Untitled - Instytut KsiÄ Å¼ki
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6<br />
DOROTA MASŁOWSKA<br />
DOROTA MASŁOWSKA (GEB. 1983),<br />
SCHRIFTSTELLERIN, DRAMATIKERIN.<br />
DEBÜTIERTE 2002 MIT IHREM<br />
ROMAN „SCHNEEWEISS UND<br />
RUSSENROT“. DER ZWEI JAHRE<br />
SPÄTER ERSCHIENENE ROMAN<br />
„DIE REIHERKÖNIGIN“ BRACHTE<br />
IHR DEN NIKE-PREIS EIN. IHR<br />
DRAMA „ZWEI ARME POLNISCH<br />
SPRECHENDE RUMÄNEN“ WURDE<br />
U. A. IN AUSTRALIEN, IN DEN USA<br />
UND AUF DER INSEL SACHALIN<br />
AUFGEFÜHRT.<br />
Photo: Marcin Nowak<br />
Liebling, ich habe die Katzen getötet<br />
Dieser Roman ist eine Offenbarung! Wer hätte geglaubt, dass das sensationelle<br />
„Schneeweiß und Russenrot” noch zu übertreffen wäre? Aber Dorota<br />
Masłowska, die begabteste Autorin der jungen Generation, ausgezeichnet<br />
u.a. mit dem Paszport Polityki und dem Nike-Preis, hat ihr vermutlich bisher<br />
bestes Buch veröffentlicht.<br />
Eine Überraschung folgt hier auf die andere: Nicht, wie bisher, in Polen<br />
spielt der Roman, sondern in New York. Die Erzählform, bisher meist ein gigantisches<br />
Experiment, ist hier zurecht gestutzt, geglättet – hurtig geht es<br />
voran, ohne auch nur ein bisschen an Ausdruckskraft, ja magnetisierender<br />
Anziehungskraft einzubüßen. Die Sätze kommen so unangestrengt daher,<br />
als hätten sie sich von allein geschrieben. Gleichwohl muss hinter ihrer Eleganz,<br />
Präzision, hinter treffenden Vergleichen und Metaphern und dem Witz<br />
eine konzentrierte schriftstellerische Arbeit gestanden haben. Die Erzählung<br />
rankt sich um die weibliche Hauptperson. Was unverändert geblieben<br />
ist, sind die treffenden Beobachtungen und Ausbrüche von Humor, an die<br />
wir bei dieser Autorin gewohnt sind (deren Gestalt auch diesmal im Buch<br />
auftaucht!).<br />
Die Hauptperson ist Farah („der Farrer“, wie ihre Bekannten schnippisch sagen)<br />
– ein auf die Dreißig zugehender Single – auch wenn ihr Geisteszustand<br />
eher den Begriff der alten Jungfer rechtfertigen würde. Farah verbringt ihre<br />
Zeit mit der Lektüre von Ratgebern für geistige Entwicklung, grübelt über<br />
ihr verpatztes Leben nach und übt sich überhaupt im Totschlagen der Zeit.<br />
Außerdem achtet sie fanatisch auf eine gesunde Lebensweise und geht so<br />
weit, dass sie vor der versuchten Selbstverstümmelung die Rasierklinge<br />
desinfiziert. Zu einer persönlichen Tragödie wird es für sie, als ihre Herzensfreundin<br />
Jo einen Freund findet. Wir lernen eine ganze Heerschar ihrer<br />
(eher entfernten als nahen) Bekannten kennen, die Mittel gegen Depressionen<br />
nehmen und versuchen, in der Welt der Avantgardekunst Karriere zu<br />
machen...<br />
„Liebling, ich habe die Katzen getötet“ ist eine Persiflage auf die westliche,<br />
großstädtische Lebensweise und alle dazugehörigen, zeitgenössischen Modeerscheinungen:<br />
den wohlfeilen, vom Osten abgekupferten geistigen Tiefgang,<br />
den Zwang zum Gutaussehen, zur gesunden Ernährung, vor allem aber<br />
dazu, ostentativ glücklich zu sein. Masłowska bringt uns wie üblich nur deshalb<br />
zum Lachen, damit uns dieses nach einer Weile im Hals stecken bleibt<br />
und wir unserer eigenen Dummheit, Flachheit und Unvernunft ins Auge<br />
schauen. Und schließlich die Einsamkeit – eines der Hauptthemen in diesem<br />
reifsten Buch der „Reiherkönigin“-Autorin ist der unaufhörliche, verzweifelte<br />
und zum Scheitern verurteilte Versuch, den anderen Menschen zu<br />
erreichen. All das beschrieben in einer explosiven Sprachmixtur, die amerikanische<br />
Fernsehserien, den Straßenslang der Großstadt, Google Translator<br />
und poetische, nur dieser Autorin zugängliche Register miteinander<br />
vereint. Ein tolles Buch.<br />
Patrycja Pustkowiak<br />
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