Nr. 11 / November 2011 - Die Pause (PDF, 5016 kb) - KV Schweiz
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Swica<br />
Das tut weh<br />
Im Oktober wurde bekannt, dass die Mitarbeiter<br />
und Mitarbeiterinnen der Swica-<br />
Gesundheitszentren länger arbeiten müssen,<br />
und das bei gleichem Lohn.<br />
Vorgesehen ist, dass die 170 medizinischen<br />
Praxisangestellten neu 42,5, und<br />
die 130 Ärzte 45 Stunden arbeiten müssen,<br />
statt der im Gesamtarbeitsvertrag vereinbarten<br />
40 Stunden, und das bei gleichem<br />
Lohn. «<strong>Die</strong>s entspricht einer Lohnsenkung<br />
von 6,25 beziehungsweise 12,5 Prozent»,<br />
sagt Benedikt Gschwind vom <strong>KV</strong><br />
<strong>Schweiz</strong>. Das neue Modell soll bereits<br />
2012 in Kraft treten, was laut Gschwind allerdings<br />
eine Verletzung des Gesamtarbeitsvertrags<br />
bedeutet.<br />
Der Verband verlangte von der Swica,<br />
dass die für den GAV geltende Kündigungsfrist<br />
von einem Jahr eingehalten<br />
werde. Dann wäre die Arbeitszeiterhöhung<br />
erst ab Januar 2013 gültig. Laut Benedikt<br />
Gschwind sind entsprechende<br />
Verhandlungen aber gescheitert. Swica<br />
hält an ihrem Standpunkt fest und will<br />
die Vertragsänderungen wie geplant per<br />
1. Januar 2012 umsetzen. «Wir bedauern,<br />
dass keine Einigung zustande gekommen<br />
Ein soeben erschienenes Buch geht auf<br />
die Hintergründe der weltweiten Finanzkrise<br />
ein.<br />
Im Herbst 2008 führten die Grossbanken<br />
die Welt an den wirtschaftlichen Abgrund.<br />
Es spricht nicht viel dafür, dass aus<br />
dieser Krise Lehren gezogen worden sind.<br />
<strong>Die</strong> Welt ist nicht stabiler geworden, ganz<br />
im Gegenteil: Sie ist bereits wieder auf<br />
«Crash-Kurs», wie der Titel eines kürzlich<br />
erschienen Buches besagt.<br />
Der Wirtschaftsjournalist Markus<br />
<strong>Die</strong>m Meier geht auf die Hintergründe der<br />
weltweiten Finanzkrise ein. Einer der<br />
Schwerpunkte des Buches ist die Frage,<br />
warum die Politik so unfähig ist, die wichtigsten<br />
wirtschaftlichen Probleme anzugehen.<br />
Laut <strong>Die</strong>m Meier hat sie sich bis<br />
zur Krise am falschen Kompass – am Neoliberalismus<br />
– ausgerichtet, der in den<br />
letzten 30 Jahren die Handlungsanweisungen<br />
für die praktische Wirtschaftspolitik<br />
lieferte.<br />
Das Buch ist eine Bestandesaufnahme<br />
der gegenwärtigen Situation. Der<br />
Autor zeigt Hintergründe auf und führt<br />
ist», sagt Benedikt Gschwind. Der Verband<br />
will ein Gutachten über die Anwendbarkeit<br />
des GAV im konkreten Fall<br />
in Auftrag geben. «Wir sind überzeugt,<br />
dass unsere Haltung rechtlich korrekt ist»,<br />
sagt Gschwind.<br />
In einem Schreiben hat sich der Verband<br />
nun an alle Teilnehmenden der Informationsversammlung<br />
gewandt, die<br />
der <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> am 26. Oktober durchführte.<br />
<strong>Die</strong> Betroffenen werden darauf<br />
aufmerksam gemacht, dass sie eine Änderungskündigung<br />
in Kauf nehmen müssen,<br />
falls sie das Angebot der Swica für einen<br />
neuen Anstellungsvertrag nicht unterzeichnen.<br />
<strong>Die</strong> Beschreitung des Rechtsweges<br />
könne eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses<br />
zwar nicht rückgängig machen,<br />
aber bei Gutheissung einer Klage Entschädigungszahlungen<br />
für die Betroffenen<br />
zur Folge haben. «Damit werden hoffentlich<br />
immerhin in der Zukunft<br />
Arbeitgeber davon abgehalten, in vergleichbaren<br />
Fällen einen bestehenden<br />
GAV zu missachten», sagt Benedikt<br />
Gschwind. tj<br />
Buchtipp<br />
Der Crash ist den<strong>kb</strong>ar<br />
die Leserinnen und Leser zu erhellenden<br />
Erkenntnissen, dann etwa wenn er aufzeigt,<br />
dass die Krise der Europäischen<br />
Währungsunion nicht mit der Überschuldung<br />
Griechenlands einsetzte, sondern<br />
schon viel früher in den Regeln der Währungsunion<br />
selbst angelegt ist. <strong>Die</strong>se<br />
stammen aus dem Jahr 1992 und halten<br />
fest, dass die Mitgliedsländer praktisch<br />
keine Möglichkeiten mehr zu einer ausgleichenden<br />
Stabilitätspolitik haben,<br />
wenn sie in konjunkturelle Schwierigkeiten<br />
geraten. In diesem Licht betrachtet<br />
sind Wortschöpfungen wie «Pleite-Griechen»<br />
völlig deplatziert. tj<br />
Markus <strong>Die</strong>m Meier:<br />
Auf Crash-Kurs. <strong>Die</strong><br />
grossen Baustellen der<br />
Weltwirtschaft. Orell<br />
Füssli, 20<strong>11</strong>, CHF 29.90<br />
KoLUMne<br />
Für innovatives<br />
Bildungs system<br />
Von Claude Meier<br />
<strong>Die</strong> nationalen Wahlen haben das Parlament<br />
wieder mehr «eingemittet», sagen<br />
die Kommentatoren. Was das für die Berufsbildung<br />
bedeutet, steht in den Sternen.<br />
Smartvote? Fehlanzeige. Politologinnen<br />
und Politologen orakeln über andere<br />
Fragen. Atomausstieg. Bundesratswahlen.<br />
Frankenkurs.<br />
Im Windschatten solcher Themen stehen<br />
wichtige Fragen für die Berufswelt an. Erreicht<br />
die <strong>Schweiz</strong> eine internationale<br />
Anerkennung ihrer Berufsbildungsabschlüsse?<br />
Wird der Wert berufspraktisch<br />
erworbener Erfahrung anerkannt, auch<br />
im Vergleich zu akademischen Qualifikationen?<br />
Und dies ohne Gegeneinander,<br />
sondern als wechselseitige Stärkung von<br />
Theorie und Praxis?<br />
Für eine <strong>Schweiz</strong>, die international in<br />
mancher Hinsicht unter Druck steht, gilt<br />
es in der kommenden Legislatur, ihre Erfolgsfaktoren<br />
zu sichern. Dazu gehört<br />
ganz zentral die Aus- und Weiterbildung<br />
umsetzungsstarker Profis in unserem bewährten,<br />
arbeitsmarktorientierten Berufsbildungssystem<br />
– und die Sicherung<br />
seiner Attraktivität, auch finanziell.<br />
Denn unsere Profis sind – zusammen mit<br />
exzellenten Forschungsleistungen und einer<br />
offenen Politik gegenüber qualifzierten<br />
Arbeitskräften – hauptverantwortlich<br />
für ein vergleichsweise krisenresistentes<br />
Modell <strong>Schweiz</strong>. Ob die anlaufende Legislatur<br />
erfolgreich ist, entscheidet sich<br />
für den <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> nicht zuletzt daran,<br />
wie die Frage nach der dringend benötigten<br />
Bildungsoffensive für unser Land beantwortet<br />
wird. Ein zukunftsgerichtetes,<br />
leistungsfähiges und innovatives Bildungssystem<br />
darf uns etwas wert sein.<br />
Bitte auch in Bundesbern. Ob alte, neue<br />
oder gar nicht Mitte, ist dabei sekundär.<br />
Claude Meier ist Leiter Bildungspolitik beim<br />
<strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
9<br />
context <strong>11</strong> – 20<strong>11</strong>