Jugendhilfe Band 07 - Wirkungsorientierte Jugendhilfe

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2 Management Summary Ein Anreizsystem kann nur dann Wirkung entfalten, wenn es in eine konsistente Gesamtsteuerung eingebunden ist. Ein Instrument wie die Vereinbarungen nach §§ 77, 78 SGB VIII ist zunächst ein Werkzeug, das entsprechend genutzt werden muss. Anreizelemente sollten so ausgerichtet sein, dass sie Veränderungen und Innovationen unter den Anbietern sozialer Dienstleistungen anregen, und einen Wettbewerb nicht nur um Preis, sondern um Qualität befördern. Diesen dafür notwendigen Austausch untereinander kann vor allem durch nicht fiskalische Ansätze gefördert werden, die auf der Transparenz der Ergebnisqualitäten basieren, wodurch eine immense Dynamik im Leistungsgeschehen entwickelt werden kann. Die Transparenz der Ergebnisse ist ein zentraler Bestandteil aller Anreizelemente, ob finanzieller oder immaterieller Natur. Bei der Auswahl und Definition von Ergebnissen können die Weichen für ein effektives und ergebnisorientierte Steuerung gestellt werden, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Anreizsystems. Oft ist es nicht eine neue Methode oder ein neues Finanzierungssystem, das zu mehr Ergebnisorientierung der Leistungserbringung führt, sondern das konsequente Nutzen bereits bestehender Steuerungsmöglichkeiten. Bei der Neugestaltung einzelner Stellschrauben in der Steuerung ist es hilfreich, immer das gesamtstrategische Interesse der Kommune im Hinblick auf die Ausgestaltung der sozialen Infrastruktur und der Wettbewerbssituation vor Ort im Auge zu behalten. 3 Typisierung ergebnisorientierter Anreizsysteme Im Folgenden werden sehr unterschiedliche Typen und Modelle von ergebnisorientierten Anreizsystemen im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit und Nützlichkeit im Bereich erzieherischer Hilfen geprüft. Was machen positive und produktive Anreize für freie Träger sowie Klienten im sozialen Dienstleistungssektor aus? ●● Philosophie und Sichtweise auf den sozialen Dienstleistungssektor Entscheidend ist, welche Philosophie und Sichtweise auf den sozialen Dienstleistungssektor durch die Ausgestaltung des Anreizsystems transportiert wird. Durch einen positiven Anreiz wird deutlich, dass nicht Sanktion des Anbieters das Ziel ist, sondern die Reduzierung des Zielkonfliktes zwischen sozialpädagogischen Zielen und wirtschaftlicher Interessen. Der Träger soll unterstützt werden, fachlich erfolgreich zu sein, ohne finanziell dafür bestraft zu werden. ●● Lernprozesse fördern und Veränderungen anstoßen Ein Anreiz ist dann als positiv für die Wettbewerbskultur einer Stadt zu sehen, wenn er Lernprozesse unter den Trägern ermöglicht und Veränderungen anregt. Ein Anbieter, der Fehler macht und daraus lernt, bringt den Prozess um eine höhere Wirksamkeit erzieherischer Hilfen voran. ●● Orientierung am individuellen Bedarf hat oberste Priorität Ein positives Anreizsystem fördert bzw. behindert zumindest nicht die Orientierung am Einzelfall im Rahmen des Hilfeverlaufs. Die individuelle Passgenauigkeit der Hilfe sollte immer im Vordergrund stehen. Dies kann gerade bei Steuerungsinstrumenten, die sich auf bestimmte Maßnahmetypen beziehen, ein heikler Punkt sein. Nicht intendierte Steuerungswirkungen sind die Folge. Ausgewertet werden ergebnisorientierte Anreizsysteme aus den Bereichen Hilfen zur Erziehung, Erziehungsberatungsstellen, Scheidungs- und Trennungsberatung, Altenhilfe, Jugendsozialarbeit, Schuldnerberatung. Herangezogen werden teilweise auch die Erfahrungen von Wirtschaftsunternehmen, insbesondere wenn es um die Ausgestaltung immaterieller Anreizsysteme geht. Grundsätzlich kann zwischen Anreizsystemen für freie Träger und für die Klienten unterschieden werden. Darüber hinaus: 34 |Wirkungsorientierte Jugendhilfe Band 07
Typen ergebnisorientierter Anreizsysteme Immaterielle Anreize Öffentliche Anerkennung Veröffentlichung der Ergebnisse Benchmarking Ergebnisqualität im Controlling Unmittelbar monetäre Anreize Zahlung bei Zielerreichung Bonus/Malus Ergebnisklassen Degressiver Entgeltsatz Degressiver Entgeltsatz mit Zulagensystem Mittelbar monetäre Anreize Ergebnisorientierte Anbieterauswahl Persönliches Budget Flexible Fallpauschalen Kompensation bei Leerstand auf Grund von Erfolg 4 Anwendbarkeit der einzelnen Typen von Anreizsystemen im Bereich Hilfen zur Erziehung 4.1 Immaterielle Anreizsysteme für freie Träger In Kürze: Immaterielle Anreizsysteme sind wirkungsvoll, weil sie oftmals auf der Transparenz der Ergebnisse basieren. Vor diesem Hintergrund kann eine Fehlerkultur und ggf. auch eine systematisierte Form des Austausches in der Trägerlandschaft unterstützt werden. Sie alleine reichen aber nicht aus, weil die Anbieter sozialer Dienstleistungen unter wirtschaftlichen Zwängen agieren, auf Grund der fehlenden Kongruenz sozialpädagogischer und fachlicher Interessen. Immaterielle Anreizsysteme im Bereich der sozialen Dienstleistungen basieren darauf, dass die Erfolge oder eben auch die Misserfolge der Anbieter transparent gemacht werden. Diese Transparenz kann unterschiedliche Formen annehmen: ●● Transparenz der Ergebnisse in der Öffentlichkeit Immaterielle Anreizsysteme im Bereich der sozialen Dienstleistungen in Form von öffentlicher Anerken- nung der Ergebnisse eines Trägers können auf die Mitarbeiterebene und die Führungsebene der Einrichtung abzielen. Gestützt durch kleine Gesten der Stadt, wie beispielsweise Freikarten etc. kann Mitarbeitern einer Einrichtung öffentliche Anerkennung ihrer Arbeit zuteil werden. Dies wird gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrem Engagement bestärken, etwas, das den sozialen Einrichtungen auch als Unternehmen direkt zu Gute kommt. Dieses Element kann sicherlich nur einrichtungsinterne Systeme ergänzen, sollte aber auch nicht unterschätzt werden. Zumal es sehr einfach umzusetzen ist und kaum Transaktionskosten verursacht sowie zusätzliche Mittel erfordert. An die Führungsebene gerichtet dienen Anreizelemente in Form der öffentlichen Anerkennung dazu, das Prestige der Einrichtung zu steigern. Denkbar sind Veröffentlichungen in den Medien, eine einmalige Veranstaltung etc.. Eine zusätzliche Dynamik entsteht, wenn nicht nur die Ergebnisse eines Trägers, sondern aller Anbieter veröffentlicht werden, beispielsweise in einer öffentlich zugänglichen Datenbank. Dies wäre insbesondere in Verbindung mit dem persönlichen Budget für die Nutzerinnen beispielsweise für Erziehungsberatungsstellen oder für sozialpädagogische Familienhilfen ein interessanter Ansatz. ●● Transparenz im Kreis der Anbieter Ein anderer Ansatz ist es, die Ergebnisse nur im Kreis der Anbieter transparent zu machen. Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 35
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