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Zwei Dorfstudien aus Westschlesien - Familie Spiegel in Radeberg

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Über die Widmut und die E<strong>in</strong>künfte des Pfarrers erfahren wir mehr <strong>aus</strong> den Visitationsberichten<br />

von 1679 und 1687/88 55 . Die Widmut war e<strong>in</strong>e Hufe groß und lag (1679)<br />

zwischen den Äckern des Dom<strong>in</strong>iums und denen des Bauern Johannes Ludwig (=<br />

Nr. 43). Das Pfarrh<strong>aus</strong> war <strong>in</strong> sehr schlechtem Zustande. Von e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Wiese erntete<br />

der Pfarrer e<strong>in</strong> Fuder Heu. Holz hatte er die Notdurft. E<strong>in</strong>e Kuh konnte er mit den<br />

Kühen des Dom<strong>in</strong>iums auf die Weide treiben lassen. Der Dezem betrug 1670 6 Malter<br />

(= 24 Scheffel), von denen er allerd<strong>in</strong>gs nur 5 Malter erhielt, je Korn und Hafer. 1679<br />

erhielt er 30 Scheffel je Roggen und Hafer. Das Dom<strong>in</strong>ium Waldtdörffel gab als Dezem 3<br />

Scheffel Korn und 1 1 / 2 Scheffel Hafer und bewies <strong>aus</strong> dem Urbar, daß es zu e<strong>in</strong>em größeren<br />

Dezem nicht verpflichtet war. — 1687 heißt es, daß die Kirche e<strong>in</strong>en Viehweg (viam<br />

pecorum) mit überständigem Holz besitzt (1670: "Holtzung auffm Viehwig"), das zur<br />

notwendigen Wiederherstellung von Kirche, Pfarr- und Schreiberh<strong>aus</strong> gebraucht wird.<br />

Z<strong>in</strong>sen erhielt die Kirche vom Bauern Christoph Stiller, vom Bauern He<strong>in</strong>rich Ludwig<br />

und Johann Körber. 3 Kirchväter: Caspar Jacob, 40 Jahre alt, Lutheraner, 5 Jahre im<br />

Amt; Tobias Liebig <strong>aus</strong> e<strong>in</strong>em anderen Ort (= Walddorf ?); Caspar Stiller, Bauer und<br />

Lutheraner von hier. — Die Kirche war <strong>aus</strong> Ste<strong>in</strong>, trug e<strong>in</strong> Sch<strong>in</strong>deldach, hatte zwei<br />

E<strong>in</strong>gänge unter Verschluß, davon e<strong>in</strong>er mit e<strong>in</strong>er beschädigten gemauerten Vorhalle.<br />

5 Fenster, <strong>aus</strong> der ab und zu Scheibchen her<strong>aus</strong>geschlagen waren. Bänke und Chor<br />

waren gut. Die Sakristei war gewölbt. Im quadratischen Turm, gemauert, mit hölzerner<br />

Spitze, h<strong>in</strong>gen 3 Glocken, wohlkl<strong>in</strong>gend, im Jahre 1603 geschmolzen, von denen e<strong>in</strong>e<br />

zum täglichen Abendläuten diente. Der Friedhof war von e<strong>in</strong>er schadhaften Mauer<br />

umgeben und hatte 2 E<strong>in</strong>gangstore.<br />

Bereits <strong>in</strong> Abschnitt 2 (Die Hartauer Dorfflur) wurde erwähnt, daß Walddorf <strong>in</strong> die<br />

Hartauer Kirche e<strong>in</strong>gepfarrt war. E<strong>in</strong> Vertrag über die Baukosten der Kirche vom<br />

7.8.1708 ist <strong>in</strong> Anm. 2 <strong>in</strong>haltlich wiedergegeben.<br />

Bald nach 1530 zog die Reformation <strong>in</strong> Hartau e<strong>in</strong>. Seitdem blieb Hartau e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong><br />

evangelische Geme<strong>in</strong>de; noch 1846 gab es ke<strong>in</strong>en katholischen Wirt <strong>in</strong> Hartau. Der<br />

erste bekannte evangelische Pfarrer hieß Petrus Schuch. Er war gebürtig <strong>aus</strong> Glogau<br />

und g<strong>in</strong>g noch vor 1540 nach Wittgendorf. Um 1600 war Hartauer Seelsorger Samuel<br />

Roth (gestorben 1614); er war vorher Kantor <strong>in</strong> Schwiebus. Se<strong>in</strong> gleichnamiger Sohn<br />

Samuel Roth, 1592 <strong>in</strong> Hartau geboren, wurde am 23.11.1614 <strong>in</strong> Wittenberg als Pfarrer<br />

ord<strong>in</strong>iert. Er folgte se<strong>in</strong>em Vater im Amte. Der letzte evangelische Pfarrer <strong>in</strong> Hartau<br />

(bis 1654) war Abraham Neumann 56 .<br />

Nach dem Dreißigjährigen Kriege wurde die Kirche für immer der evangelischen Lehre<br />

entzogen, denn der Westfälische Friede 1648 erhob die Ansicht, daß der Landesherr<br />

(für Hartau die Habsburger) die Konfession der Untertanen bestimmte, zum Staatsgesetz.<br />

Die Kirchene<strong>in</strong>ziehung im Fürstentum Glogau geschah <strong>in</strong> den Jahren 1653/54.<br />

Der Bericht der Kommission lautete über Hartau: "Am 12. Februar (1654) taten sie zu<br />

Hartau Herrn Friedrich von Haugwitz die Kommission kund. Dieser gestellte den<br />

Prädikanten Abraham Neumann und übergab die Schlüssel zur Kirche" 57 . Dann kamen<br />

am gleichen Tage die Kirchen <strong>in</strong> Langhe<strong>in</strong>ersdorf, Metschlau und Gießmannsdorf<br />

daran. Auch <strong>in</strong> Metschlau mußte Friedrich von Haugwitz den Prädikanten Abraham<br />

Hoffmann abschaffen und die Kirchenschlüssel <strong>aus</strong>händigen. Da die entsprechende<br />

Zahl von katholischen Priestern nicht vorhanden war, wurde die Hartauer Kirche dem<br />

Sprottauer Propst Benedict Oswald Hauptmann übergeben. Dieser hatte außer der<br />

55<br />

56<br />

57<br />

Jungnitz (vgl. Anm. 2), S. 235, 456. Dort weitere Angaben über die Innene<strong>in</strong>richtung (Altäre usw.). — Lutsch III, S. 109,<br />

erwähnt das unbedeutende Bruchstück e<strong>in</strong>es Schnitzaltars <strong>aus</strong> dem Spätmittelalter: Maria mit dem K<strong>in</strong>de, Bartholomäus,<br />

Johannes Bapt.; e<strong>in</strong>e weitere Reihe von Figuren an der Orgelbühne.<br />

J. Rademacher, Predigergeschichte des Kirchenkreises Sprottau (Breslau 1934), S. 17.<br />

Soffner, die Kirchene<strong>in</strong>ziehung im F. Glogau <strong>in</strong> den J. 1653/54, im Schles. Pastoralblatt 1891, 18. Jahrg., S. 57.<br />

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