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ÃœSERS DORF BROGGE

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von starken Schmerzen geplagt. Geistig war sie sehr<br />

rege, so dass ich ihr einmal sagte: «Wenn ich etwas<br />

nicht weiss, kann ich Sie fragen». Diese Frau lud Bewohner/innen<br />

an ihr Bett zu Gesprächsrunden ein.<br />

Jeden Abend versammelten sich zudem einige Bewohner/innen<br />

bei ihr zum Gebet.<br />

Der beliebte Maitanz animierte mich, eine desorientierte<br />

Bewohnerin zum Tanz einzuladen. Diese<br />

sprach normalerweise praktisch nicht und wenn,<br />

dann meist unverständlich. Sofort war ich gefordert,<br />

weil meine Tänzerin in diesem Sport sehr gut war.<br />

Während dem Tanz sprach sie verständlich mit mir<br />

über dies und jenes. Plötzlich sagte sie: «Jetzt hat<br />

die Musik einen Fehler gespielt». Meinem schlechten<br />

Musikgehör war nichts aufgefallen. So fragte ich<br />

meine Frau, ob dies so gewesen sei. Romy bejahte,<br />

dass die Musiker falsche Töne erwischt hätten.<br />

Nach Definition von Naomi Feil, Begründerin ihrer<br />

Validationsmethode (in den Schuhen des anderen<br />

Menschen gehen), wird der Begriff «Demenz»<br />

nie verwendet. Das komme vom lateinischen «dis»<br />

(weg) und «mens» (Geist), also «weg vom Geist»<br />

oder «ohne Geist». Aus Erfahrung kann ich bestätigen,<br />

dass solche Menschen zwar «desorientiert»,<br />

«weg von Orientierung» sind, aber trotzdem denken.<br />

Desorientierte Menschen sind sehr intuitiv. Einzelne<br />

spüren, wenn ihre Wohnung geräumt wird.<br />

Auch schon bin ich von desorientierten Bewohnerinnen<br />

oder Bewohnern gefragt worden, ob es mir<br />

gut gehe. Ist meine Antwort nicht ehrlich, kann ich<br />

manchmal aus ihren Blicken, aus der Mimik oder<br />

aus ihren Worten erfahren, dass sie mir meine Erwiderung<br />

nicht abnehmen. Sie spüren genau, wie es<br />

einem geht und darum fragen sie. Deshalb können<br />

sie trotz ihrer Desorientierung gelegentlich die Frage<br />

spontan und präzis formulieren.<br />

Einige Bewohnerinnen und Bewohner sind für andere<br />

«Mitbewohnende», ja gar für uns Mitarbeitende<br />

eine wichtige Stütze. Viele sind nur schon durch ihr<br />

Dasein ein Geschenk.<br />

Es wäre nicht ehrlich, an dieser Stelle zu erwähnen,<br />

dass es im Heim (wie sonst im Leben) auch Situationen<br />

von Hilflosigkeit, Verzweiflung und Überforderung<br />

geben kann. Das Sterben ist nicht immer<br />

leicht. Dann braucht es die Kraft der Schwachen,<br />

den Gemeinschaftssinn und Vertrauen. Zu eigenen<br />

Schwächen darf man stehen.<br />

Integration ist ein Schlagwort. So sind auch<br />

«Schwache» zu integrieren. Dazu gehören neben<br />

der materiellen Sicherheit (nicht Überfluss, aber genug),<br />

Würde, Achtung, soziale Integration, Teilnahme<br />

an der Gesellschaft, Selbstbestimmung (soweit<br />

als möglich), Freundschaften, Menschen, die Anteil<br />

nehmen und vieles mehr.<br />

Damit dies bei uns für die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner erreicht wird, ist es wichtig, dass Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter ständig mit Aus- und<br />

Weiterbildungen gefördert werden. Wohn- und Lebensqualität<br />

ergeben sich für die Bewohner/innen<br />

neben der wertschätzenden, liebevollen und kompetenten<br />

Betreuung/Pflege auch aus dem vielfältigen<br />

Angebot von Pflege, Kultur und Gastronomie.<br />

Die Gesellschaft sollte die Schwachen ebenso gut<br />

behandeln wie die Starken und Geachteten. Für<br />

mich und für unsere Tätigkeit heisst das, unsere Aufgaben<br />

so zu erfüllen, als ob unsere Mutter, unser<br />

Vater oder wir selbst auf Betreuung und Aufenthalt<br />

angewiesen wären. Mit diesem Grundsatz gingen<br />

im Jahr 2009 die Mitarbeiter/innen zusammen mit<br />

den Mitgliedern von Heimkommission, Vorstand<br />

und Fachkräften das Projekt «Heim in Zukunft» an.<br />

Der gesamte Jahresbericht des Vereins Evangelische<br />

Pflegeheime St.Gallen wurde allen Empfängerinnen<br />

und Empfängern des Kirchenboten der drei evangelischen<br />

Kirchgemeinden St.Gallen und Wittenbach<br />

zugestellt.<br />

Bestellungen können Sie gerne unter der Telefonnummer<br />

071 274 13 11,<br />

der Faxnummer 071 277 65 06 oder<br />

per E-Mail info@bruggen.ch<br />

Herzlichen Dank allen, die mich in irgendeiner Art<br />

im Berichtsjahr und in den bald 15 Jahren meiner<br />

Tätigkeit unterstützt haben. Vielen Dank für das<br />

Vertrauen.<br />

Alfred Gnägi-Bammert<br />

Heimleiter<br />

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