Jugendhilfe Band 07 - Wirkungsorientierte Jugendhilfe
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●● Erfahrungswerte aus der Vergangenheit und<br />
●● Pauschale Honorare, die auf einer wertschätzenden<br />
Preisbildung beruhen.<br />
In der pädagogischen Fachdiskussion wird häufig die<br />
Meinung vertreten, dass wirkungsorientierte Entgelte<br />
zukünftig nicht mehr aus der Addition von Entstehungskosten<br />
resultieren, sondern das Ergebnis einer<br />
Werteinschätzung der Wirkungsziele sein sollen. 12<br />
Nicht Kosten sondern Wirkungen sollen den Preisen<br />
gegenüber stehen.<br />
In der Praxis sind wir von derartigen Zukunftsszenarien<br />
zurzeit noch weit entfernt. So gibt es beispielsweise<br />
auf der Seite der Einrichtungsträger zahlreiche<br />
wirtschaftliche Gründe (Going-Concern-Prinzip, Kfm.<br />
Vorsichtsprinzip, Risk-Management, Fürsorgepflicht<br />
bezüglich der eigenen MitarbeiterInnen, etc.) die es im<br />
Rahmen der Wirkungsorientierung zu berücksichtigen<br />
gilt und die auf der Seite der Einrichtungsträger Vorkalkulationsverfahren<br />
als Vorstufe bzw. Wirtschaftlichkeitskorrektiv<br />
noch unverzichtbar machen.<br />
Die zur Erbringung der Leistungen notwendigen<br />
Entstehungskosten im Rahmen von wirkungsorientierten<br />
Entgeltvereinbarungen, die auf „gleicher<br />
Augenhöhe“ erfolgen sollen, werden nach meiner<br />
Meinung auch zukünftig eine bedeutsame Rolle im<br />
Kontext von Leistungsentgeltvereinbarungen in der<br />
Erziehungshilfe spielen.<br />
Zu beachten ist das Problem der Leistungs- bzw.<br />
Wirkungsbemessung durch den „Kunden“. Das von<br />
Schröder 13 herangezogene Beispiel vom Fensterputzer<br />
soll dies verdeutlichen. Ein Fensterputzer erbringt<br />
eine nicht personenbezogene Dienstleistung. Es stellt<br />
sich die Frage, ob ein solcher Dienstleister dafür bezahlt<br />
wird, dass er die Fensterscheibe reinigt oder ob<br />
er dafür bezahlt wird, dass die Scheibe sauber wird.<br />
Dieses Beispiel diente im Rahmen des Bundesmodellprojektes<br />
„<strong>Wirkungsorientierte</strong> Steuerung in der<br />
Kommunalen Altenhilfe der Stadt Leverkusen“ zur<br />
Verdeutlichung des Begriffes Wirkungsorientierung.<br />
Für die Erbringung von personenbezogenen<br />
12 Vgl. ebenda., S. 183.<br />
13 Vgl. Schröder, Jan, Bundesmodellprojekt „<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />
Steuerung in der kommunalen Altenhilfe der Stadt Leverkusen“.<br />
Zwischenbericht zum Abschluss der Phase I, August<br />
2001 – März 2002 des vom Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend geförderten Projektes, 2002, S. 34.<br />
Dienstleistungen im Bereich der erzieherischen Hilfen<br />
könnte man ähnlich fragen, ob nicht genauso wie bei<br />
der Auftragserteilung an einen Fensterputzer allein<br />
der Preis gezahlt werden sollte, der aus Sicht des Auftraggebers<br />
als glaubwürdig bzw. als entsprechender<br />
Gegenwert der zu erzielenden und auch gewünschten<br />
Wirkung gesehen wird. Nun wird es aber immer auch<br />
Situationen geben, in denen die zu reinigende Scheibe<br />
verdreckter ist als andere Scheiben und der erforderliche<br />
Reinigungsaufwand höher sein wird. Weiterhin<br />
wird es auch unterschiedliche Auffassungen zwischen<br />
Auftraggeber und Auftragnehmer bezüglich<br />
der Einschätzung eines monetären Gegenwertes für<br />
die erzielte Wirkung geben. Aus Sicht des Leistungserbringers<br />
gibt es einen betriebswirtschaftlich bedingten<br />
Grenzpunkt, ab dem sich die Leistungserbringung<br />
aus ökonomischen Gründen nicht mehr lohnt, da negative<br />
Deckungsbeiträge entstehen. Um diesen Punkt<br />
bestimmen zu können, sind Vorkalkulationsverfahren<br />
für den Bereich der Einrichtungsträger – auch im Zeitalter<br />
von wirkungsorientierten Entgeltvereinbarungen<br />
– unverzichtbar. Richtig ist, dass es dem Auftraggeber<br />
egal sein kann, wie hoch z. B. die Personalkosten<br />
für eine Verwaltungsmitarbeiterin des Fensterputzers<br />
sind. Aus Sicht des Leistungserbringers sind diese besonderen,<br />
zur Wirkungserbringung notwendigen Personalkosten<br />
dennoch real vorhanden und somit auch<br />
aus dessen Sicht zu refinanzieren.<br />
4 Rahmenvertragliche Rege-<br />
lungen nach § 78 f SGB VIII<br />
Die im Rahmen der Vorkalkulation ermittelten Entgeltbestandteile<br />
können nicht ohne weiteres in jede<br />
Entgeltverhandlung einfließen, da in nahezu allen<br />
Bundesländern überörtliche Vorgaben (Standards und<br />
Berechnungsarithmetik) der Rahmenvereinbarungen<br />
nach § 78 f SGB VIII zu beachten sind. Diese auf Landesebene<br />
zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden<br />
und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege<br />
vereinbarten Rahmenverträge beinhalten ohne<br />
Ausnahme erhebliche Gestaltungsspielräume für die<br />
Träger der Freien und der Öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong>. Leider<br />
orientieren sich die meisten bestehenden Rahmenverträge<br />
nach § 78 f SGB VIII noch immer in vielen De-<br />
Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 11