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141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand

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Ein Beispiel hierfür gibt die Darstellung bei Andreas Gail, der in<br />

seinen ,Observationes' die kamerale Praxis mit der Theorie des rezipierten<br />

Rechts verbindet. In der observatio 36 des ersten Budies 16 befaßt<br />

sich Gail mit der These, „quod iudex secundum consuetudinem et<br />

statuta iudicare debeat". Nach einigen Vorüberlegungen kommt er zum<br />

Thema: „Proinde, ut ad institutum redeam, vera conclusio est, consuetudines<br />

et statuta rationi atque naturali iuri plane non repugnantia, in<br />

iudiciis accurate attendenda et observanda esse, ad eo ut iudex contra<br />

consuetudinem vel statuta iudicans, litem suam perinde faciat, ac si<br />

contra ius commune pronunciasset 17 . Ratio in promptu, quia consuetudo<br />

est ius et appellatione consuetudinis venit ius: statutum enim vel consuetudo<br />

alicuius loci pro iure communi in eodem loco habetur, vocaturque<br />

ius commune illius civitatis. I. omnes populi" 18 . Nach dieser Grundlegung<br />

im rezipierten Recht kommt er auf die Regelung im Reichskammergerichtsprozeß<br />

zu sprechen: „Hinc est, quod Assessores Camerae<br />

Imperialis, quando in numerum Assessorum recipiuntur, iurare debeant:<br />

quod secundum Imperii constitutiones, secundum ius commune, et laudabiles<br />

locorum consuetudines iudicare velint, quod regulariter in omnibus<br />

omnium locorum iudicibus receptum est."<br />

vorherrschende Meinung war, neben der eine Vielfalt von anderen Standpunkten<br />

vertreten wurde, vgl. etwa die Nachweise Kap. V/I in N. 131.<br />

18 ) I. Observatio 36, Texte aus n. 12-16.<br />

") Auf die Folgen richterlicher Pflichtverletzung ist bereits mehrfach hingewiesen<br />

worden, vgl. zuletzt Kap. VI in N. 61; vgl. auch oben Kap. IV N. 34, wo PAULUS DE<br />

CASTRO mit einem Beispiel dafür zitiert ist, daß dem Richter der Syndikatsprozeß<br />

droht, wenn er in unzulässiger Weise ein von den Parteien nicht allegiertes Recht<br />

einführt, das nach der Theorie allegationsbedürftig ist. Hier geht es nun gerade um das<br />

Gegenteil, nämlich darum, daß der Richter Recht, das er von Amts wegen zu berücksichtigen<br />

hat, nicht anwendet. GAIL führt dazu zwei Texte an, die in diesem Zusammenhang<br />

immer wieder auftauchen: einmal das c. venientes (X 2.23 — de iureiurando<br />

— 29: „Quia vero non minus iudices secundum leges, quam consules vestri secundum<br />

consuetudinem vestrae civitatis iudicare iurarunt...") und c. venissent (X 2.15.3:<br />

„Secundum ius et bonam terrae consuetudinem terminandam ..."). Daneben nennt er<br />

JASON zu 1. de quibus (D. 1.3.32). Dort heißt es in n. 7: „Iudex pronuncians contra<br />

consuetudinem ita facit litem suam, sicut si iudicaret contra legem scriptam", gestützt<br />

wiederum auf BALDUS zur authentica ,iubemus' des Codex-Titels „De iudiciis", Text<br />

oben Kap. V/I N. 113. An gleicher Stelle (n. 7) bestätigt ALEXANDER TARTAGNUS<br />

diese Darstellung, schränkt sie aber dadurch ein, daß er auf seine Darstellung zum<br />

Titel „Ut quae desunt" (s. dazu oben Kap. IV bei N. 22 ff.) verweist und gleichzeitig<br />

andeutet, daß dies nur für die consuetudo notoria gelten könne.<br />

18 ) Vgl. hierzu oben Kap. V/II, insbesondere bei N. 171 ff. Außerdem verweist<br />

GAIL noch auf den sehr einflußreichen Kommentar von CHASSAGNE, Les coustumes ...<br />

de Bourgongne (!), der vor allem in der consuetudo-Lehre in Deutschland im Laufe<br />

des 16. Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielt, wie wir an einzelnen Beispielen noch<br />

sehen werden.<br />

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