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141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand

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lichen Richter an ein Gericht höherer Instanz verlagert wird. Dann fehlt<br />

die örtliche Bindung, die das Ortsrecht zum ius commune in loco macht.<br />

Deshalb ist für den Richter höherer Instanz das ius municipale scriptum<br />

wie non scriptum gleichermaßen beweisbedürftig. Allenfalls das Provinzialrecht<br />

oder, wenn man an Deutschland denkt, das in einem Territorium<br />

geltende Landrecht hat für ihn den Charakter eines ius commune,<br />

wie ihn das ius locale für den iudex loci hat. Setzt man diesen Weg nach<br />

oben fort, so kommt man zur lex praescriptione und zum cap. licet Romanus<br />

in ihrer ursprünglichen Konstellation zurück. Für Papst und<br />

Kaiser ist jegliches nicht-universelle Recht nicht ius commune und deshalb,<br />

sei es aus dem Grunde der Spezialität, sei es als factum, beweisbedürftig<br />

60 .<br />

Damit verschieben sich auch noch innerhalb des Instanzenzuges die<br />

Grenzen des beweisbedürftigen und des ex officio anzuwendenden Rechts;<br />

ebenso wandelt sich der Begriff des ius commune ständig. Das nichtbeweisbedürftige<br />

Recht 61 ist also ein sich stets verändernder Komplex,<br />

der neben einem festen Kern vielfach und vielfältig veränderbare Teil-<br />

notoria, also die Differenzierung zwischen ex officio anzuwendendem und nicht-beweisbedürftigem<br />

Recht (s. oben N. 57), keine Rolle; zur Anwendungspflicht sofort im Text.<br />

90 ) S. dazu oben Kap. V/II. Inwieweit Papst und Kaiser freilich an diese Regeln gebunden<br />

waren, ist eine andere Frage.<br />

**) Gleiches gilt für das ius commune und das vom Richter ex officio anzuwendende<br />

Recht. In den Vorschriften, die die Rechtsanwendungspflicht des Richters regeln, findet<br />

dieser Befund in vollem Umfang Bestätigung, vgl. z. B. die Erläuterungen zum Institutionentitel<br />

„De officio iudicis" (I. 4.17), wo es im principium heißt: „In primis illud<br />

observare debet iudex, ne aliter iudicet, quam legibus aut constitutionibus aut moribus<br />

proditum est." Hierzu schreibt ANGELUS DE GAMBILIONIBUS (n. 7/8): „Quid si est una<br />

constitutio, sive unum statutum extravagans, quod non sit inclusum in volumine statutorum,<br />

... 1. cum prolatis .. . Bartolus .. . nota ergo quod sicut sententia lata contra<br />

ius scriptum . . . ita etiam lata contra consuetudinem, quia ista iudicantur a pari<br />

In contrarium videtur 1. 1 C. quae sit longa consuetudo ... quod comprobatur, quia<br />

non est eadetn ratio de iure et consuetudine, quia ius certum est ut 1. ornamentorum ...<br />

et consequenter non requiritur quod articuletur, vel probetur, vel ponatur. Ut ibi<br />

Bartolus. Sed consuetudo, cum consistât in facto, opus est, quod extrinsecus probetur<br />

Bartolus 1. de quibus ... Baldus § quod observari, Salicetus ... sed potest distingui ...<br />

aut consuetudo est notoria et tunc sententia lata contra earn est ipso iure nulla, sicut<br />

si contra legem scriptam lata esset.. .". Zu den entsprechenden Regelungen des kanonischen<br />

Rechts s. unten Kap. VII N. 20. Ähnliches gilt für die Regelungen über die<br />

Auswirkung auf die Urteile, also neben der lex cum prolatis, auf die immer wieder<br />

hingewiesen wurde, auch C. 7.64.2 (s. oben Kap. II N. 82). Dort heißt es bei CYNUS<br />

n. 3 : „Tertio quaeritur, si sententia lata sit contra ius consuetudinis, an valeat? Videtur<br />

quod non ut 1. de quibus. Dicit idem Jacobus de Ravanis, quod si feratur contra legem<br />

non valet, sed secus, si contra consuetudinem. Ratio, quia lex est certa, sed consuetudo<br />

est factum, quod prudentissimos fallit ... D. 22.6.2 (1. in omni)." Vgl. außerdem<br />

FRANCHUS, oben Kap. V/II.<br />

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