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Cicero Kein Recht auf Randale (Vorschau)

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SALON<br />

Bibliotheksporträt<br />

LASST VIELE<br />

BRUNNEN FLIESSEN<br />

Für den Unternehmensberater und Gründer der<br />

„Stiftung Familienunternehmen“, Brun-Hagen Hennerkes,<br />

ist Literatur die Herzmitte aller Begeisterung<br />

Von ALEXANDER KISSLER<br />

Krambambuli! Wie bitte? Krambambuli, der Hund! Mein Gesicht wird<br />

zu einem Fragezeichen. Noch ehe ich etwas sagen kann, ist Brun-Hagen<br />

Hennerkes <strong>auf</strong>gesprungen, hat das Wohnzimmer in seinem Stuttgarter Eigenheim<br />

verlassen, das eine Villa zu nennen nicht schwerfällt. Es liegt oberhalb<br />

des Talkessels, in Degerloch. Der Hausherr ruft mir aus der Bibliothek<br />

munter zu: Er habe die Geschichte von Krambambuli seinen Enkeln<br />

geschenkt. So ergriffen seien diese gewesen, dass sie weinten. Ach, es ist<br />

eine herrliche Erzählung!<br />

So wird es mir noch viele Male ergehen an diesem verregneten Vormittag.<br />

Brun-Hagen Hennerkes, Anwalt, Unternehmensberater, Gründer der<br />

„Stiftung Familienunternehmen“, Professor Doktor Doktor honoris causa,<br />

hat auch in seinem 75. Lebensjahr die Lebendigkeit eines Kobolds und die<br />

Heiterkeit eines Jünglings. Liegt es an den Büchern, die er liest oder sich<br />

vorlesen lässt?<br />

Gerade waren es die 15 CDs von Joseph Roths „Radetzkymarsch“,<br />

eine Wiederbegegnung nach der Erstlektüre vor zehn Jahren. Von Joseph<br />

Roth kam Hennerkes fast zwangsläufig zu Soma Morgenstern. Er springt<br />

<strong>auf</strong> und holt die Lebensbeschreibung des Freundes von Roth aus der Bibliothek.<br />

„Funken im Abgrund“ heißt das einst von Marcel Reich-Ranicki<br />

lebhaft empfohlene Buch. Schon oft verschenkte er es weiter. Von Soma<br />

wiederum ist der Weg nicht weit zu Selma, ist es nur ein phonetischer und<br />

gedanklicher Sprung, ein winziger Buchstabentausch, um bei der ersten<br />

weiblichen Literaturnobelpreisträgerin Selma Lagerlöf zu landen. Brun-<br />

Hagen Hennerkes eilt ein drittes Mal ins Lesezimmer nebenan. „Die Lichtflamme“,<br />

„Gösta Berling“ – nie gehört?<br />

Da ist also, erläutert mir der im Reden zunehmend selbst entflammte<br />

Hausherr, dieser Ritter, der mit Gottfried von Bouillon Jerusalem erobert.<br />

Als Zeichen seiner Abkehr vom Lotterleben entzündet er dort eine Kerze<br />

am Altar und verspricht, die „Lichtflamme“ zur Muttergottes nach Florenz<br />

zu bringen. Nie möge sie verlöschen, „und was soll ich Ihnen sagen?<br />

Es klappt! Eine der schönsten Novellen von Lagerlöf“. Höchstens „Gösta<br />

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<strong>Cicero</strong> – 3. 2014

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