die nicht <strong>in</strong> die Gesamtlogik<br />
des vertretenen Erziehungsansatzes passen. So werden K<strong>in</strong>der beispielsweise <strong>in</strong> ihrer Autonomieentwicklung<br />
unterstützt, gleichzeitig wird sexuelle Selbstbestimmung abgelehnt. Das illustriert die Schwierigkeit,<br />
e<strong>in</strong>en auf Autonomie zielenden Erziehungsansatz mit <strong>evangelikalen</strong> Setzungen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen. Das<br />
Hauptdilemma liegt jedoch dar<strong>in</strong>, dass sich das Erziehungsziel Autonomie und die Notwendigkeit, K<strong>in</strong>der<br />
zum Glauben zu erziehen (sonst wären sie ja „verloren“), entgegenstehen.<br />
SEA gegen körperliche Gewalt <strong>in</strong> Erziehung – psychische Gewalt als unerkanntes Problem<br />
VertreterInnen der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA und des mit der SEA assoziierten Forum für<br />
Ehe und Familie FEF bezogen an der FEF-Tagung im September 2012 klar Stellung gegen körperliche Gewalt<br />
<strong>in</strong> der Erziehung. Kaum thematisiert wird <strong>in</strong> <strong>evangelikalen</strong> Kreisen jedoch das Thema psychische Gewalt<br />
im Zusammenhang mit gewissen Anforderungen des Glaubens oder der Glaubensvermittlung. So können<br />
bestimmte evangelikale Vorstellungen K<strong>in</strong>der überfordern oder belasten (z.B. die Vorstellung von Dämonen<br />
oder von „Verlorense<strong>in</strong>”) oder sie <strong>in</strong> Gewissenskonflikte br<strong>in</strong>gen (z.B. durch die rigide Sexualmoral).<br />
Hier sehen die Fachstelle <strong>in</strong>foSekta und die Stiftung K<strong>in</strong>derschutz Schweiz Diskussions- und Handlungsbedarf.<br />
Dies gerade auch vor dem H<strong>in</strong>tergrund der verstärkten Bemühungen vieler Geme<strong>in</strong>schaften, K<strong>in</strong>der<br />
durch e<strong>in</strong> Zusammenwirken von Familie und Geme<strong>in</strong>de für den Glauben zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
Von der Stiftung K<strong>in</strong>derschutz Schweiz empfohlene Ratgeber und Kurse<br />
Die Stiftung K<strong>in</strong>derschutz Schweiz nennt besonders empfehlenswerte Erziehungsratgeber und -kurse (S. 39).<br />
IV