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Soziale Arbeit mit Kindern von alkoholabhängigen Vätern

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sein Leben verliert, gewinnt er seine Kontrolle über die Familie. So steht er bald im<br />

Mittelpunkt, zieht die volle Aufmerksamkeit und Zuwendung auf sich und installiert Regeln,<br />

welche die Mutter und die Kinder dann einhalten (vgl. Arenz-Greiving 1998, 9f). Diese<br />

Regeln hat Black (1988, 43ff) kurz und prägnant zusammengefasst: „Rede nicht, traue nicht,<br />

fühle nicht!“ Kinder alkoholabhängiger Väter sind angehalten, ihr Verhalten nach diesen<br />

Regeln auszurichten. Sie lernen diese früh und intensiv. Diese Regeln werden durch Blicke,<br />

Gesten und Reaktionen unausgesprochen ver<strong>mit</strong>telt. Sie halten das Familiensystem<br />

geschlossen und blockieren die individuelle Entwicklung jedes Familien<strong>mit</strong>gliedes. Der<br />

Ausprägungsgrad der einzelnen Regeln ist familienspezifisch (vgl. Arenz-Greiving 1998, 26).<br />

1.2 Situation und Atmosphäre in der alkoholbelasteten Familie<br />

Die Fachpersonen sprechen in der Suchtfamilie <strong>von</strong> einer Atmosphäre, in der<br />

Angespanntheit, Unruhe, Angst, Verunsicherung, Hilflosigkeit und emotionale Kälte<br />

vorherrschen (vgl. Arenz-Greiving 1998, Köppl / Reiners 1987, Klein / Zobel 1997 und<br />

andere mehr).<br />

Jedes Familien<strong>mit</strong>glied erlebt die Abhängigkeit des Vaters hautnah; niemand kann sie<br />

übersehen: Alkohol und Erbrochenes riecht man! Ein betrunkener Vater kann hemmungslos<br />

weinen oder laut und bedrohlich <strong>mit</strong> jedem streiten, der ihm über den Weg läuft. Seine<br />

Stimmung kann rasant, ohne erkennbare Ursache, <strong>von</strong> einer Euphorie in eine Depression<br />

wechseln. Ein Kind kann so nie wissen, was in der nächsten Stunde genau passiert. Die<br />

Gespräche zwischen Vater und Mutter arten fast immer in Streitereien aus. Der Vater muss<br />

aus dem Restaurant, aus dem Bekanntenkreis oder da, wo er eben gestrandet ist, abgeholt<br />

werden. Die Kinder werden beispielsweise nachts allein gelassen oder sie werden zum<br />

Begleitschutz <strong>mit</strong> ins Restaurant geschickt. Kommen sie dann ohne den Vater wieder heim,<br />

werden sie <strong>von</strong> der co-abhängigen Mutter (vgl. 1.4) ausgeschimpft. Die Kommentare der<br />

Nachbarn und / oder der Mitschüler, die den betrunkenen Vater z. B. schwankend und<br />

lallend gesehen haben, werden immer unüberhörbarer. Dennoch wird gerade in der Familie<br />

selbst, also dort wo alle Bescheid wissen, beharrlich geschwiegen. Die nichttrinkende, coabhängige<br />

Mutter verheimlicht die Sucht vor den <strong>Kindern</strong>. Diese verstehen den Hinweis,<br />

nehmen ihn in ihr Verhaltensrepertoire auf, und schweigen ebenfalls. So kann es kommen,<br />

dass selbst Geschwister sich nicht über das Trinken des Vaters austauschen (vgl. Lambrou<br />

2000, 26). In der Fachliteratur wird dieses Schweigen und die Grundhaltung „Niemand soll<br />

es merken“ einheitlich als auffälliges Merkmal einer betroffenen Familie bezeichnet. Für die<br />

Kinder kann diese auferlegte Wahrung des Familiengeheimnisses besonders belastend sein.<br />

Für sie kann das heissen, dass sie in der Schule die Familiensituation vertuschen müssen.<br />

Es kann weiter heissen, dass sie – falls es ihnen überhaupt gelingt, Kontakt zu Gleichaltrigen<br />

aufzunehmen – niemanden spontan <strong>mit</strong> nach Hause bringen können oder dürfen. So<strong>mit</strong>

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