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Schulkonkurrenz – wozu? - AMV

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<strong>AMV</strong>-aktuell Sonderheft 06/1 25<br />

Die allgemeine Bildung auf Primar-<br />

und Sekundarniveau wird<br />

als öffentliche Aufgabe akzeptiert,<br />

anders sei ein gemeinsames<br />

Minimum für alle Kinder der<br />

Gesellschaft nicht zu garantieren<br />

(ebd., S. 86). Daraus könne aber<br />

nicht abgeleitet werden, alle<br />

(staatlichen) Schulen direkt und<br />

gleich zu subventionieren. Vielmehr<br />

müsse der öffentliche Aufwand<br />

in Kunden investiert werden,<br />

die selbst wählen können,<br />

welche Bildung sie im Rahmen<br />

der staatlichen Vorgaben für ihre<br />

Kinder wollen oder nicht wollen.<br />

Von FRIEDMAN stammt das<br />

grundlegende Konzept der „Bildungsgutscheine”<br />

(vouchers), 4<br />

deren Zweck es ist, die regierungsabhängige<br />

education industry<br />

aufzulösen und mit demokratischen<br />

Entscheiden deren<br />

Macht zu brechen.<br />

Die staatliche Unterstützung der<br />

öffentlichen Bildung wird getrennt<br />

von der Finanzierung der Institutionen,<br />

eine Idee, die heute zunehmenden<br />

Einfluss gewinnt:<br />

„Governments could require a<br />

minimum level of schooling financed<br />

by giving parents vouchers<br />

redeemable for a specified<br />

maximum sum per child per year<br />

if spent on ‘approved’ educational<br />

services. Parents would then<br />

be free to spend this sum and<br />

any additional sum they themselves<br />

provided on purchasing<br />

educational services from an<br />

‘approved’ institution of their own<br />

choice. The educational services<br />

could be rendered by private<br />

enterprises operated for profit, or<br />

by non-profit institutions. The role<br />

of the government would be limited<br />

to insuring that the schools<br />

met certain minimum standards,<br />

such as the inclusion of a minimum<br />

common content in their<br />

programs, much as it now inspects<br />

restaurants to insure that<br />

4 Die Idee, (armen) Eltern Steuermittel<br />

zur Verfügung zu stellen, damit sie<br />

nach freier Wahl in die Schulbildung<br />

ihrer Kinder investieren können, stammt<br />

von THOMAS PAINE (The Rights of<br />

Man, Part 2/Chapter 5).<br />

they maintain minimum sanitary<br />

standards” (ebd., S. 89).<br />

Der Schlüsselbegriff ist educational<br />

services: Bildung wird nicht<br />

länger als hoheitliches Gebot,<br />

sondern als Dienstleistung verstanden,<br />

die angeboten und abgerufen<br />

werden muss. Der Staat<br />

legt Minimalstandards fest, die<br />

oberhalb einer bestimmten Grenze<br />

individualisiert werden können.<br />

Das System der Bildungsgutscheine<br />

setzt Wettbewerb<br />

zwischen privaten und öffentlichen<br />

Anbietern frei, Eltern können<br />

die besten Schulen für ihre<br />

Kinder auswählen, wobei sie die<br />

öffentliche Finanzierung mit Bildungsgutscheinen<br />

beliebig durch<br />

eigenes privates Kapital ergänzen<br />

können.<br />

Der Markt der Anbieter ist nicht<br />

gänzlich frei, auch in der Bildungsdienstleistung<br />

müssen<br />

bestimmte Kriterien garantiert<br />

sein, die der Staat als Rahmen<br />

festlegt. Wer den Test besteht,<br />

erhält die staatliche Anerkennung<br />

und kann seine Leistungen auf<br />

dem Bildungsmarkt anbieten. Die<br />

Nachfrage entscheidet über den<br />

Erfolg, was auch impliziert, dass<br />

erfolglose – also: nicht nachgefragte<br />

– Schulen vom Markt verschwinden.<br />

Was bislang ausgeschlossen<br />

ist, wird durch diesen<br />

Vorschlag provoziert; Schulen<br />

auf Bildungsmärkten müssen<br />

Konkurs machen können.<br />

Das gilt für den obligatorischen<br />

Bereich. Die Freiheit geht nicht<br />

so weit, auch die Schulpflicht<br />

abwählen zu können. FRIED-<br />

MAN sieht die Notwendigkeit, mit<br />

verpflichtenden Programmen<br />

allgemeiner Bildung Bürgerinnen<br />

und Bürger auf die demokratische<br />

Gesellschaft vorzubereiten.<br />

Die öffentliche Finanzierung wird<br />

nicht angetastet, auch wenn die<br />

Nutzung der Bildungsprogramme<br />

im Blick auf die Steuerbelastung<br />

schon im Bereich der Allgemeinbildung<br />

nicht gleich ist. Die Steuerzahler<br />

profitieren ungleich von<br />

den Bildungsangeboten, wer<br />

mehr Steuern zahlt, erhält nicht<br />

automatisch mehr Gegenwert an<br />

Bildung. Und Steuerzahler, die<br />

keine Kinder haben, profitieren<br />

vom schulischen Angebot höchstens<br />

indirekt, etwa dass Universitäten<br />

regelmässig Studenten<br />

erhalten, so dass die Forschungsqualität<br />

erhalten bleibt<br />

und gesellschaftliche Bereiche<br />

mit Know How versorgt werden.<br />

Wenn dieser ungleiche Nutzen<br />

aber in Kauf zu nehmen ist,<br />

muss, so FRIEDMAN, Kundenmacht<br />

durch Schulwahl freigesetzt<br />

werden. Diese Freisetzung<br />

würde das bisherige System sehr<br />

weitgehend verändern. Kinder<br />

könnten nicht mehr einfach nach<br />

festen Schulkreisen sortiert und<br />

einer bestimmten Schule zugeteilt<br />

werden, vielmehr hätten die<br />

Eltern oder die Erziehungsberechtigten<br />

die Wahl zwischen<br />

verschiedenen Schulen, die untereinander<br />

in Wettbewerb treten.<br />

Wer die stärkste Nachfrage provoziert,<br />

erhält die meisten Mittel;<br />

wer nur eine schwache Nachfrage<br />

auslöst, dem droht mit den<br />

ausbleibenden Mitteln Qualitätsverlust.<br />

Der Markt spielt: Alle<br />

Anbieter müssen sich anstrengen,<br />

niemand kann sicher sein,<br />

die einmal erreichte Nachfrage<br />

auf Dauer halten zu können.<br />

Höhere Bildung und Berufsbildung<br />

werden anders behandelt.<br />

Bei der Höheren Bildung werden<br />

staatliche Mittel, soweit sie zur<br />

Verfügung stehen, in Stipendien<br />

(scholarships) investiert, nicht in<br />

staatliche Colleges oder Universitäten,<br />

die den privaten Anbietern<br />

einen unfairen Wettbewerb<br />

aufzwingen (ebd., S.99/100). Die<br />

berufliche Bildung ist ganz Sache<br />

der privaten Investition, die je<br />

individuell bestimmen muss, mit<br />

welchem Aufwand sie welchen<br />

Nutzen erreichen will (ebd.,<br />

S. 101). Wenn dieser Markt noch<br />

nicht entwickelt ist, schreibt<br />

FRIEDMAN 1955, dann nur aus<br />

dem Grunde, weil die Staatsintervention<br />

zu gross ist (ebd.,<br />

S. 104). Wettbewerb wird verhindert,<br />

entsprechend werden Privilegien<br />

geschützt, die nur durch<br />

gezielte Investition oder durch<br />

wirkliche Kundenmacht heraus-

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