4 - Kulturnews
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6 musik // Folkpop<br />
kulturnews 5/11<br />
Foto: Frank Eidel<br />
Agnes Obel<br />
Langsam, aber sicher<br />
Die dänische Songwriterin Agnes Obel erobert peu à peu die Welt<br />
mit ihren entschleunigten Songperlen. Mitschuld daran: ein Dorf<br />
namens Berlin.<br />
kulturnews: Agnes, du hast jüngst sechs Konzerte in deiner Heimatstadt<br />
Kopenhagen gespielt, bist beim SXSW-Festival in Texas aufgetreten, und die<br />
Times lobt dein Debütalbum in den Himmel. Wie erklärst du dir, was da gerade<br />
passiert?<br />
Agnes Obel: Ich habe selbst keine Erklärung dafür. Seit acht Monaten bin ich nur<br />
noch auf Tour. Komischerweise läuft es auch in Ländern gut, wo ich noch nie<br />
war. Vielleicht stimmte einfach das Timing. Ich bin mit meiner Platte zu einer<br />
Zeit herausgekommen, in der es nicht viel langsame, minimalistische Musik gab.<br />
kulturnews: Taugt deine Musik also für eine Revolte gegen Lady Gaga?<br />
Obel: Klingt cool! Das wäre dann aber die langsamste Revolution der Welt!<br />
kulturnews: Dein Song „Just so“ wurde auf deiner MySpace-Seite für einen<br />
Werbespot entdeckt. Wie viel hat das mit dem Erfolg zu tun?<br />
Obel: Ich glaube, gar nichts. Das ist jetzt über zwei Jahre her, und der Spot<br />
lief nur in Deutschland. Aber das hat meine Bindung zu Deutschland gestärkt.<br />
kulturnews: Du lebst in Berlin. Wie heimisch fühlst du dich?<br />
Obel: Beim Festival in Texas dachten sogar alle, ich sei selbst Deutsche! Mein<br />
Umfeld kommt mittlerweile überwiegend aus Deutschland. Meine beiden<br />
Cellistinnen sind aus Berlin, die eine aus dem Osten, die andere aus dem<br />
Westen der Stadt. Auf Tour spreche ich jeden Tag Deutsch mit ihnen.<br />
kulturnews: Klingt lustig, wenn selbst eine Dänin zwischen Ost und West<br />
unterscheidet …<br />
Obel: Mag sein. Mir selbst fällt der Unterschied ja gar nicht auf. Aber mir wird<br />
es von außen immer so zugetragen, dass es da einen gäbe.<br />
kulturnews: Hat Berlin Einfluss auf deine Kreativität?<br />
Obel: Absolut! Berlin hat ebenfalls ein langsames Tempo. Es ist eine Weltstadt,<br />
die sich wie ein Dorf anfühlt. Für mich war es der perfekte Ort, um an<br />
meinem sonderbaren Projekt zu arbeiten, an das ich mich anfangs nicht heranwagte.<br />
In der Stadt ist eine Akzeptanz für Leute vorhanden, die an etwas arbeiten,<br />
ohne einen Masterplan oder ein bestimmtes Ziel zu haben. Und<br />
natürlich ist Berlin viel günstiger als Kopenhagen …<br />
kulturnews: Die Songs deines Debüts hast du aber eh in deinem Schlafzimmer<br />
aufgenommen.<br />
Obel: Ja, mir gefällt das. Ich war früher in einer Jungsband. Dort habe ich viel<br />
über Aufnahmetechniken und Produktion gelernt, sodass ich heute in der<br />
Lage bin, alles selbst zu machen. Wenn man Musik mit wenigen Instrumenten<br />
macht, intensiv und harmonisch, dann ist es gut, sie an einem Ort aufzunehmen,<br />
wo du dich sicher fühlst und wiederholen kannst, so oft du willst.<br />
Außerdem nutze ich gern die Schönheit der Nacht, um an Liedern zu feilen.<br />
kulturnews: Welche Künstler haben dich inspiriert?<br />
Obel: Der Songwriter Elliott Smith war ein großer Einfluss auf mich, als ich ein<br />
Teenager war. Ein bisschen habe ich mir von ihm abgeguckt. Er kreiert die<br />
Melodien auf der Gitarre und lässt die Stimme dazu parallel laufen. Das mache<br />
ich auch sehr oft mit meinem Instrument.<br />
kulturnews: Diese Mischung aus Pop, Folk und klassischer Musik: War das<br />
ein Zufallsprodukt?<br />
Obel: Ich habe darüber zumindest nie nachgedacht. Es ist das Ergebnis der Musik,<br />
die ich selber höre. Und es hat viel mit der Art zu tun, wie ich Piano spiele,<br />
eben klassisch. Mir gefällt die Simplizität. Ich denke, das könnte ich nie ändern.