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Untitled - Instytut Książki

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12<br />

ZYTA ORYSZYN<br />

ZYTA ORYSZYN (GEB. 1940),<br />

SCHRIFTSTELLERIN UND PUBLIZISTIN,<br />

IN DEN ACHTZIGER JAHREN WAR SIE<br />

AKTIVISTIN DER OPPOSITION UND ALS<br />

REDAKTEURIN VON ZEITSCHRIFTEN TÄTIG,<br />

DIE INOFFIZIELL UND AUSSERHALB DER<br />

ZENSUR ERSCHIENEN. SIE DEBÜTIERTE<br />

1970 MIT DEM ROMAN NAJADE, SPÄTER<br />

PUBLIZIERTE SIE U. A. DIE ERZÄHLBÄNDE<br />

SCHWARZE ERLEUCHTUNG (1981) UND<br />

MADAME FRANKENSTEIN (1984). BIS<br />

ZUM ERSCHEINEN DER RETTUNG VON<br />

ATLANTIS (2012) GALT DER ROMAN<br />

GESCHICHTE EINER KRANKHEIT,<br />

GESCHICHTE EINER TRAUER (1990) ALS<br />

IHR AUFSEHENERREGENDSTES WERK.<br />

Photo: private<br />

Die Rettung von Atlantis<br />

Die Rettung von Atlantis ist kein klassischer Roman, es ist eher eine Sammlung<br />

von Erzählungen, die – durch Figuren, Ereignisse und die Erzählsituation<br />

– eng miteinander verbunden sind. In gewisser Hinsicht ist dieses Werk<br />

eine Zusammenfassung des bisherigen Schaffens der Autorin, es ergänzt<br />

Handlungsstränge aus ihrer früheren Prosa und führt sie zu Ende. Die Erzählungen<br />

in Die Rettung von Atlantis kreisen im Prinzip um ein Thema: die Auswirkung<br />

der großen Geschichte im Leben einfacher, durchschnittlicher Menschen.<br />

Die Autorin interessiert sich unverändert für die destruktive Kraft<br />

der Geschichte – vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bis zu den Jahren des<br />

Kriegsrechts in Polen. Zunächst führt uns Oryszyn in die östlichen Vorkarpaten,<br />

wo sich in einem Bunker, bzw. eher einem unterirdischen Versteck, eine<br />

polnische Familie zusammen mit Kriegsflüchtlingen aus dem Zentrum des<br />

Landes verbirgt. Draußen ziehen die Armeen, wüten die Partisanen. Oryszyn<br />

konzentriert sich auf die Emotionen der einfachen und unschuldigen<br />

Protagonisten. Hier regiert die Angst, und die Situation wird verglichen mit<br />

einer niemals endenden Jagd. Später befinden wir uns in der Realität der<br />

unmittelbaren Nachkriegsjahre. Die Familie verlässt den Osten, geht nach<br />

Niederschlesien und bezieht eine Wohnung in einem ehemals deutschen<br />

Haus. Die Traumata der jüngsten Geschichte überschneiden sich scheinbar<br />

mit aktuellen Traumata – Polen tritt in die Epoche des Stalinismus ein, das<br />

Misstrauen nimmt zu, es mehren sich die Denunziationen, es verschwinden<br />

Menschen, die vom Repressionsapparat verhaftet werden. Der Ort selbst<br />

(Leśny Brzeg, kurz zuvor noch das deutsche Waldburg) ist vom Drama der<br />

Vertreibungen gezeichnet, dem Leid der ehemaligen Bewohner, die einst für<br />

Hitler waren und an denen nach 1945 Rache geübt wurde. Von all diesen<br />

Dingen erzählt Oryszyn aus einer naiven und scheinbar verengten Perspektive.<br />

Die Protagonisten rechnen nicht mit der Geschichte ab, sie analysieren<br />

die Welt nicht nach moralischen oder soziopolitischen Kriterien – sie sagen,<br />

was ihnen oder jemandem aus ihrem engsten Umfeld widerfahren ist. Das<br />

ist ein Blick von unten, der auf konkreten Erfahrungen beruht, weitab von<br />

jeder Erhabenheit, und deshalb authentisch und berührend ist. Im letzten<br />

Kapitel des Buches findet sich ein Bezug auf den paradoxen Titel – das Leben<br />

wurde gerettet, aber es trägt schwer an der Gewalt, und unter so widrigen<br />

Bedingungen sollte es verschwinden wie Atlantis.<br />

Dariusz Nowacki<br />

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