141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand
141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand
141-165 (4839 KB) - Wolfgang Wiegand
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
VII. KAPITEL<br />
,ZU RICHTEN<br />
NACH DES REICHS GEMAINEN RECHTEN'<br />
Am Ende einer Reihe von Einzelanalysen hat sich gezeigt, daß die<br />
Wesenbecks Argumentation zugrunde liegende Rechtsanwendungslehre<br />
zwei Komponenten aufweist. Zunächst beruht sie auf einer Grundprämisse,<br />
die, wie wir gesehen haben, an verschiedenen Punkten und in<br />
unterschiedlicher Ausprägung immer wiederkehrt: der Aufteilung des<br />
Rechts in beweisbedürftiges und nicht-beweisbedürftiges Recht. Eine besondere<br />
Akzentuierung erfährt diese Konzeption durch die auf dem Vermutungsgedanken<br />
basierende Umformung in einen Beweislastsatz, was<br />
bei Wesenbeck mit Hilfe der Formel von der fundata intentio oder<br />
auch bei Pacian ' auf ähnliche Art und Weise geschieht.<br />
Für die Rezeption in Deutschland geht es natürlich vor allem darum,<br />
die Aufnahme der einzelnen Grundelemente 2 und punktuellen Ausdrucksformen<br />
zu dokumentieren, wie dies gelegentlich schon geschehen<br />
ist 3 ; daneben sollen auch Entstehung und Bedeutung des zweiten Aspektes<br />
durch weitere Beispiele vertieft werden. Als Quellen kommen neben<br />
den die italienische Tradition weiterführenden Kommentaren und Traktaten<br />
4 vor allem die ebenfalls an italienische und französische Vorbilder<br />
anknüpfende forensisch-kasuistische Literatur, die besonders für die<br />
') PACIAN, der wie WESENBECK auf der 1. ab ea parte und dem Vermutungsgedanken<br />
aufbaut, behandelt ebenfalls die Frage der Beweisbedürftigkeit des speziellen<br />
Rechts, allerdings unter dem besonderen Aspekt seiner Negation. Auch er setzt die<br />
vorhandenen Grundelemente in Beweislastregeln um. Wer derartiges Recht leugnet,<br />
braucht entgegen der sonstigen Regel keinen Beweis zu führen, vgl. zu den Einzelheiten<br />
oben Kap. II.<br />
2 ) Die wichtigsten Quellen und bedeutsame Beobachtungen zu einer Vielzahl der im<br />
folgenden behandelten Punkte enthält die vorzügliche Abhandlung von BRIE, Die<br />
Stellung der deutschen Rechtsgelehnen der Rezeptionszeit zum Gewohnheitsrecht (im<br />
folgenden Brie, Rezeptionszeit). Hierauf baut die bereits mehrfach erwähnte Untersuchung<br />
von TRUSEN, Römisches Recht und partikuläres Recht in der Rezeptionszeit,<br />
auf. Beide Autoren verfolgen einzelne Aspekte, die auch hier wesentlich sind. Für uns<br />
geht es jedoch um eine Darstellung vor dem Hintergrund der geschilderten Rechtsanwendungslehre,<br />
auf die sowohl BRIE als auch TRUSEN nur in einzelnen Punkten, nicht<br />
aber in ihrer Gesamtheit eingehen.<br />
s ) S. Kap. VI bei N. 65.<br />
4 ) Vgl. die schon erwähnten Werke von SICHARD und EVERHARDUS, s. soeben N. 3<br />
bzw. Kap. VI N. 65.<br />
162