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Sport des Südens - Nord-Süd-Netz

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KÖNIG FUSSBALL<br />

18<br />

SPORT DES SÜDENS – FUSSBALL, OLYMPIA UND MEHR: SPORT ALS SPIEGEL DER NEOLIBERALEN WELTORDNUNG UND CHANCE ZU IHRER ÜBERWINDUNG<br />

„Equipo de Colo Colo“ – Mannschaftsaufstellung <strong>des</strong> chilenischen Fußballvereins Club Social y Deportivo Colo Colo aus dem Jahre 1947<br />

02/2.1_Colo Colo_Von der Rebellion<br />

zur Aktiengesellschaft<br />

Die 22 jungen Männer, die meisten von ihnen Studenten, mussten<br />

am 19. April <strong>des</strong> Jahres 1925 nicht lange überlegen, als sie<br />

nach einem Namen für den soeben neugegründeten Fußballverein<br />

suchten: „Colo Colo!“ hatte jemand leise gemurmelt.<br />

Immer lauter wurde die Worte wiederholt, bis sie schließlich<br />

zu einem lauten Chor anschwollen: „Colo Colo!“ So hieß einer<br />

der berühmtesten Kaziken, wie man die gewählten Häuptlinge<br />

der Mapuche, der Ureinwohner Chiles, nennt. Dieses Volk leistete<br />

den spanischen Konquistadoren über 200 Jahre lang erbittert<br />

Widerstand und konnte niemals vollständig unterworfen<br />

werden. Dieser Name, so die jungen Fußballer, repräsentiere<br />

die wahrhaft chilenische Identität.<br />

Die Namenswahl ist um so gelungener, da die Gründung <strong>des</strong><br />

bis heute erfolgreichsten und populärsten chilenischen Fußballvereins<br />

tatsächlich aus einem Akt der Rebellion hervorging.<br />

Eine Gruppe von jungen Nachwuchstalenten, angeführt von<br />

David Arellano, lag im Streit mit der Führung ihres damaligen<br />

Vereins Magallanes. Es ging dabei um mehr Einsatzzeiten<br />

für die jungen Spieler, aber auch um die Renovierung der<br />

Umkleidekabinen und Duschen, sowie die Anschaffung eines<br />

Arzneikoffers. Als diese <strong>des</strong> Professionalismus verdächtigten<br />

Forderungen abgelehnt wurden, die den Charakter <strong>des</strong> Fußballs<br />

als reinen Amateursport verderben würden, verließen der<br />

entrüstete David Arellano und zehn weitere Spieler den Verein,<br />

um wenige Tage später, an jenem 19. April 1925, ihren eigenen<br />

Club zu gründen.<br />

Bildquelle: „Equipo de Colo Colo“, 1947 (www.estadio.latinowebs.com); Club-Abzeichen<br />

von Colo Colo, Autor: Zebba (http://commons.wikimedia.org)<br />

Was folgte, ist eine beispiellose Geschichte voller Erfolge, Tragödien<br />

und Legenden. Im ersten Jahr seines Bestehens gewann<br />

Colo Colo ungeschlagen die erste seiner bis heute 23 Meisterschaften.<br />

Nur wenig mehr als zwei Jahre nach der Gründung,<br />

am 3. Mai 1927, starb der Kapitän David Arellano bei einem<br />

Freundschaftsspiel in Spanien auf dem Spielfeld. Bis heute<br />

wird er als mythische Ikone <strong>des</strong> Vereins verehrt und auf dem<br />

Zentralfriedhof Santiagos liegen seine sterblichen Überreste im<br />

vereinseigenen Mausoleum. Im Jahr 1991 gewann Colo Colo<br />

als bisher einzige chilenische Mannschaft die Copa Libertadores,<br />

so etwas wie die südamerikanische Champios League.<br />

Heute drücken den Verein Schulden, und an die großen Erfolge<br />

hat man lange nicht mehr anknüpfen können. Deshalb<br />

rief man im vergangenen Jahr die Aktiengesellschaft „Blanco<br />

y Negro“ ins Leben, die den Verein sanieren und sportlich<br />

wie wirtschaftlich zu einer erfolgreichen Marke machen soll.<br />

Doch diese unternehmerische Offensive hat einen brisanten<br />

Wendepunkt erfahren: Es wurde bekannt, dass der ehemalige<br />

Präsidentschaftskandidat und Multimillionär Sebastian Piñera<br />

ein großes Aktienpaket erworben hat und zusammen mit anderen<br />

Großaktionären, allesamt Freunde oder Geschäftspartner<br />

Piñeras, die Mehrheit im Aufsichtsrat anstrebt. Pikant dabei:<br />

Piñera & Co. sind bekennende Anhänger <strong>des</strong> ungeliebten<br />

Stadtrivalen Universidad Católica, <strong>des</strong>sen Anhängerschaft sich<br />

überwiegend aus der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht zusammensetzt.<br />

Colo Colo hingegen ist der Verein der Massen

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