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Skulpturen: die echte Illusion<br />
Der Hyperrealismus umfasst nicht nur <strong>Gemälde</strong>, sondern<br />
kommt in der Tat am besten in Skulpturen zum Ausdruck.<br />
Vor allem in 3D fängt das Werk den Betrachter im wahrsten<br />
Sinne des Wortes ein und überrascht ihn in seinem eigenen<br />
Lebensraum. Das ist beim Anblick eines Doubles auch nicht<br />
verwunderlich, das so realistisch ist, dass man geradezu darauf<br />
wartet, dass es zu atmen beginnt. Trompe-l'œil in 3D ist<br />
besonders begehrt und in diesem Segment sind die jungen<br />
Künstler mehr wert als die Väter der Bewegung. <strong>Sammler</strong><br />
geben den Kindern ihrer Zeit den Vorzug vor den prägenden<br />
Figuren der zeitgenössischen Kunstgeschichte: So ist der Rekord<br />
von Ron Mueck drei Mal höher als der von Duane Hanson,<br />
und Maurizio Cattelan kann mit 5,5 Mio. Euro sogar ein<br />
noch besseres Ergebnis vorweisen, das das von Hanson um<br />
ein 21-Faches schlägt.<br />
John Louis De Andrea und Duane Hanson konnten die Millionengrenze<br />
bei Auktionen bisher noch nicht erreichen. Noch<br />
seltsamer ist, dass De Andrea selbst die Schwelle von<br />
100.000 Euro nicht übertreten konnte, obwohl er eine weltweit<br />
bekannte historische Persönlichkeit ist. Zwar lässt sich<br />
ein Preisanstieg feststellen, dieser ist jedoch sehr langsam<br />
im Vergleich zu den Höhenflügen der Zeitgenossen. Die teuerste<br />
Skulptur von John de Andrea ist ein sitzender weiblicher<br />
Akt aus dem Jahr 1972, dessen Preis zwischen 2006 und<br />
2011 um 10.000 Euro gestiegen ist („Sitting woman", mit<br />
83.600 Euro der aktuelle Rekord des Künstlers, versteigert<br />
bei Sotheby's am 11. Mai 2011). Dieser Anstieg ist belanglos<br />
im Vergleich zu den zusätzlichen 1,1 Mio. Euro, die „Nona Ora"<br />
Maurizio Cattelan: La Nona Ora, 1999 (Christie’s, New York,<br />
5/2001; Zuschlagspreis 896.059 Euro; © Christie’s Images Limited<br />
2013)<br />
Ron Mueck: Big Baby, 1996 (Christie’s, London, 6/2011; Zuschlagspreis<br />
787.080 Euro; © Christie’s Images Limited 2013)<br />
von Maurizio Cattelan zwischen 2001 und 2004 einfahren<br />
konnte (erstmals versteigert für umgerechnet 896.000 Euro<br />
bei Christie's am 17. Mai 2001, erzielte die „Nona Ora" am 11.<br />
November 2004 bei Phillips de Pury & Company 2.093 Mio.<br />
Euro). Diese große Preiskluft zwischen Pionieren und Zeitgenossen<br />
ist nicht nur ein Modeeffekt, sondern auch auf das<br />
Maß des zusätzlichen Realismus zurückzuführen, das in 20<br />
Jahren erreicht wurde, sowie auf die Verstärkung der psychologischen<br />
Einbindung des Betrachters. Vor diesem Hintergrund<br />
sind Maurizio Cattelan und Ron Mueck die neuen<br />
Größen des zeitgenössischen Hyperrealismus.<br />
Cattelan legte seine Arbeit nach seiner großen Retrospektive<br />
im New Yorker Guggenheim Museum offiziell nieder (Ende<br />
2011 bis Anfang 2012) und Ron Mueck spielt bis zum 29.<br />
September 2013 die Hauptrolle in der Pariser Fondation Cartier.<br />
Die menschlichen Körper, die er mit fast gruseliger Detailgenauigkeit<br />
anfertigt, lösen in den Betrachtern dieses<br />
Gefühl von beunruhigender Sonderbarkeit aus, das durch<br />
die Veränderungen der Maßstäbe ausgelöst wird, die er auf<br />
seine Motive anwendet. Seine Werke wurden in den 1990er-<br />
Jahren von dem großen Kunsthändler und <strong>Sammler</strong> Charles<br />
Saatchi entdeckt und sind seitdem um die Welt gereist. Die<br />
Präsentation seines „Boy" bei der Biennale di Venezia im Jahr<br />
2001, der trotz seiner Größe von fünf Metern fast noch lebendiger<br />
wirkt als das Original, hat seinen Erfolg noch beschleunigt.<br />
Zehn Jahre nach Venedig konnte der Künstler<br />
seine ersten Auktion in Millionenhöhe einfahren und wurde<br />
zum ersten australischen zeitgenössischen Künstler, dem<br />
ein derart hoher Auktionspreis gelungen ist (28. Juni 2011,<br />
„Big Baby", verkauft für umgerechnet 1.117.200 Dollar, d.h.<br />
787.080 Euro, bei Christie's, London). Da seine Werke auf<br />
dem Auktionsmarkt sehr selten sind (zwischen 1998 und<br />
2012 kamen nur 12 Werke unter den Hammer), lauern Liebhaber<br />
auf gute Gelegenheiten, um mit etwas Glück eines<br />
der erschwinglicheren Werke für unter 50.000 Euro zu ergattern.<br />
QUELLE | artprice.com