Schulkonkurrenz â wozu? - AMV
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16 <strong>AMV</strong>-aktuell Sonderheft 06/1<br />
Bildung und Wettbewerb<br />
Christian Aeberli<br />
Bis Ende 2005 Bildungsexperte von Avenir Suisse, seit 1.1.2006 Chef Abt. Volksschule BKS<br />
Abdruck aus: Grünenfelder, Peter; Oelkers, Jürgen et al. (Hrsg.), Reformen und Bildung, Erneuerung aus<br />
Verantwortung, Festschrift für Ernst Buschor, Zürich Juni 2003: Verlag Neue Zürcher Zeitung<br />
Zusammenfassung Kap. 1-3 (kursiv) von M. Langmeier<br />
Das liberale Ideal einer Volksschulbildung<br />
für alle setzte sich<br />
in der Schweiz in der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts mit<br />
der Verankerung der obligatorischen<br />
und unentgeltlichen Primarschule<br />
in der Bundesverfassung<br />
1874 durch. Religion,<br />
Rechnen, Lesen, Schreiben und<br />
Realien wurden unterrichtet.<br />
Verschiedene Bemühungen zur<br />
zentralen staatlichen Kontrolle<br />
der Schulen scheiterten, das<br />
föderalistische Schulsystem festigte<br />
sich. Immerhin gab es so<br />
genannte "Rekrutenprüfungen",<br />
um zu "wissen, wie es um unsere<br />
Volksbildung steht", und deren<br />
Ergebnisse wurden als viel beachtete<br />
Kantonsrangliste publiziert.<br />
Die Rekrutenprüfung wurde<br />
beim Ausbruch des 1. Weltkrieges<br />
abgeschafft, nicht aber die<br />
Differenzen zwischen den Kantonen...<br />
Bis in die neunziger Jahre des<br />
20. Jahrhunderts blieben Struktur<br />
und Organisation der Schweizer<br />
Bildungslandschaft weitgehend<br />
beständig. Die Reformdiskussionen<br />
Ende sechziger Anfang<br />
siebziger Jahre in Deutschland<br />
und England führten zu einigen<br />
Schulversuchen auf der Sekundarstufe<br />
I. In den achtziger Jahren<br />
führten viele Kantone neue<br />
Lehrpläne ein, und der Unterrichtsbeginn<br />
in einer ersten<br />
Fremdsprache wurde in die fünfte<br />
Klasse vorverlegt.<br />
Die einzelnen Schulen wurden<br />
somit rund alle zehn Jahre mit<br />
grösseren äusseren Veränderungen<br />
konfrontiert.<br />
An den gymnasialen Ausbildungsstätten<br />
herrschte weitgehend<br />
Beschaulichkeit. Eine der<br />
grössten Veränderungen geschah<br />
zu Beginn der neunziger<br />
Jahre, wo mehrere Kantone den<br />
Schulbeginn auf den September<br />
festlegten. Dadurch verschob<br />
sich die Maturitätsprüfung um<br />
einige Monate. Auch im Zuge der<br />
jüngsten Reformen wurden die<br />
im 19. Jahrhundert wurzelnden<br />
Grundprinzipien des Gymnasiums<br />
kaum verändert. Lähmend<br />
für die Entwicklung des Gymnasiums<br />
war vor allem der Umstand,<br />
dass die Dichotomie von<br />
Schule und Leben im Kern nie<br />
berührt wurde. Zweifel an den<br />
Grundfesten des Gymnasiums<br />
scheinen bis heute mit einem<br />
Tabu belegt zu sein.<br />
Etwas dynamischer verlief die<br />
Entwicklung an den Berufsschulen.<br />
Hier galt es, Berufsbilder und<br />
-gruppen den wirtschaftlichen<br />
Bedingungen anzupassen.<br />
Gleichzeitig wurde in den Berufsschulen<br />
der Förderung von Sozial-<br />
und Methodenkompetenzen<br />
grössere Beachtung geschenkt.<br />
Mit der Einführung der Berufsmaturität<br />
wurde zudem der Weg<br />
zur Fachhochschule massgeblich<br />
verbreitert.<br />
An den Universitäten veränderte<br />
sich ausser den steigenden Zahlen<br />
Studierender bis vor kurzem<br />
gar nichts.<br />
Der Übergang von den achtziger<br />
in die neunziger Jahre schaffte<br />
mit der informations- und kommunikationstechnischen<br />
Revolution<br />
und dem Zusammenbruch<br />
des kommunistischen Systems<br />
die Voraussetzungen für eine<br />
Internationalisierung von Märkten<br />
und Unternehmensaktivitäten.<br />
Die weltweite Ausbreitung des<br />
marktwirtschaftlichen Modells<br />
prägte die Globalisierung, die<br />
auch die Schweiz und ihre Bildungslandschaft<br />
"durchschüttelte".<br />
Politik und Verwaltung diskutierten<br />
Modelle des New-Public-<br />
Management (NPM), ein Teil der<br />
Öffentlichkeit forderte Englisch<br />
und Computer im Kindergarten,<br />
und die Hochschulen sahen sich<br />
plötzlich in einem internationalen<br />
Wettbewerb stehen. Charakteristisch<br />
für die Globalisierung war<br />
auch eine Beschleunigung der<br />
Prozesse und Entscheidungen.<br />
Sie löste eine grosse Dynamik im<br />
Bildungswesen und eine grosse<br />
Zahl von Aktivitäten, Schulversuchen<br />
und Reformvorschlägen<br />
aus.<br />
Vehementer Verfechter der<br />
NPM-Philosophie war der damals<br />
neue Zürcher Erziehungsdirektor<br />
Buschor. Die Ideen des New<br />
Public Management (NPM) führten<br />
zur Übertragung von mehr<br />
Autonomie an die Schulen, neue<br />
Leitungsstrukturen wurden entwickelt.<br />
Im Gegenzug wurde von<br />
den Schulen eine Rechenschaftslegung<br />
über ihre Leistungen<br />
und Wirkungen verlangt. Es<br />
wurden deshalb auch neue Verfahren<br />
und Instrumente zur internen<br />
und externen Evaluation von<br />
Schulen geschaffen.<br />
Erstmals in der Schweiz wurden<br />
im Kanton Zürich systematische<br />
Schulleistungsuntersuchungen<br />
durchgeführt. Damit sollten die<br />
Wirkung der Schule mit den Zielen<br />
verglichen und Wirkungszusammenhänge<br />
erkannt werden,<br />
um die Qualität der Schulen erhalten<br />
und fördern zu können. 1<br />
Druck der Eltern, Forderungen<br />
der Gesellschaft sowie die Glo-