Ãrzteblatt - qs- nrw
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Fortbildung<br />
der Studienteilnehmer konnte eine Blutprobe<br />
gewonnen werden. Diese Blutprobe wurde<br />
unmittelbar nach der Entnahme fraktioniert<br />
und in Flüssigstickstoff zur späteren Analyse<br />
eingefroren. Die Erfassung neu auftretender<br />
Erkrankungen im weiteren Studienverlauf erfolgt<br />
ausschließlich postalisch. Das Deutsche<br />
Institut für Ernährungsforschung versendet<br />
speziell entwickelte und getestete Fragebogen<br />
für die Nachbeobachtung.<br />
Erstuntersuchung<br />
1994 1998<br />
Nachbeobachtung<br />
1997 2008<br />
Abb.3: Zeitlicher Rahmen der Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie<br />
Im ersten Durchgang der Nachbeobachtung<br />
haben über 95% der Studienteilnehmer den<br />
Fragebogen zurückgeschickt. Darin wurde<br />
unter anderem nach Diagnosen zu 22 verschiedenen<br />
Erkrankungen sowie nach dem<br />
Alter bei Diagnosestellung befragt (Abb. 4).<br />
Nur ärztlich bestätigte Diagnosen können in<br />
die wissenschaftliche Auswertung der Studie<br />
eingehen. Deshalb war durch den Arzt anzugeben,<br />
der die jeweilige Diagnose gestellt<br />
hat oder der Auskunft darüber geben kann.<br />
Grundlage für die Befragung der Ärzte ist<br />
eine Einverständniserklärung der Teilnehmer<br />
vor Aufnahme in die Studie.<br />
• Bösartige Tumore<br />
• Gutartige Tumore<br />
• Myokardinfarkt<br />
• Angina pectoris<br />
• Apoplex<br />
• Zerebrale<br />
Durchblutungsstörungen<br />
• Diabetes mellitus<br />
• Allergischer Schnupfen<br />
• Gicht<br />
• Rheuma<br />
• Hyerlipidämie<br />
• Hypertonie<br />
• Hauterkrankungen<br />
• Frakturen<br />
• Osteoporose<br />
• Schilddrüsenüber- oder<br />
-unterfunktion<br />
• Morbus Crohn, Colitis<br />
ulcerosa<br />
• Gastritis<br />
• Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre<br />
• Nierensteine<br />
• Erkrankungen der<br />
Gallenblase<br />
• Colonpolypen<br />
Abb.4: Erfaßte Erkrankungen in der Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie<br />
Zunächst erfolgt im Rahmen des allgemeinen<br />
Studienprotokolls die Überprüfung aller<br />
Selbstangaben über Krebserkrankungen.<br />
Dafür hat sich eine Zusammenarbeit mit dem<br />
Tumorzentrum Potsdam e.V. etabliert, dessen<br />
Datenbank in regelmäßigen Abständen gestartet<br />
wird. Tumordiagnosen, die in der Datenbank<br />
des Tumorzentrums gefunden werden,<br />
können nach Anonymisierung direkt in<br />
die Studiendatenbank eingespeist werden.<br />
Zu Selbstangaben, für die keine Diagnosedaten<br />
in der Tumordatenbank gefunden werden,<br />
wird der vom Studienteilnehmer angegebene<br />
Arzt befragt. Auf diese Weise findet<br />
die Studie Fälle, die eigentlich im Tumorzentrum<br />
gemeldet sein sollten. Natürlich gibt es<br />
auch Teilnehmer, bei denen die Arztanfrage<br />
ergibt, dass keine Diagnose eines bösartigen<br />
Tumors vorliegt. Wenn sich durch Selbstangabe<br />
eines Studienteilnehmers eine Tumorerkrankung<br />
bestätigt, die dem Register noch<br />
nicht bekannt ist, wird von dem Studienarzt<br />
ein Erstmeldebogen ausgefüllt und dem behandelnden<br />
Arzt mit der Bitte um Unterschrift<br />
und Weiterleitung an das Tumorzentrum<br />
Potsdam e.V. zugesandt.<br />
Das klinische Register des Tumorzentrums<br />
Potsdam e.V. hat 1994 als Nachsorgeleitstelle<br />
seine Arbeit aufgenommen. Zusammen<br />
mit fünf weiteren Zentren im Land<br />
Brandenburg (jeweils in Cottbus, Frankfurt/Oder,<br />
Neuruppin und Schwedt) wurde<br />
das Tumorzentrum Potsdam e.V. Ende 1993<br />
im Rahmen des Modellprogramms zur besseren<br />
Versorgung von Krebspatienten am<br />
Klinikum Ernst von Bergmann etabliert. Die<br />
Zentren des Landes Brandenburg arbeiten<br />
eng zusammen, so dass im Gegensatz zu<br />
anderen Bundesländern eine flächendeckende<br />
Erfassung sichergestellt ist. Im<br />
Landesdurchschnitt hat sich der Erfassungsgrad<br />
von 50 % (1995) auf 87 % (1999) erhöht.<br />
Im Vergleich zu den anderen Bundesländern<br />
(ausgenommen das Saarland) liegt<br />
das Land Brandenburg an der Spitze der<br />
Erfassungsrate von Tumorerkrankungen<br />
und bietet daher mit seinem Datenbestand<br />
sehr gute Voraussetzungen für eine<br />
epidemiologische Studie wie die Brandenburger<br />
Ernährungs- und Krebsstudie.<br />
Große Studien wie die EPIC-Studie benötigen<br />
vollständige, nach internationalen<br />
Qualitätskriterien arbeitende Krebsregister.<br />
Die Nutzung von Krebsregistern hat den<br />
Vorteil, dass die Diagnosedaten in standardisierter,<br />
international vergleichbarer Form<br />
erhoben und bearbeitet worden sind und<br />
mit verhältnismäßig geringem Aufwand für<br />
die Forschung bereitgestellt werden können.<br />
Für wissenschaftliche Fragestellungen,<br />
die sich auf andere Erkrankungen als Krebs<br />
beziehen, werden die medizinischen Angaben<br />
zu den Diagnosen direkt bei den von<br />
den Studienteilnehmern angegebenen Ärzten<br />
oder Kliniken erhoben. So sind kürzlich<br />
Projekte zu Bluthochdruck und entzündlichen<br />
Darmerkrankungen begonnen worden.<br />
Weitere Projekte zu Diabetes mellitus<br />
und Herzinfarkt werden folgen. Außerdem<br />
werden in der Studie alle Todesursachen erfasst,<br />
die gegebenenfalls verifiziert oder<br />
durch die Originaldiagnose ergänzt werden<br />
müssen.<br />
Da es in Deutschland bisher keine derartige<br />
große Kohortenstudie gab, dienten die vergangenen<br />
Jahre dem Auf- und Ausbau der<br />
Prozeduren und Strukturen der Nachbeobachtung.<br />
Teilweise mussten die Wege erst<br />
gebahnt werden. Dabei war die zeitgleiche<br />
Entstehung des Potsdamer Tumorregisters<br />
sehr hilfreich. Die Verfügbarkeit der Daten<br />
unter dem Namen und dem Geburtsdatum<br />
der Person ermöglicht eine interaktive Kooperation,<br />
die für beide Seiten Vorteile hat.<br />
Zum Schutz der Daten wurden spezielle<br />
Verfahrensweisen entwickelt, die sicherstellen,<br />
dass Diagnosedaten ausschließlich<br />
anonymisiert vom Tumorzentrum zum Deutschen<br />
Institut für Ernährungsforschung<br />
übertragen werden. Das Gleiche gilt für die<br />
Diagnosen, die von Krankenhäusern oder<br />
niedergelassenen Ärzten direkt gemeldet<br />
werden.<br />
Da die Etablierung der gesamten Infrastruktur<br />
einer solchen Studie zeitlich und finanziell<br />
sehr aufwendig ist, werden insbesondere<br />
größere Kohortenstudien, wie die<br />
Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie,<br />
nur sehr selten durchgeführt. Aus diesem<br />
Grund sollten unbedingt die wissenschaftlichen<br />
Potentiale solcher Studien voll<br />
ausgeschöpft werden. Neben diesem finanziellen<br />
ist auch einem ethischen Aspekt<br />
Rechnung zu tragen. Eine epidemiologische<br />
Studie geht bei ihrem Beginn gegenüber<br />
den Teilnehmern die Verpflichtung ein,<br />
mit ihren Daten Erkenntnisse über die Entstehung<br />
und Möglichkeiten der Verhütung<br />
von Erkrankungen zu gewinnen. Um dieses<br />
Ziel erreichen zu können, wird die Mitarbeit<br />
der behandelnden Ärzte unserer Teilnehmer<br />
benötigt.<br />
Daher bitten wir die Ärzteschaft des Landes<br />
Brandenburg nochmals um Meldung von<br />
Tumorerkrankungen an die entsprechenden<br />
Register. Dies gilt besonders für Patienten,<br />
welche ausschließlich im ambulanten Bereich<br />
(oder in einem Berliner Krankenhaus)<br />
diagnostiziert und behandelt werden und<br />
daher oft der Erfassung durch eine Nachsorgeleitstelle<br />
entgehen.<br />
Weiterführend sind unsere Forschungsergebnisse<br />
auch dazu gedacht, den Ärzten in<br />
ihrem medizinischen Alltag Kenntnisse in<br />
die Hand zu geben, die ihnen bei der Behandlung<br />
von Patienten nützlich sein können.<br />
Deshalb bitten wir besonders die im<br />
Studiengebiet ansässige Ärzteschaft um<br />
Verständnis, wenn sie vermehrt in wissenschaftliche<br />
Arbeiten einbezogen oder<br />
durch Anfragen zu Diagnosen frequentiert<br />
wird.<br />
314 Brandenburgisches Ärzteblatt 10/2001 • 11. Jahrgang