budoka 03 2007 - Dachverband für Budotechniken Nordrhein ...

JUDO Interview
Interview mit
Benjamin Behrla
Bronzemedaillengewinner bei den
Europameisterschaften U23 in Moskau
Hallo Benny, es sind jetzt drei
Tage nach Deinem Bronzemedaillengewinn
bei der EM U23
in Moskau. Im Internet steht,
dass Du umstritten gegen den
griechischen Olympiasieger
Iliadis verloren hast. Was heißt
umstritten? Was ist passiert?
Also in meinem zweiten
Kampf traf ich auf den 81-kg-
Olympiasieger Iliadis, der
mittlerweile gut 95 kg wiegt.
Ich habe mir gedacht, Du hast
nichts zu verlieren, also hau
rein. Nach ca. zwei Minuten
setzt er einen Abtaucher an,
den ich nach meinem Gefühl
abblocke, dann sein Bein fasse
und ihn über seinen Kopf rüberwerfe.
Die Hauptkampfrichterin
gibt Ippon, ich denke, das muss
für mich sein und sie erklärt
mich auch zum Sieger. Die
Außenrichter reagieren nicht
und bestätigen das Ergebnis. Ich
gehe von der Matte und merke,
dass der griechische Trainer
einen ziemlich großen Aufstand
macht. Nach ca. zwei Minuten
werde ich wieder auf die
Matte gerufen, das Urteil wird
zurückgenommen und Iliadis
erhält ein Wazaari. Der Kampf
wird fortgeführt, nach weiteren
zwei Minuten setzt er erneut
einen Abtaucher an, den ich
mit O-Uchi-Gari kontere, dabei
falle ich seitlich neben meinen
Gegner, nehme in aber im
Boden direkt in den Haltegriff.
Die Hauptkampfrichterin gibt
Wazaari-Awasete-Ippon. Ich
habe den Kampf verloren. Bei
beiden Techniken hatte ich das
Gefühl, meinen Gegner geworfen
zu haben.
Und wie ging es Dir danach?
Ich war natürlich stocksauer,
so zwei bis drei Wasserflaschen
mussten dran glauben,
danach setzte bei mir der
Riesenfrust ein, aber unser Trainer
Richi Trautmann und Jonas
Focke (EM-Zweiter -66 kg)
haben mich wieder ganz gut aus
dem Loch geholt. Richi hat mir
gesagt: „Wenn Du ein Großer
werden willst, dann musst Du
Dich genau jetzt durchbeißen.“
Damit war es aber noch nicht
vorbei. Du humpelst. Was ist
noch passiert?
In meinem ersten Trostrundenkampf
gegen den Engländer
Andrew Berns, den ich in
Schweden nach nur wenigen
Sekunden Ippon geschlagen
habe, habe ich im Bodenkampf
bei einem Hebelversuch einen
Schlag auf‘s Knie bekommen,
wobei meine Kniescheibe rausgesprungen
ist. Beim Aufstehen
und Auftreten ist sie dann
wieder reingesprungen. Aber
ich hatte Riesenschmerzen. Der
Kampf war dann sehr schwierig
für mich, ich habe viel Griffkampf
gemacht und irgendwann
konnte ich ihn dann mit
Abtaucher Punkt werfen, aber
danach habe ich gedacht: Wie
soll ich die nächsten Kämpfe
überstehen?
Dann hat mir Silke Kemmer,
unsere Physio, gesagt: „Ich
tape Dir das Knie, aber wenn
dann richtig und nicht nur für
einen Kampf.“ Und dann, das
muss ich wirklich sagen, hat Sie
mir ein Bombentape gemacht,
ohne Silke hätte ich glaube ich
nicht weiterkämpfen können.
Benjamin Behrla mit Uchi-Mata
bei den Internationalen Deutschen
Meisterschaften 2006 in Braunschweig
Foto: Ewald Koschut
Unglaublich, was ist noch
passiert?
Als Silke mich getapt hat
in einem kleinen Extra-Raum
habe ich gesehen wie der holländische
Trainer in den Raum
reingeschaut hat. Im nächsten
Kampf hatte ich dann Benjamin
van Leuwarden, der mit direkt
gegen das Knie gehauen hat.
Das war ‘ne harte Auseinandersetzung
und ich habe so zwei
Minuten gebraucht, aber dann
habe ich einen Adrenalinschub
bekommen. Erstmal habe ich
ihn mit zwei Händen an einem
Revers genommen und richtig
durchgeschüttelt bis er vor mir
auf den Knien war. Da habe ich
mir gedacht, jetzt erst recht, und
dann habe ich ihn mit Punkt
geworfen.
Und dann der Kampf um
Bronze?
Da bekam ich den Portugiesen
Taveira. Mit Platz fünf
wollte ich jetzt nicht nach
Hause gehen. Ich habe taktisch
gekämpft und auf meine Chance
gewartet. Als die dann kam
habe ich ihn Punkt geworfen.
Benjamin Behrla,
* 31.8.1985, 1,92 m, 94 kg;
Judoka seit 1992;
Vereine: Koriouchi Emsdetten,
seit 1996 Mugen Gronau;
Hobbys: Musik, Kochen,
Freunde
Wie sehen Deine weiteren Ziele
aus?
Gut, jetzt bin ich erstmal
verletzt (Anmerkung der Redaktion:
Benjamin Behrla ist mittlerweile
operiert worden und
schon wieder auf dem Wege der
Besserung). Mein großes Ziel
bleiben aber die olympischen
Spiele 2008 in Peking.
Da hast Du aber starke Konkurrenz.
Wie siehst Du Deine
Mitstreiter?
Tja, Juri (Michael Jurack)
und Dimi (Dimitri Peters) sind
physisch noch stärker, aber
mein Vorteil ist meine Schnelligkeit.
Und wie sieht es privat aus?
Bist Du vergeben?
(Grinsend) Ja, ich habe eine
Freundin, die aus dem gleichen
Ort (Emsdetten) wie ich
komme, die hier in Köln Sport
studiert. Sie macht kein Judo,
steht aber voll hinter mir.
An dieser Stelle möchte ich
mich noch mal bei allen bedanken,
die mich unterstützt haben.
Interview: Erik Goertz
14 3/2007 der budoka