gwf Wasser/Abwasser Memo Sens (Vorschau)
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<strong>Wasser</strong>versorgung<br />
Fachberichte<br />
ten Ver suche beschrieben und die erzielten Ergebnisse<br />
dargestellt und diskutiert.<br />
Bevor jedoch auf die Versuche zum Membran-Scaling<br />
eingegangen wird, wird zunächst eine kurze Übersicht<br />
über die hier relevanten Eigenschaften der Kieselsäure<br />
gegeben.<br />
2. Kieselsäure in natürlichen Wässern<br />
Kieselsäure kommt in natürlichen Wässern in einer<br />
Vielzahl von unterschiedlichen Formen vor. In Anlehnung<br />
an [6] wird hier eine Zusammenstellung (siehe<br />
Tabelle 1) gezeigt.<br />
In geringen Konzentrationen (unterhalb von rund<br />
120 mg/L) liegt Kieselsäure in natürlichen Wässern in<br />
gelöster Form überwiegend als Monokieselsäure vor.<br />
Bei höheren Konzentrationen neigt die Kieselsäure<br />
jedoch zur Polymerisation unter Bildung amorpher<br />
Strukturen, die aus einer Vielzahl verschiedener linearer,<br />
zyklischer und polyzyklischer Verbindungen unterschiedlicher<br />
Molmassen bestehen und die zur<br />
Ve rblockung der Membranen führen können. Die<br />
genaue Zusammensetzung dieser Polykieselsäuren ist<br />
jedoch praktisch nicht zu ermitteln.<br />
In Bild 1 sind einige der niedrigen Oligomere für<br />
Kieselsäure dargestellt [1]. Man erkennt sowohl lineare<br />
als auch zyklische Strukturen, die zunächst zweidimensional,<br />
bei steigender Anzahl an Si-Atomen aber auch<br />
dreidimensional sind.<br />
Sjöberg [1] berichtet, dass zunächst hauptsächlich<br />
lineare und zyklische Trimere sowie Tetramere gebildet<br />
werden. Sobald diese Oligomere drei oder vier lineare<br />
Einheiten gebildet haben, nehmen sie eine zyklische<br />
Form mit internen Vernetzungen an. Die Polymerisation<br />
erfolgt im Inneren des Moleküls, sodass sich ein Maximum<br />
an Siloxan-Bindungen (Si-O-Si) bildet und ein<br />
Minimum an unkondensierten SiOH-Gruppen entsteht,<br />
die an der Außenseite angeordnet sind [9, Seite 175].<br />
Die gebildete Polykieselsäure ist dabei nach außen hin<br />
negativ geladen.<br />
Um das sehr komplexe chemische Verhalten der<br />
Kieselsäure in wässerigen Lösungen im Hinblick auf<br />
das Membran-Scaling zu untersuchen, ist es notwendig,<br />
die üblicherweise bei solchen Anwendungen vorliegenden<br />
Randbedingungen wie pH-Wert, Temperatur<br />
und die chemische Zusammensetzung des<br />
<strong>Wasser</strong>s ausreichend zu berücksichtigen. Die wichtigsten<br />
chemischen Gleichgewichte der Kieselsäure<br />
beschreibt Iler [9], wobei von wesentlicher Bedeutung<br />
für das Membran-Scaling die Polymerisation der<br />
Kieselsäure ist, die im Allgemeinen bei Kieselsäure-<br />
Konzen trationen oberhalb von etwa 120 mg/L<br />
einsetzt. Laut Gill [10] und Iler [9] folgt die Reaktion<br />
einem ionischen Mechanismus, wobei die Reaktion<br />
durch die nach stehende Dimerisation, bei der<br />
ionisierte Kieselsäure mit dem nicht ionisierten<br />
Monomer reagiert, gestartet wird [5].<br />
Tabelle 1. Nomenklatur der Kieselsäure.<br />
Bezeichnung<br />
Charakteristik<br />
Kieselsäure Jede kristalline oder amorphe Form von SiO 2<br />
Kristalline Kieselsäure Quartz, Tridymit oder Cristobalit<br />
Amorphe Kieselsäure Generelle Bezeichnung für feste Kieselsäure ohne<br />
eine Kristallstruktur<br />
Gelöste Kieselsäure Kieselsäure-Verbindungen unterhalb einer Größe<br />
von 1 nm [9, Seite 174]<br />
Monokieselsäure Si(OH) 4 , Orthokieselsäure<br />
Oligomere Kieselsäure Kieselsäure mit wenigen Si-Atomen pro Molekül<br />
(siehe Bild 1)<br />
Reaktive Kieselsäure Kieselsäure (Monomer und niedrige Oligomere),<br />
die mit dem Molybdat-Test [7] nachgewiesen<br />
werden können<br />
Polymere Kieselsäure Kieselsäure, die mehr 10 und mehr Si-Atome pro<br />
Molekül enthält [8]<br />
Kolloidale Kieselsäure Hochpolymere Kieselsäure mit einer Größe oberhalb<br />
von ca. 1 bis 5 nm<br />
Filtrierbare Kieselsäure Polymere Kieselsäure, die mittels 0,45 µm Filter<br />
abfiltrierbar ist<br />
Partikuläre Kieselsäure Kieselsäurepartikel größer als Kolloide, z. B. Sand<br />
SiO(OH) 3<br />
– + Si(OH) 4 = (OH) 3 SiOSi(OH) 3 + OH –<br />
(Dimerisation)<br />
Jedoch beginnt die Polymerisation nicht unmittelbar<br />
bei Erreichen der Sättigungsgrenze an monomerer Kieselsäure,<br />
sondern das Monomer ist auch bei einer<br />
gewissen Übersättigung relativ stabil. Aber sobald die<br />
Polymerisation nach der sogenannten Induktionszeit<br />
(Induction time) einmal begonnen hat, verläuft die<br />
Reaktion relativ schnell. Dabei reagiert das Monomer<br />
schneller mit Dimeren und höheren Oligomeren als mit<br />
anderen Monomeren.<br />
Spezies Struktur Spezies Struktur Spezies Struktur<br />
Monomer<br />
zyklisches<br />
Trimer<br />
monosubst.<br />
zykl.<br />
Trimer<br />
bizyklisches<br />
Tetramer<br />
Dimer<br />
lineares<br />
Tetramer<br />
zykl. gebrücktes<br />
Tetramer<br />
primat.<br />
Tetramer<br />
lineares<br />
Trimer<br />
zyklisches<br />
Tetramer<br />
monosubst.<br />
zykl.<br />
Tetramer<br />
kubisches<br />
Oktamer<br />
Bild 1. Strukturen von Kieselsäure-Oligomeren.<br />
Anmerkung: Die Si-Atome sind durch einen Punkt gekennzeichnet,<br />
die O-Atome sind nicht dargestellt.<br />
Oktober 2012<br />
<strong>gwf</strong>-<strong>Wasser</strong> <strong>Abwasser</strong> 1089