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IHK Wirtschaftsraum: Ausgabe Januar

Eine bessere Integration von Frauen, Älteren und Menschen mit Behinderungen in unseren Arbeitsmarkt wird der Gewinnung von Fachkräften in unserem Standort sicher helfen. Noch wichtiger ist es, die Schüler an unseren Gymnasien über die enormen Chancen der dualen Ausbildung zu informieren. Kurzfristig lässt sich unsere Fachkräftelücke durch eine Personengruppe reduzieren, die wir viel zu oft als Last wahrnehmen: Flüchtlinge. Viele von ihnen sind gut qualifiziert. Wollen wir diese Menschen wirklich jahrelang in Flüchtlingsunterkünften absondern? Integrieren wir sie – den Nutzen haben wir alle!

Eine bessere Integration von Frauen, Älteren und Menschen mit Behinderungen in unseren Arbeitsmarkt wird der Gewinnung von Fachkräften in unserem Standort sicher helfen. Noch wichtiger ist es, die Schüler an unseren Gymnasien über die enormen Chancen der dualen Ausbildung zu informieren. Kurzfristig lässt sich unsere Fachkräftelücke durch eine Personengruppe reduzieren, die wir viel zu oft als Last wahrnehmen: Flüchtlinge. Viele von ihnen sind gut qualifiziert. Wollen wir diese Menschen wirklich jahrelang in Flüchtlingsunterkünften absondern? Integrieren wir sie – den Nutzen haben wir alle!

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Thema | Inklusion<br />

Arbeitsmarkt statt Asyl<br />

Wie soll Flüchtlingen der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden<br />

Stefan Grüttner, Hessischer Minister für Soziales und Integration, im Interview<br />

Asylanträge in<br />

136.039 Deutschland allein<br />

von <strong>Januar</strong> bis September 2014 – das<br />

ergibt ein Plus von 57,2 Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr. Ganz Europa erlebt<br />

gerade einen großen Anstieg der Flücht -<br />

lingszahlen. Viele dieser Menschen kommen<br />

aus Syrien und dem Irak sowie aus<br />

anderen Staaten im Mittleren Osten.<br />

Darüber hinaus kommen viele Asylbe -<br />

werber aus Ex-Jugoslawien und Albanien<br />

zu uns. Darunter sind viele gut ausge -<br />

bildete und motivierte Menschen. Sie<br />

könnten unseren Fachkräfte-Mangel<br />

rasch lindern. Kann die Politik der Wirt -<br />

schaft helfen, indem sie die Flüchtlinge<br />

schnell und unbürokratisch dem Arbeits -<br />

markt zur Verfügung stellt Sechs Fragen<br />

an Hessens Sozialminister Stefan Grüttner.<br />

Herr Minister: Deutschland ist seit<br />

langem ein Einwanderungsland. Hier<br />

leben über 15 Millionen Menschen mit<br />

Migrationshintergrund, rund die Hälfte<br />

dieser Menschen ist bereits eingebürgert.<br />

Jetzt kommen wieder viele Flüchtlinge:<br />

Wie sollen wir mit ihnen umgehen<br />

Grüttner: Höchste Priorität haben zu -<br />

nächst eine menschenwürdige Unter -<br />

bringung und Versorgung der schutzsuchenden<br />

Flüchtlinge. Diese Aufgabe muss<br />

von den Kommunen, dem Land und dem<br />

Bund gleichermaßen geschultert werden.<br />

Dazu gehört aber auch das enorme eh -<br />

ren amtliche Engagement, das von zahlreichen<br />

Bürgerinnen und Bürgern dieses<br />

Landes in diesem Bereich geleistet wird.<br />

Mein Ziel ist es, ein Zeichen wahrer Will -<br />

kommenskultur zu setzen und Flücht -<br />

linge frühzeitig die Möglichkeit zu öffnen,<br />

sich am gesellschaftlichen Leben zu<br />

beteiligen. Damit dies gelingt, werden<br />

derzeit auf allen politischen Ebenen<br />

et liche Maßnahmen ergriffen, etwa die<br />

von Hessen unterstützte gesetzliche<br />

Rege lung zum Zugang zum Arbeitsmarkt<br />

bereits nach drei Monaten.<br />

: Der <strong>IHK</strong>-Fachkräftemonitor mag nur<br />

eine Prognose sein. Aber sie ist unbestechlich<br />

und ehrlich: Bis zum Jahr 2020<br />

fehlen allein in Hessen 133.000 Fach -<br />

kräfte, darunter 8.000 Akademiker. Im<br />

Main-Kinzig-Kreis sieht es ähnlich aus:<br />

Es fehlen bis dahin fast 10.000 Fachkräfte,<br />

von denen 9.000 in nicht-akademischen<br />

Be rufen vermisst werden. Welche<br />

Chancen ergeben sich durch die Flücht -<br />

linge für unseren Arbeitsmarkt<br />

Grüttner: Wir begrüßen die erleichterten<br />

Bedingungen zur Arbeitsaufnahme für<br />

Flüchtlinge. Wenn Flüchtlinge qualifiziert<br />

sind und die Wirtschaft sie benötigt, ist<br />

es ökonomisch sinnvoll, diesen schnell<br />

den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.<br />

Gerade junge Menschen müssen<br />

bei entsprechender Eignung möglichst<br />

sofort in Ausbildung gebracht werden.<br />

: Aus Sicht der Unternehmen ist die<br />

Beschäftigung von Flüchtlingen juristisch<br />

kompliziert. Welche Möglichkeiten sehen<br />

Sie, diese vielleicht nur befürchteten<br />

Hürden wegzuräumen<br />

Grüttner: Um diese „Hürden“ zu beseitigen,<br />

hat die Politik aktuell die Weichen<br />

gestellt. Die Bundesregierung hat mit der<br />

Unterstützung des Landes Hessen ein<br />

Gesetz zur Erleichterung des Arbeits -<br />

marktzugangs verabschiedet, wonach<br />

Asylbewerber und geduldete Ausländer<br />

bereits nach drei Monaten Zugang zum<br />

Arbeitsmarkt bekommen. Eine frühzeitige<br />

Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist insbesondere<br />

unter demografischen und<br />

integrationspolitischen Gesichtspunkten<br />

sinnvoll. Nicht zuletzt bedeutet der frühzeitige<br />

Zugang zum Arbeitsmarkt für<br />

viele Asylbewerber, die arbeiten wollen<br />

und können, auch eine Chance auf ein<br />

selbstbestimmtes Leben.<br />

: Zuwanderer kosten Geld – es sei denn,<br />

sie werden in den Arbeitsmarkt integriert.<br />

Was können die Unternehmen tun, damit<br />

die Zuwanderer möglichst schnell Lohn<br />

und Brot finden Und wie kann die Politik<br />

helfen, damit sich die Potenziale der<br />

Zuwanderung besser entfalten können<br />

Grüttner: Das Erlernen der deutschen<br />

Sprache ist ein maßgeblicher Bestandteil<br />

zur Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft.<br />

Es ist eine zentrale Aufgabe, die Kennt -<br />

nisse der deutschen Sprache weiter<br />

auszubauen und sicherzustellen, dass<br />

Flüchtlingen ausreichend Angebote der<br />

Information, Beratung und gegebenenfalls<br />

Förderung zur beruflichen Integra -<br />

tion zur Verfügung gestellt werden.<br />

Da mit dieses Ziel erreicht werden kann,<br />

haben die Arbeits- und Sozialminister<br />

der Länder auf Ihrer Konferenz am<br />

26./27. November in Mainz die Bundes -<br />

regierung gebeten, für die Fachkräfte -<br />

sicherung und die Arbeitsmarkt integra -<br />

tion die Inte gra tionskurse für alle Flücht -<br />

linge zu öffnen sowie darauf aufbauend<br />

eine durchgängige Finanzierung der<br />

Deutschkurse sicherzustellen und für<br />

alle Leistungs berechtigten nach dem<br />

22 | <strong>Wirtschaftsraum</strong> | Hanau-Kinzigtal | <strong>Januar</strong> 2015

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