eb - Elektrische Bahnen Bahnenergieversorgungssystem der DB erneut bestätigt (Vorschau)
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Interview Fokus<br />
dies dann das Durchschalten <strong>der</strong> Fahrleitungen, was<br />
die Belastung gleichmäßiger macht und dadurch<br />
Lastspitzen abbaut. Diese Idee wollen wir verfolgen.<br />
Zur unmittelbaren Nutzung erneuerbarer<br />
Energien: Wie lassen sich diese einbinden?<br />
Und wie ist die Rekuperationsbremse hier<br />
einzuordnen?<br />
Grüne Energie wird schon viel für die <strong>Bahnen</strong> genutzt.<br />
Bestes Beispiel sind bahneigene Wasserkräfte<br />
in Skandinavien und in den Alpenlän<strong>der</strong>n, die sich<br />
über die Netzverknüpfungen auch für die öffentliche<br />
Versorgung eignen. In Deutschland ist hauptsächlich<br />
die Einbindung von Windparks interessant.<br />
Hierbei sind auch die Pumpenspeicherkraftwerke zu<br />
sehen.<br />
Regenerative Energien einzusetzen und gespeicherte<br />
Energien wie<strong>der</strong>zuverwenden wird mehr und mehr<br />
gefor<strong>der</strong>t. Wir wollen dafür neue Produkte bereitstellen,<br />
und dazu laufen umfangreiche Forschungsaktivitäten.<br />
Genau hier bieten Smart Grids die Chance,<br />
die Effizienz voranzutreiben. So lässt sich bei den öffentlichen<br />
Netzen <strong>der</strong> Energiefluss heute nicht mehr<br />
genau voraussagen, weil die Einspeisung regenerativer<br />
Energien stark wechselt. Hier braucht man frühzeitig<br />
Informationen über drohende Überlastungen,<br />
was Messpunkte im Netz erfor<strong>der</strong>t. Das gilt auch für<br />
die Bahnnetze mit <strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heit, dass die Bremsenergie<br />
an undefinierten Stellen und zu undefinierten<br />
Zeiten aufkommt.<br />
Welches sind die wichtigsten Maßnahmen für<br />
eine möglichst gute Energi<strong>eb</strong>ilanz?<br />
Am wirkungsvollsten ist hier, n<strong>eb</strong>en hohen Wirkungsgraden<br />
aller Betri<strong>eb</strong>smittel, die Bremsenergie<br />
so hoch wie möglich zu nutzen und zwar vorrangig<br />
bei <strong>der</strong> Bahn selbst. Sehr einfach ist es und braucht<br />
kein Smart Grid, wenn immer ein beschleunigen<strong>der</strong><br />
Zug in <strong>der</strong> Nähe eines bremsenden ist. Sonst muss<br />
man an<strong>der</strong>e Wege suchen.<br />
Bei Gleichstrombahnen können Wechselrichter in<br />
das Mittelspannungsnetz zurückspeisen. Hier gibt es<br />
noch Netzrückwirkungen. Wir haben solche Wechselrichter<br />
seit Mitte 2000 im Einsatz, und zwar bei Verkehrsbetri<strong>eb</strong>en<br />
mit eigenem Drehstrom-Verteilnetz.<br />
Rückspeisen in das öffentliche Netz wird auch deswegen<br />
vorerst die Ausnahme bleiben, weil die Infrastrukturen<br />
in den Bahnhöfen meist ausreichen, die<br />
Bremsenergie aufzunehmen.<br />
Ein an<strong>der</strong>er Weg ist das Speichern <strong>der</strong> Bremsenergie.<br />
Das geschieht entwe<strong>der</strong> auf dem Fahrzeug in<br />
Doppelschicht-Kondensatoren, die die Energie sehr<br />
schnell aufnehmen und abg<strong>eb</strong>en. Mit einer zusätzlichen<br />
Traktionsbatterie machen wir auch oberleitungsloses<br />
Fahren möglich. O<strong>der</strong> mit stationären<br />
Speichern stabilisieren wir zusätzlich zur Bremsenergienutzung<br />
die Spannung in Netzen, <strong>der</strong>en Einspeisepunkte<br />
weit auseinan<strong>der</strong> liegen.<br />
111 (2013) Heft 3<br />
Bei Wechselstrombahnen sind Frequenzumrichter<br />
bestens geeignet, im Vierquadrantenbetri<strong>eb</strong> die<br />
Nutzung <strong>der</strong> Bremsenergie zu managen.<br />
Sollten wir an dieser Stelle die Vorteile statischer<br />
Umrichter nochmals nennen?<br />
Da ist zunächst das Fehlen bewegter Teile vorteilhaft<br />
für die Instandhaltung. Sodann hat sich <strong>der</strong> Wirkungsgrad<br />
so signifikant erhöht, dass wir die Umwandlung<br />
mit über 98 Prozent fast schon verlustfrei<br />
nennen können. Und bei den Schallemissionen<br />
an die Umg<strong>eb</strong>ung hat die<br />
neue Generation so große Fortschritte<br />
gemacht, dass als Hauptgeräuschquelle<br />
nur noch <strong>der</strong> Transformator bleibt. Zusammen<br />
mit den wesentlich kleineren<br />
Abmessungen beson<strong>der</strong>s bei <strong>der</strong> Containerbauweise<br />
können unsere Kunden<br />
heute Umrichter auch in <strong>der</strong> Nähe von<br />
Wohng<strong>eb</strong>ieten aufstellen.<br />
Wie können Echtzeitinformationen aus beiden<br />
Netzen <strong>der</strong>en Verfügbarkeit erhöhen,<br />
aber auch ihre Betri<strong>eb</strong>skosten senken?<br />
Auch hierzu ein Beispiel: Wenn ein Netz, ein Teil<br />
davon o<strong>der</strong> auch nur ein Betri<strong>eb</strong>smittel überlastet<br />
zu werden droht, kann man weniger wichtige Verbraucher<br />
wie Heizung o<strong>der</strong> Klimatisierung vorübergehend<br />
automatisch abschalten. O<strong>der</strong> im Rahmen<br />
eines Energiemanagements mit dieser Maßnahme<br />
Leistungsspitzen abbauen.<br />
Wir gehen aber noch weiter und sehen die Zuverlässigkeit<br />
von Netzen nicht nur elektrisch, son<strong>der</strong>n auch<br />
mechanisch. Das gilt beson<strong>der</strong>s für die dynamisch<br />
belasteten Oberleitungen. Deren mechanischen Zustand<br />
überwachen wir am Radspanner und melden<br />
beispielsweise Fahrdrahtbrüche an eine Leitstelle. So<br />
lassen sich mechanische Fehler erkennen und daraus<br />
folgende Betri<strong>eb</strong>sstörungen verhin<strong>der</strong>n.<br />
Nicht betri<strong>eb</strong>srelevant, aber wirtschaftlich interessant<br />
ist es, exakte Informationen aus den Schaltanlagen zu<br />
bekommen wie über die Beanspruchung von Schaltern<br />
o<strong>der</strong> den Zustand von Transformatoröl. Damit<br />
lässt sich die Instandhaltung bedarfsgerecht steuern.<br />
Herr Düsel, herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
ZUR PERSON<br />
Dipl.-Ing. Mirko Düsel hat von 1988 bis 1995 an <strong>der</strong> Universität<br />
Erlangen-Nürnberg Elektrotechnik studiert. Seitdem arbeitet<br />
er bei Siemens AG, zunächst zwölf Jahre mit leitenden<br />
Aufgaben in Vertri<strong>eb</strong>, Abwicklung und Marketing innerhalb<br />
des Siemens Energiegeschäftes. Von 2006 bis 2008 war er<br />
bei Siemens LLC als Lower Gulf General Manager in <strong>der</strong><br />
Energieerzeugung tätig. Seit 2008 ist er wie<strong>der</strong> bei Siemens<br />
AG als General Manager Electrification Systems und seit<br />
2011 dort CEO Rail Electrification.<br />
Durchschalten <strong>der</strong><br />
Fahrleitungen baut<br />
Lastspitzen ab.<br />
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