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Zwei Dorfstudien aus Westschlesien - Familie Spiegel in Radeberg

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Die Scholtisei, die im Jahre 1863 7,99 ha groß war, hatte 1945 e<strong>in</strong>e Größe von 9,52 ha<br />

und war e<strong>in</strong> Erbhof. E<strong>in</strong> Fechner war im Januar 1424 Schultheiß zu "Harthe" 37 . Seit<br />

1582 s<strong>in</strong>d die Scholzen <strong>aus</strong> den Schöffenbüchern anzugeben. Die Scholtiseibesitzer hießen:<br />

Vor 1582 bis 1611 Adam Theil — 1611 George Mündel <strong>aus</strong> Ebersdorf — 1619<br />

Hans Tzschauner (Tschoner) <strong>aus</strong> Rückersdorf — 1668 Hans Tzschonders K<strong>in</strong>der verkaufen<br />

die Scholtisei an ihren Schwager, den römisch-kaiserlichen Leutnant Johann<br />

Mückasch — derselbe noch 1682, während 1684 bereits George Goldmann Scholz ist —<br />

1691 George Goldmann (Sohn) — 1700 He<strong>in</strong>rich Stiller — 1712 Christoph Fechner —<br />

1718 Friedrich Fechner (Schwager der Erben) — 1720 Samuel Kirschke — 1738 Gottfried<br />

Werner. Der Erb- und Gerichtsscholz im Sprottauer Stifts-Anteil zu Langhe<strong>in</strong>ersdorf<br />

Balthasar Werner kaufte die Scholtisei für se<strong>in</strong>en 5ten Sohn Gottfried. "Nachdem<br />

aber selbige (Schölzerei) durch e<strong>in</strong>e <strong>aus</strong> unbekannten Ursachen beschehene Entweichung<br />

dises Gottfried Werners nach Pohlen verlaßen worden", fällt sie an den Vater zurück.<br />

Nach dessen Tode verkaufte sie 1742 dessen Sohn Siegmund Werner — 1742 Christian<br />

Müller — 1745 Friedrich Reimann — 1755 Michael Kugler — 1756 Hans George Eckardt<br />

— dann bis 1788 e<strong>in</strong> Großmann — 1788 Johann Gottfried Großmann (Sohn) — 1797<br />

Johann Christian Becker — 1801 Johann Friedrich Späth — 1807 Johann Gottlieb<br />

Kr<strong>aus</strong>e (wohl <strong>aus</strong> Wachsdorf) — 1848 Johann Siegmund Kr<strong>aus</strong>e (Sohn) — 1888 Gotthelf<br />

Robert Kr<strong>aus</strong>e (Sohn) — 1930 Siegfried Kr<strong>aus</strong>e (Sohn) — 1932 Gustav Riediger (Schwiegersohn<br />

<strong>aus</strong> dem Ober-Kretscham) 38 .<br />

Bis 1872 war der Besitzer der Scholtisei zugleich Vorsitzender des Dorfgerichts und<br />

(nach heutigem Sprachgebrauch) der Geme<strong>in</strong>devorsteher. Starb der Scholze sehr früh,<br />

ohne e<strong>in</strong>en erwachsenen Sohn zu h<strong>in</strong>terlassen, so blieb der Witwe mit den kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern<br />

meist nichts anderes übrig, als die Scholtisei an e<strong>in</strong>en "vertrauenswürdigen" und<br />

der Herrschaft angenehmen Käufer zu veräußern. Daher kommt es, daß die Besitzer der<br />

Scholtisei so oft gewechselt haben.<br />

Vor Antritt se<strong>in</strong>es Amtes mußte der Scholze e<strong>in</strong>en Eid ablegen. Es war damals allgeme<strong>in</strong><br />

üblich, daß jeder Untertan se<strong>in</strong>em Erbherrn "Pflicht und Eid" ablegte. So schwur z.B.<br />

jeder Hartauer am 16.2.1699 se<strong>in</strong>em mündig gewordenen Erbherrn Karl Friedrich von<br />

Haugwitz auf Nieder-Hartau und Wichelsdorf, daß er ihn "nicht alle<strong>in</strong> für se<strong>in</strong>en ordentlichen<br />

Erbherren erkennen, sondern ihn auch, als treuen Erbunterthanen geziemet, mit<br />

allem Gehorsam, Liebe und Dienst verbunden se<strong>in</strong> und bleiben wolle, se<strong>in</strong>en Schaden<br />

soviel möglich verhüten und se<strong>in</strong>en Nutzen befördern wolle" (II 1). Entsprechend<br />

schwuren die Schöffen des Dorfgerichts den Gerichtseid. Friedrich Reimann schwur<br />

z.B. 1745 folgenden Scholzeneid: (II 160)<br />

"Ich, Friedrich Reymann, schwöre hiermit zu Gott dem Allmächtigen diesen körperlichen<br />

Eyd, daß ich mich gegen Ihre Hochwohlgebohren, dem gnädigen Herrn,<br />

Herrn Hanß Gottlieb von Stosch auf Harthe und Golzen, allezeit und <strong>in</strong> allen Fällen<br />

treu und gehorsam erzeigend, se<strong>in</strong>en mir gegebenen Befehlen ohne Ansehen der<br />

Person richtige Folge leisten, der Geme<strong>in</strong>de Bestes bei aller Gelegenheit nach me<strong>in</strong>em<br />

Vermögen befördern, mit dem mir anvertrauten Gerichtsbuch und -Siegel aufrichtig<br />

umgehen, das Geme<strong>in</strong>de-Geld, Bonificationes und andere Geme<strong>in</strong>de-Anlagen, als<br />

vor Gotten Augen verwalten, und mich allezeit als e<strong>in</strong>en treuen, redlichen und aufrichtigen<br />

Scholzen gebühret, aufführen will. So wahr mir Gott helfe und se<strong>in</strong> heiliges<br />

Wort durch Jesum Christum. Amen!"<br />

Die Kreisordnung für die Prov<strong>in</strong>z Schlesien vom 13. Dezember 1872 machte dem erblichen<br />

(d.h. an e<strong>in</strong>e Stelle gebundenen) Scholzenamte e<strong>in</strong> Ende und ersetzte es durch e<strong>in</strong>en<br />

wählbaren "Geme<strong>in</strong>devorstand". Geme<strong>in</strong>devorsteher von Hartau (bzw. "Bürgermeister"<br />

seit Februar 1934) waren 39 : Adolf Weidner (Nr. 6) 1873-79, Gustav Kr<strong>aus</strong>e (<strong>aus</strong> der<br />

37<br />

38<br />

39<br />

Cod. dipl. Sil. 31, 1925, S. 26.<br />

I 13, 303, 304a; II 9, 11, 25b, 36, 54b, 66b, 118, 161, 210, 226.<br />

Nach Sprottauer Kreisblättern 1890, S. 159, und 1915. S. 492. Die übrigen Jahreszahlen nach Mitteilung von Bürgermeister<br />

Otto Kr<strong>aus</strong>e.<br />

30

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