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SPORT DES SÜDENS<br />
Henry Wanyoike (rechts) und sein kenianischen Begleitläufer Joseph Kibunja (links)<br />
03/6_Der blinde Marathonstar_<br />
Henry Wanyoike<br />
Henry Wanyoike läuft einen vollen Marathon in 2 Stunden, 31<br />
Minuten. Eine Zeit, auf die die meisten Läufer an sich schon<br />
stolz sein könnten: Die Weltspitze ist gerade mal eine knappe<br />
halbe Stunde schneller. Doch für Henry Wanyoike ist die<br />
Zeit geradezu sensationell, denn der 31-jährige Kenianer ist<br />
blind. Vor zehn Jahren verlor er sein Augenlicht praktisch über<br />
Nacht, als Folge einer <strong>Netz</strong>hauterkrankung. Doch es kam noch<br />
schlimmer: Nach einem Hirnschlag musste Wanyoike zunächst<br />
im Rollstuhl sitzen. Aus dem kämpfte er sich Schritt für Schritt<br />
heraus.<br />
Heute ist Wanyoike in Kenia ein Star. Er hält zwei Blinden-Weltrekorde<br />
über 5.000 und 10.000 Meter. Bei den Paralympics,<br />
den Olympischen Spielen für Behinderte, holte er in Atlanta<br />
und Athen drei mal Gold. Überall in der Welt nimmt er an<br />
Straßenmarathons teil, stets mit einem Begleiter 9 an der Seite,<br />
der ihn führt. Dafür starke Läufer zu fi nden, ist immer wieder<br />
schwierig – Wanyoike kann nur wenig zahlen, und der „Mitläufer“<br />
steht immer im Schatten <strong>des</strong> blinden Weltmeisters. Wer<br />
so schnell läuft wie Wanyoike, möchte meistens lieber selbst<br />
sein Glück versuchen.<br />
Bildquelle: Henry Wanyoike und Joseph Kibunja in Hong Kong, Februar 2008, Autor:<br />
Dennislo (http://commons.wikimedia.org/wiki);<br />
9 Blind einen Marathon siegreich zu laufen, ist härteste Teamarbeit. Henry Wanyoike<br />
braucht an seiner Seite für je<strong>des</strong> Rennen einen sehenden Laufpartner, der min<strong>des</strong>tens<br />
Mit seiner Geschichte möchte Wanyoike anderen Behinderten<br />
Mut machen. Nur wenigen Behinderten, weiß Wanyoike,<br />
wird in Kenia wie in anderen afrikanischen Ländern überhaupt<br />
eine Chance gegeben. Ärzte, die in den Slums der Hauptstadt<br />
Nairobi unterwegs sind, berichten immer wieder von blinden<br />
Kindern, die von ihren Eltern in einer Ecke „abgelegt“ werden.<br />
Niemand kümmert sich um sie, die ja ohnehin vermeintlich<br />
chancenlos sind.<br />
Gegen solche Vororteile kämpft Wanyoike an, als Botschafter<br />
der „Christoffel-Blindenmission“ ist er weltweit unterwegs. In<br />
seinem Heimatdorf hat Wanyoike außerdem ein Waisenheim<br />
eröffnet. 60 Kinder leben dort. Wo immer Wanyoike läuft,<br />
trommelt er für Spenden. Davon hat er gerade erst zwei Kühe<br />
gekauft, um die Kinder mit frischer Milch zu versorgen. Auf<br />
seiner Homepage „www.henry4gold.com” hält er die Spender<br />
über seine Läufe und Projekte informiert. Das Schicksal von<br />
Waisen ist dem Ausnahmesportler persönlich so nahe wie das<br />
von Blinden: Als er fünf Jahre alt war, verlor er seinen Vater.<br />
Marc Engelhardt<br />
ebenso schnell und ausdauernd ist. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn der blinde Henry<br />
Wanyoike ist kaum 26 Minuten vom Marathon-Weltrekord der Sehenden entfernt! (Kenianer<br />
Paul Tergat mit 2:04:55, 2003). Henry Wanyoike und Joseph Kibunja trainieren auch<br />
gemeinsam – bis 30 Kilometer täglich (http://www.christoffel-blindenmission.de).<br />
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