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KAPITAL<br />
Interview<br />
„ICH POLTERE NICHT IN TALKSHOWS“<br />
Der neue Arbeitgeberpräsident<br />
Ingo Kramer über<br />
Rentenpolitik, die<br />
Gewerkschaften<br />
und seinen geerbten<br />
Gestaltungsdrang<br />
Herr Kramer, sind Sie seit November<br />
der mächtigste Mittelständler<br />
Deutschlands?<br />
Ingo Kramer: Nein, mein Unternehmen<br />
in Bremerhaven ist genauso groß<br />
wie vorher. Als neuer Arbeitgeberpräsident<br />
muss ich ohnehin die Interessen aller<br />
Mitglieder der BDA vertreten, also<br />
auch die der großen Konzerne, aber ich<br />
bringe natürlich den Blick des Familienunternehmers<br />
mit nach Berlin.<br />
Was ist am Mittelstand so besonders?<br />
Es gibt verschiedene Definitionen<br />
für dieses deutsche Phänomen, die sich<br />
nach Größe, Mitarbeiterzahl oder Umsatz<br />
richten. Entscheidender als solche<br />
Kennzahlen ist für mich, dass es im Mittelstand<br />
viele inhabergeführte Unternehmen<br />
gibt, die langfristig denken. Charakteristisch<br />
ist auch das Miteinander von<br />
Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den<br />
Betrieben. Das gibt es so in anderen Ländern<br />
nicht, wo ich häufig <strong>auf</strong> den „German<br />
Mittelstand“ angesprochen werde.<br />
Stand es für Sie immer fest, dass Sie<br />
das Familienunternehmen übernehmen<br />
wollen?<br />
Nein, es gab auch keinen Druck von<br />
meinem Vater. Aber er hat mein Interesse<br />
geweckt, indem er mich ins Unternehmen<br />
mitgenommen und mir alles gezeigt<br />
hat. So mache ich es mit meinen<br />
Kindern auch. An seinem 75. Geburtstag<br />
wollte mein Vater eine Entscheidung von<br />
mir haben. Ich bin dann Anfang der achtziger<br />
Jahre als 29-Jähriger eingestiegen.<br />
Zur Person<br />
Ingo Kramer, 61, ist seit Mitte<br />
November Arbeitgeberpräsident<br />
der Bundesvereinigung<br />
Deutscher Arbeitgeberverbände<br />
als Nachfolger von Dieter Hundt.<br />
In Bremerhaven führt er die von<br />
seinem Großvater gegründete<br />
Firmengruppe J. H. K. Die<br />
260 Mitarbeiter machen einen<br />
Jahresumsatz von rund<br />
35 Millionen Euro durch die<br />
Einzelfertigung von Maschinen<br />
und Anlagen, unter anderem für<br />
die Petrochemie, die Energiewirtschaft<br />
und den Schiffbau<br />
Was wäre die Alternative gewesen?<br />
Ich habe auch mal mit einer Konzernkarriere<br />
geliebäugelt, weil Konzerne<br />
Berufseinsteigern attraktive Jobs<br />
anbieten können. Allerdings musste<br />
ich feststellen, dass mir die vielen Hierarchieebenen<br />
und der hohe Abstimmungsbedarf<br />
nicht liegen. Dafür ist bei<br />
mir die Neigung zum selbständigen Unternehmertum,<br />
wo ich Entscheidungen<br />
treffe, für die ich dann auch selbst geradestehen<br />
muss, wohl doch zu stark<br />
ausgeprägt.<br />
Foto: BDA<br />
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<strong>Cicero</strong> – 3. 2014