GL 4/2004 - der Lorber-Gesellschaft eV
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56 Blick in die Zeit <strong>GL</strong> 4/<strong>2004</strong><br />
wun<strong>der</strong>barer Hinweise auf das Wirken Gottes. „Das Weltall ist uns so<br />
unwahrscheinlich günstig gesinnt, dass es geplant zu sein scheint“, sagt<br />
etwa Andreas Tammann, Professor für Astronomie an <strong>der</strong> Universität<br />
Basel. „Wäre zum Beispiel die Materiedichte nur um den zehn-hochvierzigsten<br />
Teil größer gewesen, wäre das Universum in kurzer Zeit<br />
wie<strong>der</strong> kollabiert.“ Mit dieser Erkenntnis kann Tammann in sein Weltbild<br />
problemlos einen Gott einbauen, <strong>der</strong> die Naturgesetze festgelegt und das<br />
Weltall ‚angeschoben‘ hat.<br />
Tatsächlich scheint vieles im Kosmos exakt auf das menschliche Dasein<br />
ausgerichtet zu sein - Physiker sprechen vom anthropischen Prinzip.<br />
Wären die Stärke <strong>der</strong> Gravitation, die Ladung eines Elektrons o<strong>der</strong> die<br />
Masse eines Protons nur geringfügig an<strong>der</strong>s, gäbe es we<strong>der</strong> Atome noch<br />
funkelnde Sterne und erst recht kein Leben. „Die feine Abstimmung <strong>der</strong><br />
Naturgesetze inspiriert zu <strong>der</strong> Annahme, dass dies kein Zufall ist,<br />
son<strong>der</strong>n ein Zweck dahinter steht“, sagt John Polkinghorne. Nach<br />
seiner Auffassung könnte Gott allgegenwärtig in den Weltenlauf<br />
eingreifen, auf eine Weise jedoch, die sich physikalisch nicht nachweisen<br />
lässt. Gott beeinflusse etwa chaotische Prozesse, die unvorhersehbar in<br />
verschiedene Richtungen verlaufen könnten.<br />
Viele Wissenschaftler sind sich - ob gläubig o<strong>der</strong><br />
nicht - gerade in jüngerer Zeit erneut <strong>der</strong><br />
Grenzen <strong>der</strong> Naturwissenschaften bewusst<br />
geworden. So machen Forscher immer wie<strong>der</strong><br />
die Erfahrung, dass die Lösung eines Problems<br />
eine Vielzahl neuer Fragen aufwirft und die<br />
Komplexität des Universums zunimmt.<br />
Womöglich bedarf es nicht einmal eines starken<br />
Glaubens, um sich ein Eingreifen Gottes zumindest vorstellen zu können.<br />
„Gott ist seit einiger Zeit jedenfalls kein Tabuthema mehr“, bestätigt<br />
Eduard Thommes. „Es kommt inzwischen häufiger vor, dass man<br />
unter Kollegen darüber redet.“<br />
Bereits 1972 gründete <strong>der</strong> Milliardär Sir John Templeton eine Stiftung,<br />
die jährlich ein Preisgeld von einer Million Dollar an Persönlichkeiten<br />
vergibt, die sich um die Verbindung zwischen Wissenschaft und<br />
Spiritualität verdient gemacht haben. John Polkinghorne war <strong>der</strong><br />
Preisträger des Jahres 2002, <strong>der</strong> Physiker Paul Davies wurde 1995<br />
ausgezeichnet.<br />
Quellen: OTS/GEO/Spiegel