Jugendhilfe Band 07 - Wirkungsorientierte Jugendhilfe
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Kein in der Bundesrepublik Deutschland auf Landesebene<br />
abgeschlossener Rahmenvertrag nach § 78 f<br />
SGB VIII regelt zurzeit Bestandteile wirkungsorientierter<br />
Entgeltvereinbarungen. Die nach § 78 e (3) SGB<br />
VIII gebildeten Landeskommissionen haben den lokalen<br />
Akteuren an den Modellstandorten (Tandems,<br />
bestehend jeweils aus einem öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong>träger<br />
als Leistungsträger sowie Trägern von Einrichtungen<br />
als Leistungsanbieter) eine Erprobung von<br />
wirkungsorientierten Entgeltsystemen auch abweichend<br />
von bestehenden Regelungen ermöglicht.<br />
Mit Blick auch auf andere Bereiche des Sozialgesetzbuches<br />
halte ich es für eher unwahrscheinlich,<br />
dass im Rahmen des Bundesmodellprogramms zur<br />
„<strong>Wirkungsorientierte</strong>n Qualifizierung der Hilfen zur<br />
Erziehung“ völlig neuartige Entgeltssysteme zum Einsatz<br />
kommen werden. Vielmehr lassen sich im Bereich<br />
der Sozialwirtschaft bereits bestehende Entgeltsysteme<br />
mit einer wirkungsorientierten Komponente verknüpfen.<br />
Es geht um eine Optimierung des bestehenden<br />
Systems. Bei der Erarbeitung wirkungsorientierter<br />
Leistungsentgeltsysteme wird die Fachwelt mit<br />
einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf bestehende<br />
Logiken und Erfahrungen zurückgreifen. <strong>Wirkungsorientierte</strong><br />
Entgeltsysteme werden in höchst unterschiedlichen<br />
Formen und Ausprägungen entstehen<br />
und sind abhängig von regionalen Gegebenheiten. Es<br />
sei daran erinnert, dass der Paradigmenwechsel des<br />
§ 78 a – f und die nachfolgende Vereinbarung landesweiter<br />
Regelungen erst vor kurzer Zeit (< 10 Jahre)<br />
stattgefunden hat.<br />
Im Folgenden werde ich zunächst aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht und auf einer abstrakten Ebene<br />
umfangreich auf mögliche Entgeltkalkulationsverfahren<br />
und daraus folgend auf bestehende Entgeltsysteme<br />
in der <strong>Jugendhilfe</strong> eingehen sowie deren Einsatzmöglichkeiten<br />
im Rahmen von wirkungsorientierten<br />
Entgeltvereinbarungen prüfen. Weiterhin werde ich<br />
auf Anreizsysteme als wirkungsorientiertes Element<br />
eingehen und abschließend Anforderungen an wirkungsorientierte<br />
Leistungsentgeltsysteme beschreiben.<br />
2 Entgeltkalkulationsverfahren<br />
Leistungsanbieter im Bereich der Erziehungshilfe benötigen<br />
das Instrument der Entgeltkalkulation um<br />
feststellen zu können, ob die Kosten von Erziehungshilfeleistungen<br />
durch das Leistungsentgelt gedeckt<br />
werden und welches die von der Kostenseite gesehene<br />
Preisgrenze für die zu erbringende Dienstleistung<br />
darstellt.<br />
2.1 Die Vorkalkulation als Bemessungsgrundlage<br />
der Entgeltvereinbarung<br />
Ein gängiges Verfahren ist die Vorkalkulation. Auf der<br />
Seite des Einrichtungsträgers erfolgt die Ermittlung<br />
von Leistungsentgelte i. d. R. im Rahmen einer Vorkalkulation<br />
durch Bewertung der sog. Entstehungskosten.<br />
Das Prinzip der Vorkalkulation berücksichtigt grundsätzlich<br />
prospektive Kostenbestandteile und Leistungsparameter.<br />
Der Einrichtungsträger übernimmt<br />
hierbei das betriebswirtschaftliche Risiko einer verlustbringenden<br />
Fehlkalkulation. Der Träger der Öffentlichen<br />
<strong>Jugendhilfe</strong> hat dem gegenüber für das Risiko<br />
einer zu aufwendigen Kalkulation einzustehen.<br />
Bei der Vorkalkulation unterscheidet man in der<br />
Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zwischen der<br />
Divisionskalkulation und der Zuschlagskalkulation<br />
unter Anwendung der Vollkostenrechnung sowie den<br />
Kalkulationsverfahren der Teilkostenrechnung. Für<br />
den Bereich der <strong>Jugendhilfe</strong> sind die Verfahren der Teilkostenrechnung<br />
und die Zuschlagskalkulation für die<br />
Ermittlung von Leistungsentgelten ohne Bedeutung.<br />
Ein weiteres, modernes Kalkulationsverfahren ist<br />
das Zielkostenmanagement. Divisionskalkulation<br />
und Zielkostenmanagement sollen im Folgenden näher<br />
vorgestellt werden. Ergänzend soll danach auf das<br />
eher konträr zu den üblichen vertikalen Vorkalkulationsverfahren<br />
stehende horizontale Marktpreisverfahren<br />
und auf weitere Praxisbeispiele eingegangen<br />
werden.<br />
Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 7