141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand
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Lenkbarkeit 55 bei der Berücksichtigung des Gewohnheitsrechtes. Das bedeutet<br />
zugleich, daß dieser Komplex des nicht-beweisbedürftigen Rechts<br />
der variabelste und in seinen Grenzen fließendste war.<br />
Faßt man nochmals die in großen Linien nachgezeichneten Grundmuster<br />
zusammen, so ergeben sich drei Segmente, die einander überlagern,<br />
aber nicht deckungsgleich sind:<br />
lus commune umfaßt das ins commune in einem engeren, oben geschilderten<br />
Sinne 56 als ius universale oder generale, daneben aber auch das<br />
ius commune in loco, zu dem sowohl Statuten wie örtliches Gewohnheitsrecht<br />
zählen.<br />
Das vom Richter anzuwendende Recht setzt sich zusammen aus dem<br />
ius commune im engeren Sinne und dem ihm gleichgestellten örtlichen<br />
Statutarrecht, beide begrenzt durch die gemeinsame Ausnahme bei zweifelhaften<br />
„extravagantes".<br />
Das nicht-beweisbedürftige Recht umfaßt außer diesen beiden Bereichen<br />
noch die consuetudo notoria und, sofern man sie nicht zu den Statuten<br />
rechnet, die consuetudo scripta.<br />
Alle drei 57 Ausschnitte stimmen in zwei Punkten überein: das ius commune<br />
im engeren Sinne ist ihnen gemeinsam, und es ist der einzig konstante<br />
Teil. Im übrigen aber sind die anderen Teilbereiche variabel, insbesondere<br />
von Ort zu Ort verschieden.<br />
Dies ist für den Sprachgebrauch und für die Bedeutung von ius commune<br />
sehr wichtig; denn es hatte sich gezeigt, daß bei den Fragen der<br />
negatio iuris, der positio iuris, aber auch bei der suppletio de iure vielfach<br />
von ius commune die Rede war, ohne daß Doppeldeutigkeit und<br />
wechselnder Inhalt gleich auf den ersten Blick sichtbar geworden wären 58 .<br />
Wichtiger noch als für das Verständnis des Terminus ius commune sind<br />
diese Beobachtungen für die beiden anderen Punkte: Auch das ex officio<br />
anzuwendende und das nicht-beweisbedürftige Recht sind von Ort zu<br />
Ort verschieden. Hieraus folgt ein letzter wichtiger Gesichtspunkt: Das<br />
Gesagte gilt aus der Sicht des iudex loci, der das ius eiusdem civitatis<br />
oder die ihm bekannte consuetudo localis von Amts wegen anwenden<br />
kann und sogar muß 59 . Dies ändert sich, wenn der Rechtsstreit vom ört-<br />
**) S. schon oben Kap. I vor N. 41.<br />
**) S. am Anfang dieses Kap. bei N. 10 ff.<br />
57 ) Der Unterschied zwischen dem nicht-beweisbedürftigen und dem vom Richter ex<br />
officio anzuwendenden Recht besteht nur dann, wenn man bei der consuetudo notoria<br />
an der Allegationspflicht festhält.<br />
58 ) Hinweise auf die Vieldeutigkeit und Unscharfe dieser Wortverwendung sind von<br />
Anfang an gegeben worden, s. schon oben Kap. I nach N. 41.<br />
M ) Für den folgenden Gesichtspunkt spielt die Frage der Allegation einer consuetudo<br />
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