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Gastautor<br />
Mission today<br />
Die Konstantinische Ära in ihrer nachreformatorischen<br />
Form ist definitiv zu Ende<br />
gegangen. Religion ist in Europa für die<br />
Menschen nicht mehr unentrinnbares Schicksal,<br />
sondern zugemutete freie Wahl (Peter L.<br />
Berger). Die Menschen sind auch faktisch<br />
wählerisch. Nicht wenige machen heute<br />
engagierter mit als noch vor Jahren; sie<br />
wählen sich ein. Andere hingegen verlassen<br />
das gebeutelte Kirchenschiff; sie wählen sich<br />
aus. Der Hauptgrund: Sie meinen, dass sie<br />
keine Kirche brauchen. Mit Gott kommen sie<br />
– wenn überhaupt – allein zu Recht.<br />
Durchmissioniert<br />
Diese Möglichkeit, auch seine Weltanschauung<br />
nicht nur wählen zu können, sondern zu<br />
müssen, hat zu einer Veränderung der Glaubenslandschaft<br />
geführt. Aus einem katholischen<br />
Sportrasen ist inzwischen eine weltanschauliche<br />
Blumenwiese geworden. Da finden wir neben einigen<br />
aggressiven Neoatheisten viele, die einem „Atheismus<br />
light“ (Günter Kehrer) huldigen. Sie strengen sich nicht<br />
an, Gott und ein Leben danach zu leugnen; für sie<br />
gilt „Leben als letzte Gelegenheit“ (Marianne Gronemeyer).<br />
Sie blenden, mit dem Leben hier und jetzt voll<br />
ausgelastet, tieferschürfende Fragen aus. Anders die<br />
erklärten Festglaubenden, die den Kern der christlichen<br />
Kirchen, aber auch des Islam, bilden. Während also die<br />
einen (die Neoatheisten) Gott angestrengt wegglauben,<br />
glauben die Kerngläubigen Gott angestrengt<br />
her. Festgläubige sind eine Minderheit geworden.<br />
Die vorhandene formelle Kirchenmitgliedschaft von<br />
74% in Österreich spielt dabei nur eine sekundäre<br />
Rolle. Das hat damit zu tun, dass bei den großen aber<br />
biographisch doch seltenen Lebensübergängen (Heirat,<br />
Geburt, Tod) die Kraft der Rituale geschätzt wird, wozu<br />
es wenig erklärten Glauben braucht. So kommt es,<br />
dass es im Land zwar nach wie vor viele Katholiken und<br />
Protestanten und darunter auch einige konsequente<br />
Christen gibt.<br />
Aus einem - mit aller Macht der katholischen Habsburger<br />
und der Kraft der Überzeugung einer wohl<br />
bedachten Theologie - „durchmissionierten“ Europa<br />
ist also inzwischen aus der Sicht der Christen ein<br />
„Missionsland“ geworden. Mission ist damit zu einem<br />
Megathema kirchlicher Reformanstrengungen geworden.<br />
Diese wird derzeit durch Strukturreformen zwar<br />
zugedeckt, aber längerfristig kommt keine Kirche um<br />
eine missionarische Herausforderung herum.<br />
Wie aber heute missionieren<br />
Früher war diese Frage leicht und rasch zu beantworten.<br />
Wer nicht an Christus als den Messias glaubt und<br />
sich taufen lässt, konnte nicht auf Rettung hoffen.<br />
Für Augustinus war klar: Aus der Massa damnata<br />
(der großen Zahl der Verdammten) werde am Ende<br />
nur eine kleine Schar gerettet sein. Daher lehrten alle<br />
christlichen Kirchen gleich welcher Konfession, dass es<br />
außerhalb der Kirche(n) kein Heil gebe. „Extra eccelsiam<br />
nulla salus“. Mit allen möglichen Mitteln wurde<br />
daher getauft. Notfalls auch bei einer schweren Geburt<br />
mit einer Taufspritze im Mutterschoß. 1903 hat das<br />
preußische Kultusministerium dies den Hebammen<br />
verboten: nur noch die Ärzte durften im protestantischen<br />
Preußen so taufen.<br />
Diese Art der Mission stieß freilich auf große Fragen:<br />
Was ist mit den großen Heiligen der vorchristlichen<br />
Zeit, also mit Moses, Abraham, Eva und Adam Kann<br />
Gott wirklich unschuldige Kinder für immer in die<br />
Gottferne (die Hölle) verdammen<br />
Die bleibende Bedeutung des Konzils<br />
Solches Fragen hat die Auffassung von Mission vor<br />
allem vor und auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil<br />
vertieft. Karl Rahner hat sich dazu viele Gedanken<br />
gemacht. In einem Beitrag schrieb er 1979:<br />
„Früher fragte die Theologie ängstlich, wie viele aus der<br />
„massa damnata“ der Weltgeschichte gerettet werden.<br />
Heute fragt man, ob man nicht hoffen dürfe, dass alle<br />
gerettet werden. Eine solche Frage, eine solche Haltung<br />
ist christlicher als die frühere und ist die Frucht einer<br />
langen Reifungsgeschichte des christlichen Bewusstseins,<br />
das sich langsam der letzten Grundbotschaft Jesu vom<br />
Sieg des Reiches Gottes nähert.“ (Karl Rahner: Zur bleibenden<br />
Bedeutung des Zweiten Vatikanischen Konzils,<br />
in StdZt 1979.)<br />
Wer heute über den Missionsauftrag der Kirche nachdenkt,<br />
versucht sich in das Herz Gottes zu versetzen.<br />
Er will das Heil aller. Dass alle gerettet werden (1 Tim<br />
2,4). Alle meint dann aber nicht nur die Getauften und<br />
ausdrücklich Glaubenden. Alle sind dann auch die<br />
Buddhisten, die Hinduisten, die aggressiven Neoatheisten<br />
(Gott ist wirklich auch ein Gott der Atheisten!),<br />
der spirituellen Vagabunden, der Muslime und vieler<br />
anderer aus den Religionen der Welt.<br />
Im Heil ist, wer handfest liebt<br />
Wie aber, so kann dann geduldig weiter gefragt werden,<br />
weiß ich dann, ob jemand von den Anderen, die<br />
6 Jahresbericht Borromäum 12/13