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Soziale Arbeit mit Kindern von alkoholabhängigen Vätern

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als moralisches Problem angesehen wurde. Puritanisch geprägte Theologen beispielsweise<br />

hatten gegen diese revolutionären Ansichten klare Einwände: Sie hielten daran fest, dass<br />

jeder Trinker ein Sünder sei (vgl. Feuerlein 1999, 13f). Auch in Europa wurde die Trunksucht<br />

als Ausdruck <strong>von</strong> Willens- und Charakterschwäche, seelischer Labilität oder im besten Falle<br />

noch als ein Symptom psychischer bzw. sozialer Grundstörungen verstanden (vgl. Schmidt<br />

1997, 27). Verschiedene Autoren haben Alkoholabhängigkeit in jener Zeit und auch in den<br />

Folgejahren in ihren Publikationen <strong>mit</strong> stigmatisierenden Aussagen umschrieben. So wurde<br />

Alkoholabhängigkeit beispielsweise als „Symptom periodischen Irreseins“ oder als „eine<br />

Form psychischer Epilepsie“ beschrieben. Noch im Jahre 1926 verglich Delbrück<br />

alkoholabhängige Personen <strong>mit</strong> „unverbesserlichen Gewohnheitsverbrechern“ (vgl. Schmidt<br />

1997, 27).<br />

Die rasante Entwicklung der Alkoholismusforschung und da<strong>mit</strong> zusammenhängend deren<br />

laufend neue Erkenntnisse und Ergebnisse forderten eine vermeintlich notwendige Revision<br />

des herkömmlichen Denkens über Alkoholabhängigkeit. Vermeintlich meine ich deshalb, weil<br />

Alkoholiker auch in unseren Tagen immer noch sehr unterschiedlich bewertet und sehr oft<br />

diskriminiert werden. Von vielen Leuten wie übrigens teilweise auch <strong>von</strong> Vertretern <strong>von</strong> Heilund<br />

Hilfsberufen werden sie als Charakter- und Willensschwache, Labile, Asoziale, Sünder,<br />

Neurotiker und als Psychopathen beurteilt. Je nach subjektiver Sicht werden sie bestraft,<br />

erzogen, belehrt, bekehrt oder behandelt. Das Schicksal des Alkoholabhängigen liegt häufig<br />

in der jeweiligen Einschätzung seines Umfeldes, z. B. seines <strong>Arbeit</strong>gebers, Richters oder<br />

Arztes. Die eher ablehnende Einstellung gegenüber Alkoholikern ist mehr als nur Ausdruck<br />

mangelnder Information oder unangenehmer Erfahrungen <strong>mit</strong> ihnen; sie ist auch unbewusste<br />

Abwehr. Oft stören Alkoholiker die Illusion <strong>von</strong> der Harmlosigkeit, der Beschwingtheit und<br />

Poesie des Alkoholkonsums. Sie bieten ein breites Projektionsfeld für eigene<br />

Unzulänglichkeiten und Schuldgefühle (vgl. Schmidt 1997, 27f).<br />

Die Epidemiologie betreffend kann grundsätzlich festgehalten werden, dass der Alkohol im<br />

Laufe der Jahrhunderte einen ständig grösser werdenden Einzug in das Alltagsleben hielt.<br />

Sein Genuss manifestierte sich in Sitte und Brauchtum und die Menschen integrierten ihn als<br />

Mittel zum Schutz gegen Krankheiten wie auch als Nahrungs<strong>mit</strong>tel. Durch die<br />

Industrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden moderne<br />

Herstellungsverfahren. So<strong>mit</strong> wurde das Angebot <strong>von</strong> alkoholhaltigen Genuss<strong>mit</strong>teln, selbst<br />

in Nahrungs<strong>mit</strong>teln (z. B. in Schokolade oder Tee), reichhaltiger, die Mengen grösser, die<br />

einzelnen Produkte billiger und dadurch für praktisch alle Bevölkerungsschichten<br />

zugänglicher (vgl. Böhmert 1903, 367f).<br />

2.2 Soziokulturelle Bewertungen des Alkohols

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