die Bioküche Klasse Pasta (Vorschau)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Branchenblick<br />
Kostenloser Küchencheck<br />
Die Gesellschaft für Ressourcenschutz (GfRS), eine der 21 Öko-<br />
Kontrollstellen in Deutschland, bietet seit 2012 einen kostenlosen<br />
Küchencheck an. Dazu besucht ein Auditor der Kontrollstelle für<br />
einen Nachmittag den Gastronomiebetrieb. Er zeigt, wie Bio-Konzepte<br />
umgesetzt werden und <strong>die</strong> Zertifizierung vorbereitet wird.<br />
Das Angebot scheint anzukommen, denn GfRS hat in <strong>die</strong>sem Jahr<br />
60 neue Betriebe zertifiziert. Die Nachfrage steigt zwar, doch<br />
insgesamt sind es nur rund 270 Unternehmen aus der Gastronomie,<br />
<strong>die</strong> von GfRS kontrolliert werden. Gastronomen können sich<br />
zum kostenlosen Küchencheck anmelden unter: www.gfrs.de<br />
Auf der Internetseite des Bundesverbandes Ökologischer Landbau<br />
gibt es einen Leitfaden zur Bio-Zertifizierung in <strong>die</strong> Gastronomie:<br />
www.oekolandbau.de/grossverbraucher/biozertifizierung/info-kompakt-biozertifzierung/<br />
Dort sind <strong>die</strong> Adressen<br />
aller 21 Kontrollstellen in Deutschland aufgeführt. Gastronomen<br />
sollten sich zunächst mindestens drei Angebote einholen, bevor<br />
sie sich für <strong>die</strong> Zertifizierung durch eine Kontrollstelle entscheiden.<br />
Michael Schaake und Susen Winkler führen gemeinsam das<br />
Bio-Restaurant „Altdeutsche Bierstube“. Es hilft <strong>die</strong> Produkte, <strong>die</strong><br />
Schaake in der eigenen Manufaktur herstellt, auch zu vermarkten.<br />
für sein Konzept lohnt. Vor anderthalb Jahren hat er sich unter<br />
der Marke „Gaumenschmeichler“ als Privatkoch und Caterer<br />
in Berlin selbstständig gemacht. Böhlke veranstaltet Kochkurse,<br />
doch sein Hauptgeschä sind Candle-Light-Dinner. Dafür<br />
kau er ausschließlich bio-zertifizierte Lebensmittel bei sechs<br />
regionalen Erzeugern ein. Manchmal liegen <strong>die</strong> Wareneinsatzkosten<br />
bei über 50 Prozent. Das kann sich Böhlke nur leisten,<br />
weil seine Gäste für das Dinner pro Person 200 Euro zahlen,<br />
Weine inklusive. Das hat sich in Berlin herumgesprochen, auch<br />
ohne Bio-Zertifikat. Durchschnittlich sechs Privat-Dinner bereitet<br />
Böhlke im Monat zu. „Für mich zählt Vitamin B anstelle<br />
des Bio-Siegels“, sagt er. 80 Prozent seiner Auräge bekommt<br />
er durch Stammkunden und Empfehlungen.<br />
Auch beim Einkauf setzt der Koch auf Beziehungen. Beispielsweise<br />
bezieht er bei seinem Landwirt Gemüse und Fleisch für<br />
Kochkurs-Veranstaltungen günstiger, da er im Gegenzug <strong>die</strong><br />
Kursteilnehmer zu einer Exkursion auf den Hof einlädt. Böhlke<br />
glaubt nicht, dass er glaubwürdiger wird, wenn er das Bio-<br />
Siegel verwenden würde. „Ich habe meinen Dr. in Bio auch<br />
ohne Zertifikat. Meine Gäste vertrauen mir, weil ich ihnen zu<br />
jedem Produkt sagen kann, woher es kommt“, sagt er. Bislang<br />
fragte noch keiner nach einem Bio-Zertifikat, um sich von<br />
Qualität und Herkun der Produkte zu überzeugen.<br />
Doch <strong>die</strong> Bio-Zertifizierung ist immer öer Bestandteil öffentlicher<br />
Ausschreibungen, das bemerkt auch Böhlke. Langfristig<br />
glaubt er nicht, ohne Zertifizierung auszukommen, denn er<br />
will sich ein neues Standbein auauen: Schulcatering. „Dann<br />
werde ich mich zertifizieren lassen, weil ich <strong>die</strong> Lebensmittel<br />
auch als Bio-Produkte ausloben will. Doch zum jetzigen Zeitpunkt<br />
glaube ich nicht, dass ich dadurch mehr Anfragen bekomme“,<br />
sagt er.<br />
Es ist also in erster Linie <strong>die</strong> gesetzliche Pflicht, <strong>die</strong> Gastronomen<br />
dazu treibt, sich zertifizieren zu lassen. Das bestätigt auch<br />
Rainer Roehl, Geschäsführer des Beratungsunternehmens<br />
a’verdis. Denn <strong>die</strong> Teilnahme am Kontrollverfahren ist Bedingung<br />
dafür, Bio-Produkte auf der Speisekarte ausloben zu dürfen.<br />
Angst vor Aufwand<br />
Roehl sieht Gastronomieberater in der Pflicht, möglichst einfache<br />
Bio-Konzepte vorzuschlagen. „Das größte Hindernis für<br />
<strong>die</strong> Gastronomie ist, dass Viele eine Zertifizierung für aufwendig<br />
und teuer halten“, sagt er. Das ist seiner Meinung nach ein<br />
Trugschluss. Das Kontrollverfahren, inklusive Bio-Zertifikat,<br />
kostet zwischen 300 und 800 Euro pro Jahr, abhängig von der<br />
Betriebsgröße. Je einfacher das Konzept, desto geringer ist der<br />
Aufwand. Stehen auf der Speisekarte Zutaten, wie Bio-Eier<br />
oder Bio-Nudeln, ist <strong>die</strong> Dokumentation des Warenflusses kein<br />
großer Aufwand. Auch Rezepturen müssen bei der Kontrolle<br />
nicht vorgelegt werden, und <strong>die</strong> vorgeschriebene getrennte Lagerhaltung<br />
ist unkompliziert. Viele glauben, ein zusätzlicher<br />
Raum müsse eingerichtet werden. Doch ein grünes Regal oder<br />
grüne Kisten reichen, um biologische Lebensmittel von konventionellen<br />
getrennt zu lagern. Zusätzlich profitieren Gastronomen<br />
meist von Rabatten, weil sie stets größere Mengen einer<br />
Warengruppe bei einem Erzeuger einkaufen können.<br />
Lebensmittel aus biologischem Anbau lassen sich auch als Bio-<br />
Menüs oder Bio-Menükomponenten ausloben. Dann aber<br />
muss der komplette Warenfluss dokumentiert und bei der Kontrolle<br />
Rezepturen vorgelegt werden. Das bedeutet mehr Aufwand,<br />
der sich beispielsweise für Michael Schaake rentiert. Jeden<br />
Monat schreibt er <strong>die</strong> Speisekarte neu und bietet ein Bio-<br />
Menü an. So kann er passend zur Saison Speisen vermarkten,<br />
deren Zutaten er in seiner Manufaktur herstellt.<br />
Damit wäre der Betrieb von Schaake auch für <strong>die</strong> Zertifizierung<br />
durch den Öko-Anbauverband Bioland qualifiziert. Voraussetzung<br />
ist nämlich, dass in den Küchen mindestens 70 Prozent<br />
der Lebensmittel aus biologischem Anbau kommen und das<br />
Restaurant bereits nach EU-Richtlinien zertifiziert ist. Doch<br />
Schaake will sich bei der Wahl seiner Lieferanten nicht einschränken.<br />
Die Verbände verlangen, möglichst Verbands-zertifizierte Lebensmittel<br />
einzukaufen. Schließlich wirbt das Restaurant mit<br />
Fotos: Boehlke, Schaake<br />
10 1/2013 // <strong>die</strong> <strong>Bioküche</strong>