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KeRneneRgie in DeutschlanD

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„Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Ingenieurnation”<br />

Joachim Knebel ist seit Oktober 2010 Chief Science Officer im Karlsruher<br />

Institut für Technologie (KIT). Er studierte Masch<strong>in</strong>enbau und<br />

wurde 2002 zum Leiter des Programms »Nukleare Sicherheitsforschung«<br />

am KIT sowie Sprecher des gleichnamigen Programms <strong>in</strong> der<br />

Helmholtz-Geme<strong>in</strong>schaft berufen. Er ist Autor oder Koautor von mehr<br />

als 100 wissenschaftlichen Publikationen sowie Organisator zahlreicher<br />

Konferenzen und <strong>in</strong>ternationaler Forschungsprojekte im Bereich Kernenergie.<br />

Am KIT ist er für die Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik<br />

zuständig sowie für das KIT-Zentrum Mobilitätssysteme.<br />

Deutschland hat beschlossen, aus der<br />

Nutzung der Kernenergie auszusteigen.<br />

Wozu brauchen wir dann eigentlich<br />

noch Forschung auf diesem Gebiet?<br />

Auch wenn alle Kernkraftwerke <strong>in</strong><br />

zehn Jahren abgeschaltet se<strong>in</strong> werden,<br />

müssen wir uns weiter mit der Kerntechnik<br />

beschäftigen. Da ist zum e<strong>in</strong>en die<br />

Entsorgung der radioaktiven Abfälle und<br />

die Frage des Endlagers, die gelöst werden<br />

muss. Dann sollen die Kernkraftwerke<br />

zurückgebaut werden, dazu braucht es<br />

natürlich Spezialisten, die die Reaktoren<br />

kennen und bewerten können. Und auch<br />

der Strahlenschutz spielt beim Rückbau,<br />

der Endlagerung und <strong>in</strong> der Nuklearmediz<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Ich fürchte<br />

allerd<strong>in</strong>gs, dass es die breit angelegte, nationale<br />

Reaktorsicherheitsforschung <strong>in</strong> 10<br />

bis 15 Jahren <strong>in</strong> Deutschland wohl nicht<br />

mehr geben wird.<br />

Aber die wird doch auch nicht mehr<br />

benötigt...<br />

... was so nicht stimmt! Um uns herum<br />

<strong>in</strong> Europa, auch weltweit, geht die<br />

Entwicklung weiter. Deutschland wird<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft als Mitglied <strong>in</strong>ternationaler<br />

Gremien oder <strong>in</strong> Kommissionen<br />

über Fragen der nuklearen Sicherheit<br />

mitentscheiden müssen. Die Bundesregierung,<br />

die M<strong>in</strong>isterien und die Genehmigungsbehörden<br />

benötigen dazu eigene<br />

Fachkräfte und fachliche Beratung. Das<br />

Berufsbild e<strong>in</strong>es re<strong>in</strong>en Kerntechnikers <strong>in</strong><br />

Deutschland wird der heute <strong>in</strong> der Ausbildung<br />

stehenden jungen Generation von<br />

Ingenieuren aber nur schwer zu vermitteln<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Was genau wird denn im Bereich der<br />

Kernenergie <strong>in</strong> Deutschland erforscht?<br />

Im Bereich der nuklearen Entsorgung,<br />

des Strahlenschutzes und der Strahlenmediz<strong>in</strong><br />

müssen wir <strong>in</strong> Deutschland<br />

Zeitbild Wissen<br />

auch langfristig forschen. Dazu kommt<br />

die Behandlung von radioaktiven Abfällen,<br />

zum Beispiel die Umwandlung langlebiger<br />

Nuklide mittels sogenannter P+T-<br />

Verfahren. E<strong>in</strong> anderes Beispiel ist das <strong>in</strong><br />

Deutschland entwickelte Entscheidungshilfesystem<br />

RODOS, e<strong>in</strong>e Software, die<br />

die Ausbreitung von Radioaktivität und<br />

notwendige Katastrophenschutzmaßnahmen<br />

berechnet. Dieses System wurde<br />

auf die Situation <strong>in</strong> Fukushima, Japan,<br />

umgeschrieben und half den Behörden<br />

bei wichtigen Entscheidungen, etwa über<br />

Evakuierungen.<br />

Dieses System fand aber auch bei der<br />

Berechnung der Ausbreitung der Aschewolke<br />

bei Vulkanausbrüchen Anwendung.<br />

Ursprünglich <strong>in</strong> der Kerntechnik<br />

entwickelte Expertise wird auf diese Weise<br />

umorientiert und kann im Zuge der Energiewende<br />

neu e<strong>in</strong>gesetzt werden. Beispiele<br />

s<strong>in</strong>d die Flüssigmetalltechnologie für Solarthermie,<br />

Wasserstoff-Sicherheitstechnologie<br />

etwa für Brennstoffzellen und<br />

Wasserstofftanks <strong>in</strong> der Mobilität oder die<br />

Forschung für Hochtemperatur-Energiematerialien.<br />

Was antworten Sie denn jungen Leuten<br />

auf die Frage, ob sie jetzt überhaupt<br />

noch e<strong>in</strong> Fach studieren sollten,<br />

das mit Kernenergie zu tun hat?<br />

Wer sich gezielt für Kernphysik oder<br />

Radiochemie <strong>in</strong>teressiert, der sollte diese<br />

Fächer auch studieren, denn die Betätigungsfelder<br />

im In- und Ausland s<strong>in</strong>d groß<br />

und im späteren Berufsleben ke<strong>in</strong>eswegs<br />

auf Kernenergie beschränkt. Die Nachfrage<br />

nach Energietechnik-Fachleuten<br />

wird weiter anhalten, im Bereich Reaktortechnik<br />

wird sie <strong>in</strong> Deutschland jedoch<br />

über kurz oder lang verschw<strong>in</strong>den. Wer <strong>in</strong><br />

diesem Bereich arbeiten will, wird das im<br />

Ausland tun. Deshalb <strong>in</strong>teressieren sich<br />

auch besonders viele ausländische Studierende<br />

für diese Ausbildung bei uns, denn<br />

deutsche Universitäten s<strong>in</strong>d auf diesem<br />

Gebiet heute weltweit führend.<br />

Was die Jobchancen betrifft – nun,<br />

Ingenieure werden <strong>in</strong> allen Bereichen<br />

händer<strong>in</strong>gend gesucht! Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Ingenieurnation,<br />

und das wird auch so<br />

bleiben. E<strong>in</strong>e gute, breit angelegte Ausbildung,<br />

sei es zum Beispiel <strong>in</strong> der Elektrotechnik,<br />

<strong>in</strong> der Verfahrenstechnik oder<br />

im Masch<strong>in</strong>enbau, ist die beste Grundlage.<br />

Damit kann man sich später auf<br />

Erneuerbare Energien, konventionelle<br />

Kraftwerkstechnik oder Kerntechnik spezialisieren<br />

– und die Tätigkeitsbereiche<br />

im Berufsleben auch wechseln. Das gehört<br />

heute selbstverständlich dazu, ebenso wie<br />

e<strong>in</strong>e Berufstätigkeit im Ausland.<br />

Ausgewählte Universitäten<br />

und Hochschulen<br />

• RWTH Aachen (Prof. Allele<strong>in</strong>)<br />

• Universität Stuttgart<br />

(Prof. Starfl<strong>in</strong>ger)<br />

• Technische Universität München<br />

(Prof. Macian)<br />

• Ruhruniversität Bochum<br />

(Prof. Koch)<br />

• Technische Universität Dresden<br />

(Prof. Hurtado)<br />

Ausgewählte Forschungse<strong>in</strong>richtungen<br />

• Karlsruher Institut für Technologie<br />

(KIT)<br />

• Helmholtz-Zentrum Dresden-<br />

Rossendorf (HZDR)<br />

• Forschungszentrum Jülich (FZJ)<br />

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