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141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand

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Es handelt sich dabei um die ganz geläufige und audi entsprediend begründete<br />

41 Allegations- und Beweispflidit für die consuetudo. Dieser<br />

Beweis ist erforderlidi, weil es sich bei der consuetudo ungeachtet ihrer<br />

„Allgemeinverbindlichkeit" als ius commune in loco um ein factum<br />

handelt, das der Richter nicht von sich aus einführen oder supplieren<br />

darf 42 . Allerdings gibt es zwei Ausnahmen 43 : „Hoc tarnen limita primo<br />

nisi consuetudo esset scripta, quia tunc iudicatur de ea tamquam de ipso<br />

statuto in loco 44 . . . secundo limita nisi ipsa consuetudo esset publica<br />

et notoria in Mo loco 45 . Iudex ita debet servare consuetudinem sicut<br />

statutum." In diesen Fällen muß der Richter die consuetudo loci wie die<br />

lokalen Statuten 46 anwenden. Der Grund liegt auf der Hand: Die Beweisbedürftigkeit<br />

ist weggefallen, weil ihre Voraussetzung, die Zweifelhaftigkeit<br />

und Ungewißheit der consuetudo, im konkreten Fall beseitigt<br />

ist. Bei der consuetudo scripta bewirkt dies die Aufzeichnung, weil sie<br />

sich damit vom Statut nur noch durch die Art der Entstehung unterscheidet<br />

47 . Bei der consuetudo notoria entfällt die Ungewißheit, aber<br />

wohl nicht deshalb, weil sie nun, wie anderes Recht, certum et finitum<br />

ist, sondern weil, wie bei jedem anderen factum, die Notorietät 48 den<br />

Beweis erübrigt. Gerade das Festhalten an der Allegationspflicht bei der<br />

nicht-beweisbedürftigen consuetudo 49 unterstreicht, daß die consuetudo<br />

trotz ihrer Notorietät nicht dem übrigen Recht gleichgestellt und ex officio<br />

anzuwenden war.<br />

Betrachtet man die Sache mehr vom Ergebnis her, so fallen die Unterschiede<br />

nicht so sehr ins Gewicht. Die consuetudo notoria bedarf wie das<br />

«) Gestützt auf VI 1.2.1; X 1.4.8; C. 8.52.<br />

**) Daß der Richter selbst nicht subditus und damit nicht gebunden ist, läßt sich<br />

aus der Praxis erklären, ortsfremde Richter zu verwenden (dazu ENGELMANN, Rechtskultur,<br />

s. oben Kap. V/I N. 156), denen zwar die aufgezeichneten Statuten, aber<br />

naturgemäß nicht das Gewohnheitsrecht übergeben wurde: „Cum iuret ipsa statuta<br />

servare, qua traduntur sibi" (PAULUS DE CASTRO, oben Kap. IV N. 45). Dies bedeutet<br />

aber, daß die Parteien selbst durch Allegation und Beweis über die Anwendung dieses<br />

Rechts entscheiden konnten und bestätigt die in Kap. V/I gewonnenen Ergebnisse.<br />

4S<br />

) Text immer noch aus FRANCHUS n. 14 zu VI 1.2.1; s. auch oben Kap. V/I bei<br />

N. 116.<br />

**) Zur consuetudo in scriptis redacta s. oben Kap. V/I N. 60 ff.<br />

*») Einzelheiten oben Kap. V/I N. 67 ff.<br />

u<br />

) Ansonsten setzt er sich der Gefahr eines Syndikatsprozesses aus, vgl. hierzu auch<br />

unten N. 61 sowie Kap. VII N. 19 ff.<br />

") S. dazu schon oben Kap. V/I bei N. 60 ff.<br />

,s<br />

) Vgl. dazu schon oben Kap. V/I N. 159, wo auf die Ambivalenz der Verwendung<br />

des Kriteriums notorium hingewiesen wurde, vgl. etwa SICHARD ZU C. 2.10 n. 3<br />

(s. schon oben Kap. IV bei N. 50 ff.) : „Quae sunt in iure posita, illa sunt certa atque<br />

notoria, ex quibus iudici est pronunciandum nolenti volenti."<br />

*•) S. oben Kap. V/I bei N. 100 ff. FRANCHUS geht auf diese Frage nicht ein.<br />

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