Scan (15 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Aus der Arbeit der Bundesanstalt für Vegetationskunde,<br />
Naturschutz und Landschaftspflege<br />
Direktor: Professor Dr. Gerhard 0 1 s c h o w y<br />
Dr. Klaus M e i s e 1<br />
Die Vegetation der Mosel-Aue<br />
In Vegetationsaufnahmen, Gesellschaftstabellen und Vegetationskarten<br />
werden floristische Zusammensetzung und<br />
Verbreitung der Pflanzengesellschaften erfaßt und dokumentarisch<br />
belegt. Damit wird eine Grundlage geschaffen,<br />
um bei Eingriffen in den Wasserhaushalt einer Landschaft<br />
an Hand später zu wiederholender Untersuchungen die Reaktion<br />
der Pflanzendecke nachweisen zu können. Daher<br />
haben die Bezirksregierungen in Trier und Koblenz in ihrer<br />
Eigenschaft als Planfeststellungsbehörden beim Ausbau der<br />
Mosel vegetationskundliche Untersuchungen im Moseltal als<br />
Bestandteil der Beweissicherung zur Auflage gemacht. Mit<br />
der Durchführung dieser Untersuchungen wurde die ehemalige<br />
Bundesanstalt für Vegetationskartierung - jetzt Bundesanstalt<br />
für Vegetationskunde, Naturschutz und Landschaftspflege<br />
- von der Wasser- und Schiffahrtsdirektion<br />
Mainz, Neubauabteilung Trier, beauftragt.<br />
Die vegetationskundlichen Untersuchungen erfolgten in den<br />
Vegetationsperioden der Jahre 1960-1962. Dabei wurden<br />
von Mosel-km 2,0 bis Mosel-km 242,2 (Landesgrenze) an<br />
fast 1 000 Probeflächen alle hier vorkommenden Pflanzen<br />
notiert und ihr Deckungsanteil geschätzt (= Vegetationsaufnahme)<br />
und auf ca. 3 000 ha Fläche die genaue Verteilung<br />
der Pflanzengesellschaften kartiert. In den Vegetationskarten<br />
sind über 80 verschiedene Pflanzengesellschaften<br />
dargestellt. Bei den Arbeiten wurde der von dem Anstau der<br />
Mosel unbeeinflußte Vegetationszustand erfaßt.<br />
Nach der Talausformung werden eine Auestrecke mit breitem<br />
Tal zwischen Perl und Schweich, innerhalb welcher die<br />
Mosel zwischen Perl und Igel Kalkgestein durchfließt, und<br />
das stellenweise sehr schmale Schiefergebirgsmoseltal<br />
unterschieden. Die Talböden bestehen vorwiegend aus Auelehm.<br />
Durch seine tiefeingeschnittene Lage im Schiefergebirge<br />
erhält das Moseltal ein eigenes Lokalkli ma, welches<br />
phänologisch einen gleich frühen Frühjahrs- und Sommerbeginn<br />
wie im Mittelrheintal bewirkt. Die Niederschläge nehmen<br />
von der Trierer Talweitung (700 mm) bis zur unteren<br />
Mosel (520 mm) ab, so daß das im ganzen wintermilde,<br />
sommer- und herbstwarme Weinbauklima von Südwesten<br />
nach Nordost1;rn trockener wird (Paffen). Die relative Kontirtentalität<br />
bedingt nicht nur auf den Sonnenhängen eine<br />
wärmeliebende Flora, sondern spiegelt sich z. T. auch in<br />
den Auegesellschaften wider, die anstelle des ehemaligen<br />
Auenwaldes das heutige Landschaftsbild prägen. Außer der<br />
Wirtschaftsweise des Menschen wirkt sich die Wasserführung<br />
der Mosel stark auf die Zusammensetzung und Verteilung<br />
der Pflanzengesellschaften der Aue aus; denn der Unterschied<br />
zwischen Niedrigst- und Höchstwassermenge ist mit<br />
elf Metern Differenz recht stark. Hochwässer treten regelmäßig<br />
im Winterhalbjahr auf und überschwemmen einen<br />
Teil der Aue mit schlickführendem Wasser.<br />
Die Reihe der Auegesellschaften beginnt mit Röhrichtgesellschaften<br />
(Abb. 1, Nr. 16-19). Wichtige Pflanzen der Röhrichtzone<br />
sind Scirpus lacustris, S. maritimus, Phragmites comtnunis,<br />
Glyceria maxima, Phalaris arundinacea und Carex<br />
gracilis. Pflanzensoziologisch lassen sich das Fluß-Röhricht<br />
(Scirpo-Phragmitetum), das Wasserschwaden-Ried (Glycerietum<br />
maximae), · das Schlankseggen-Ried (Caricetum<br />
gracilis) und das Rohrglanzgras-Röhricht (Phalaridetum)<br />
unterscheiden, in denen die namengebenden Arten höchste<br />
Vitalität und Menge erreichen. Die vollständige Serie der<br />
20<br />
Röhrichtgesellschaften war vor dem Ausbau der Mosel nur<br />
an relativ wenig Uferstrecken vorhanden. Häufig waren entweder<br />
nur das Fluß-Röhricht oder das Schlankseggen-Ried<br />
als schmale Uferbänder ausgebildet (vgl. Bittmann). Das<br />
Wasserschwaden-Ried und das Rohrglanzgras-Röhricht fanden<br />
sich mehr in Altwasserbetten. Die beiden letztgenannten<br />
Gesellschaften produzieren hohe Mengen mäßigen<br />
Futters, lassen sich aber wegen der meist großen Nässe<br />
ihrer Wuchsorte nur selten nutzen.<br />
An die „ Röhrichtzone", oft aber auch unmittelbar an das<br />
Wasser angrenzend, schließt sich eine häufig überflutete,<br />
periodisch trockenfallende, mit Getreibsel angereicherte<br />
„Spülsaumzone" an. Hier finden vor allem nitrophile Annuel le<br />
und mehrjährige Ruderalpflanzen, deren Samen oft mit angeschwemmt<br />
werden, infolge der starken Nährstoffzufuhr<br />
durch die rasch einsetzende Nitrifizierung der abgelagerten<br />
organischen Stoffe günstige Lebensbedingungen. Häufige<br />
Arten in den Flußufer-Wildkraut-Gsellschaften (Abb. 1, Nr. 14)<br />
des Senecion fluviatilis-Verbandes sind: Brassica nigra,<br />
Urtica dioica, Atriplex patula, Artemisia vulgaris, Agropyron<br />
repens, Phalaris arundinacea, Chenopodium album, Malach<br />
ium aquaticum, Rumex obtusifolius, Aster-Arten und<br />
Helianthus tuberosus, die meist wie von einem Schleier von<br />
Convolvulus sepium und Cuscuta-Arten (C. europaea,<br />
C. gronovii) überlagert werden. Auf sandig-kiesigen Ufern<br />
gelangt dagegen bei niedrigem Sommerwasserstand eine<br />
kurzlebige Pioniergesellschaft mit hohem Anteil von Chenopodium-<br />
und Polygonum-Arten zur Entwicklung (Chenopodietum<br />
rubri).<br />
Eine andere Ersatzgesellschaft des in einzelnen Resten<br />
vorhandenen Ufer-Weidenbusches (Salicetum triandrae)<br />
(Abb. 1, Nr. <strong>15</strong>) ist der Flutrasen (Rumici-Alopecuretum)<br />
(Abb. 1, Nr. 12, 13), der sich meist landeinwärts mit den<br />
Flußufer-Wildkraut-Gesellschaften verzahnt. Das Flächenverhältnis<br />
dieser beiden Gesellschaften gibt Auskunft über<br />
die Nutzungsintensität des „Vorlandes", welches bei fehlender<br />
Nutzung von den Flußufer-Wildkraut-Gesellschaften<br />
überwuchert wird.<br />
Flutrasen entstehen bei häufigem Wechsel von Überstauungen<br />
durch stehendes oder schwach fließendes Wasser<br />
und periodischer Abtrocknung des Oberbodens. Ihre Böden<br />
sind meist feinerdereich, dichtgelagert und luftarm. Flutoder<br />
Knickfuchsschwanz-Rasen werden aus wenigen überschwemmungsfesten,<br />
meist ausläufertreibenden, nitrophilen<br />
Arten aufgebaut. Im Moseltal sind Agrostis stolonifera,<br />
Agropyron repens, Rumex crispus, R. obtusifolius, Rorippa<br />
silvestris, Potentilla reptans, Alopecurus pratensis, Ranunculus<br />
repens und Poa trivialis hochstet. Au ßer dem Reinen<br />
Knickfuchsschwanz-Rasen (Abb. 1, Nr. 12) wurde der Rohrglanzgras-Knickfuchsschwanz-Rasen<br />
(Abb. 1, Nr. 13) (Trennarten:<br />
Phalaris ärundinacea, Symphytum officinale, Polygonum<br />
amphibium) in sehr lange vom Wasser bedeckten<br />
Altwasserbetten und Flutmulden mit starken Schlickabsätzen<br />
unterschieden. Die Knickfuchsschwanz-Rasen sind<br />
von unterschiedlichem Wirtschaftswert. So sind Fazies von<br />
Ranunculus repens geringwertig, die von Agropyron repens<br />
mittelwertig und solche von Alopecurus pratensis hochwertig.<br />
Ihre Nutzung ist wegen der Überflutungsgefahr unsicher.<br />
Außerdem können sie bei Beweidung Brutstätten der<br />
Leberegelverseuchung sein.