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Sammler Journal Gemälde (Vorschau)

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32<br />

JUGENDSTIL<br />

erster kunstgewerblicher Entwürfe<br />

auf. Aufgrund der enormen Anerkennung<br />

für sein Erstlingswerk Haus<br />

„Bloemenwerf" wandte sich Henry<br />

van de Velde endgültig der Innenarchitektur<br />

zu und stattete daraufhin<br />

vier Räume für Samuel Bings Salon<br />

L’Art Nouveau in Paris aus. Fielen diese<br />

Raumschöpfungen bei den französischen<br />

Kritikern zunächst noch in<br />

Ungnade, verhalfen die gleichen Interieurs<br />

Henry van de Velde auf der<br />

Internationalen Kunstausstellung in<br />

Dresden im Jahr 1897 zum Durchbruch<br />

in Deutschland. Der schlagartige<br />

Erfolg veranlasste den Künstler<br />

zum Umzug nach Berlin, dem zahlreiche<br />

Aufträge unter anderem von<br />

der Galerie Keller & Reiner, dem<br />

Kunsthaus Cassirer, Harry Graf Kessler<br />

sowie Karl Ernst Osthaus in Hagen<br />

folgen sollten. Die ersten Keramiken<br />

aus der Berliner Schaffenszeit<br />

sind ab 1901/1902 belegbar, als er im<br />

Auftrag der preußischen Regierung<br />

Entwürfe für die Steinzeugfabrikanten<br />

im Westerwald fertigte – gleich<br />

seinen bekannten Künstlerkollegen<br />

Zahlreiche thüringische Gewerbeund<br />

Handwerksbetriebe wurden von<br />

ihm beraten oder erhielten aufgrund<br />

seiner Vermittlung lukrative Aufträge,<br />

so z.B. die Firma für Korbmöbel in<br />

Tannroda, der Hofjuwelier Theodor<br />

Müller oder der Hofkunsttischler<br />

Scheidemantel aus Weimar. So besuchte<br />

van de Velde bereits während<br />

seines ersten Weimarer Dienstjahres<br />

mehrere Töpfereien und Tonwarenfabriken<br />

in Bürgel, existierten immerhin<br />

um 1903 rund 16 Geschirr- und<br />

vier Kunsttöpfereien in dem traditionsreichen<br />

Ort. Darüber hinaus beriet<br />

er Porzellanmanufakturen, wie<br />

die Ilmenauer Porzellanfabrik und<br />

die Porzellanmanufaktur Burgau von<br />

Ferdinand Selle, die laut Henry van<br />

de Velde „die erste Fabrik" darstellte,<br />

„deren Betrieb einzig auf die Fabrikation<br />

von Gegenständen im moderdes<br />

Jugendstils, Peter Behrens und<br />

Richard Riemerschmid.<br />

Auf Empfehlung von Harry Graf<br />

Kessler und Nietzsches Schwester,<br />

Elisabeth Förster-Nietzsche, berief<br />

1902 der junge Großherzog Wilhelm<br />

Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach<br />

van de Velde zum „Berater für die<br />

Industrie und Kunstgewerbe" nach<br />

Weimar, um das Kunsthandwerk in<br />

Thüringen nachhaltig zu fördern. Zu<br />

diesem Zweck gründete van de Velde<br />

ein kunstgewerbliches Seminar, aus<br />

der die Großherzogliche Kunstgewerbeschule<br />

hervorging, für deren<br />

Gebäude er als Architekt verantwortlich<br />

zeichnete und die er bis zu<br />

ihrer Schließung im Jahr 1915 leitete.<br />

Der Unterricht zielte vorrangig auf<br />

die Ausbildung von Zeichnern und<br />

Modelleuren, die in den Werkstätten<br />

für Buchbinderei, Keramik, Metallarbeiten<br />

und Ziselieren, Email und textiles<br />

Gestalten sowie in künstlerischen<br />

und technischen Fachkursen<br />

u.a. Prototypen im neuen Stil für die<br />

serielle Herstellung erarbeiteten.<br />

Das Kopieren historistischer Formenkanons<br />

zu Studienzwecken empfand<br />

Henry van de Velde als gänzlich ungeeignet.<br />

Unter seiner Ägide nahm<br />

die Schule maßgeblichen Einfluss<br />

auf die Gestaltung von kunstgewerblichen<br />

Exponaten in Thüringen,<br />

aber auch über die Grenzen des<br />

Großherzogtums hinaus. Der Nährboden<br />

für die wohl innovativste<br />

Kunstschule des 20. Jahrhundert war<br />

bereitet, ging doch aus dieser 1919<br />

das legendäre Bauhaus hervor.<br />

BÜRGEL<br />

Vase V16, Henry van de Velde (Entwurf )<br />

/ Hofkunsttöpferei Franz Eberstein (Ausführung),<br />

um 1905, Privatbesitz (Foto:<br />

Wolfgang Philler)<br />

Kleine Vierkantvase mit verschiedenen<br />

Laufglasuren, Henry van de Velde (Entwurf<br />

zugeschrieben) / Franz Eberstein,<br />

Max Hohenstein und Carl Fischer, Bürgel<br />

(Ausführung), ab ca. 1910 bis ca. 1930,<br />

Keramik-Museum Bürgel, Sparkassen-<br />

Kulturstiftung Hessen-Thüringen und<br />

Privatbesitz (Foto: Wolfgang Philler)

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