Nr. 11 / November 2011 - Die Pause (PDF, 5016 kb) - KV Schweiz
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Recht<br />
Habe ich im Konkursfall<br />
Anspruch auf Lohn?<br />
Jugend<br />
Was ist eine<br />
Bestätigung wert?<br />
39<br />
Der Betrieb, für den ich in den vergangenen<br />
Jahren gearbeitet habe, ist am 1. Oktober dieses<br />
Jahres in Konkurs geraten. Bereits im Juli<br />
wurde der Belegschaft auf Ende September<br />
gekündigt. Da die Arbeitnehmer seit August<br />
kein Salär mehr erhalten haben, möchte ich<br />
wissen, ob ich noch die Möglichkeit habe,<br />
etwas vom August- und Septemberlohn zu<br />
bekommen. Ausserdem haben wir jeweils<br />
Ende Jahr einen 13. Monatslohn erhalten.<br />
Wie steht es um diesen Anspruch?<br />
Felix Kuster<br />
arbeitet beim<br />
Rechtsdienst<br />
des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
Ich habe eine mündliche Zusage bekommen<br />
für eine Lehrstelle ab Sommer 2012. Jetzt<br />
muss auch ich noch sagen, ob ich die Lehrstelle<br />
möchte. <strong>Die</strong> Firma schickt mir dann<br />
eine schriftliche Bestätigung. Den Lehrvertrag<br />
werde ich aber erst im nächsten Jahr erhalten.<br />
Meine Kollegen, die schon eine Lehrstelle<br />
gefunden haben, sind bereits im Besitz<br />
des schriftlichen Vertrags. Muss ich Angst haben,<br />
dass die Firma mich dann doch nicht<br />
nimmt?<br />
Andrea Ruckstuhl<br />
ist Ressortleiter<br />
Jugend beim<br />
<strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
In einem Konkurs entscheidet die Konkursverwaltung<br />
über die angemeldeten<br />
Forderungen und erstellt einen sogenannten<br />
Kollokationsplan. <strong>Die</strong>ser enthält eine<br />
Rangordnung, die sich nach Art. 219 SchKG<br />
(Bundesgesetz über Schuldbetreibung und<br />
Konkurs) richtet. Gemäss dieser Bestimmung<br />
werden aus den im Konkursverfahren<br />
angemeldeten Forderungen drei Gläubigerklassen<br />
gebildet, wobei mit dem<br />
Konkurserlös zuerst die Forderungen der<br />
Gläubiger der ersten Klasse gedeckt werden.<br />
Können alle Forderungen der Erstklassgläubiger<br />
befriedigt werden, kommen die<br />
Gläubiger der zweiten Klasse zum Zug, zuletzt<br />
die Gläubiger der dritten Klasse.<br />
<strong>Die</strong> Forderungen des Arbeitnehmers,<br />
die in den letzten sechs Monaten vor der<br />
Konkurseröffnung entstanden sind, werden<br />
der ersten Klasse zugeschrieben. Man nennt<br />
sie deshalb privilegierte Forderungen. <strong>Die</strong><br />
übrigen Forderungen des Arbeitnehmers<br />
sind der dritten Klasse zuzuordnen.<br />
Innerhalb der sechsmonatigen Frist vor<br />
der Konkurseröffnung sind in Ihrem Fall die<br />
Lohnforderungen für die Monate August<br />
und September entstanden. <strong>Die</strong>se sind deshalb<br />
in die erste Klasse aufzunehmen. Was<br />
den 13. Monatslohn anbelangt, geht man<br />
davon aus, dass mit jedem gearbeiteten<br />
Monat 1/12 des gesamten Anspruchs entsteht.<br />
Für Ihre Forderung bedeutet dies,<br />
dass innerhalb der sechsmonatigen Frist vor<br />
der Konkurseröffnung 6/12 des Anspruchs<br />
entstanden sind. <strong>Die</strong> entsprechende Lohnsumme<br />
wird der ersten Klasse zugerechnet.<br />
Der anteilmässige Anspruch am 13. Monatslohn<br />
für die Monate Januar bis März gehört<br />
hingegen in die 3. Klasse, da dieser vor Beginn<br />
der sechsmonatigen Frist entstanden<br />
ist.<br />
Üblicherweise erhält man den Vertrag<br />
entweder bereits bei der mündlichen Zusage<br />
im Betrieb oder unmittelbar danach per<br />
Post zugeschickt. Du bist jetzt zwar unter<br />
den Glücklichen, die eine Lehrstelle in Aussicht<br />
haben, aber du hast noch nichts Definitives<br />
in der Hand.<br />
Eine schriftliche Bestätigung ist zwar<br />
eine Absichtserklärung. Sie bestätigt den<br />
Willen des Betriebs, den Vertrag einzugehen.<br />
Aber mehr ist es nicht. Für alle dreioder<br />
vierjährigen Lehren gibt es in der<br />
<strong>Schweiz</strong> nämlich einen einheitlichen Lehrvertrag.<br />
<strong>Die</strong>ser muss von der Firma, der/dem<br />
Lernenden und der gesetzlichen Vertretung,<br />
also in den meisten Fällen von Mutter oder<br />
Vater unterschrieben werden. Schliesslich<br />
wird er vom kantonalen Berufsbildungsamt<br />
offiziell genehmigt. Dann gilt er.<br />
Warum also in deinem Fall nur eine<br />
schriftliche Bestätigung? Will sich da die<br />
Firma eine Hintertür offen lassen und sich<br />
zum Beispiel je nach Auftragslage oder<br />
finanzieller Situation kurzfristig noch zurückziehen?<br />
Vielleicht. Vielleicht gibt es<br />
aber auch einen viel einfacheren Grund.<br />
Darum empfehle ich dir, bei der Firma<br />
direkt nachzufragen. Sag am besten ganz<br />
offen, dass du dir Sorgen machst. Du hast<br />
nichts zu verlieren. Je nach Antwort weisst<br />
du dann, woran du bist. Entweder wird klar,<br />
dass die Firma es wirklich ernst meint und<br />
du die Stelle auf sicher hast. Oder dass du<br />
weitersuchen musst, damit du schliesslich<br />
nicht noch ohne Lehrstelle dastehst.<br />
context <strong>11</strong> – 20<strong>11</strong>