budoka 03 2007 - Dachverband für Budotechniken Nordrhein ...
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Richard Trautmann (links) und Erik Goertz informieren über die Sonderregelungen<br />
im Jugendbereich<br />
Wo liegen noch die Defizite in<br />
der technischen Ausbildung des<br />
Judo-Nachwuchses?<br />
R.T.: Stichpunktartig aufgezählt<br />
müssen wir folgendes vermehrt<br />
ausbilden:<br />
- Aufrechte Körperposition<br />
- Kumi-kata mit zwei Händen<br />
am Mann, am besten Ärmel-<br />
/Revers-Griff<br />
- Klassische Eindreh-, Sichelund<br />
Fegetechniken<br />
- Verteidigung gegen Angriffe<br />
nicht nur durch judoverhindernde<br />
Kumi-kata sondern auch<br />
durch Ausweichen und Blocken<br />
mit der Hüfte<br />
- Schneller Übergang Stand-<br />
Boden<br />
- Technische Lösungen <strong>für</strong> die<br />
Standardsituationen am Boden<br />
(Bank, Bauchlage, Beinklammer)<br />
Außerdem sollten unsere<br />
Nachwuchsathleten wieder<br />
in die Lage versetzt werden,<br />
ihre Techniken auch mit den<br />
klassischen Trainingsformen zu<br />
trainieren. Uchi-komi besteht<br />
<strong>für</strong> viele nur aus Anreißen<br />
ohne Platzwechsel und hat<br />
mit der Zieltechnik wenig<br />
oder nichts zu tun. Yakusokugeiko<br />
und Kakari-geiko sind<br />
als Trainingsformen häufig<br />
unbekannt, kommen also im<br />
Heimtraining nicht vor. Erst<br />
wenn diese Grundlagen solide<br />
und wettkampstabil existieren,<br />
ist es aus meiner Sicht sinnvoll,<br />
die eigene Kampfkonzeption<br />
mit Abtauch-, Beinfass- und<br />
Te-guruma/Uchi-mata-gaeshi-<br />
Techniken zu erweitern.<br />
E.G.: Gut erfasst. Das ist doch<br />
schon eine kleine Anleitung <strong>für</strong><br />
alle Jugendtrainer.<br />
Der Deutsche Judo-Bund hat<br />
zuletzt bei den U17-Europameisterschaften<br />
nach Russland<br />
die meisten Medaillen erkämpft.<br />
Wie siehst Du die Erfolgsaussichten<br />
in den kommenden<br />
Jahren?<br />
R.T.: Für den männlichen Bereich<br />
kann ich sagen, wir haben<br />
eine gute, keine hervorragende<br />
Europameisterschaft gekämpft.<br />
Daraus einen Trend abzuleiten<br />
wäre sicherlich verfrüht. Gelingt<br />
es uns, unsere Ausbildung<br />
weiter zu verbessern, haben<br />
wir sicherlich das Potenzial,<br />
uns unter den ersten vier bis<br />
sechs Nationen zu etablieren.<br />
Russland war die überragende<br />
Nation mit fünfmal Gold, einmal<br />
Silber und zweimal Bronze.<br />
Die russischen Athleten haben<br />
mit klassischem Judo vom<br />
Feinsten überzeugt und gezeigt,<br />
dass man mit diesem Stil auch<br />
die Aushebe- und Abtauchspezialisten<br />
aus Aserbaidschan,<br />
Georgien, Griechenland und der<br />
Türkei klar beherrschen kann.<br />
Daran sollten wir uns orientieren.<br />
Im Übrigen sind EM-Medaillen<br />
im U17-Bereich nur ein<br />
Etappenziel. Wichtiger ist es,<br />
unsere Athleten optimal auf die<br />
Anforderungen im U20- und<br />
Erwachsenenbereich vorzubereiten.<br />
Neben der bereits<br />
viel besprochenen technischen<br />
Ausbildung gilt es hier<strong>für</strong>,<br />
Leistungsmotivation, selbstständiges,<br />
eigenverantwortliches<br />
Handeln, gute Kenntnisse über<br />
Kraft und Ausdauertraining und<br />
damit eine solide konditionelle<br />
Grundlage zu entwickeln.<br />
Interview und Fotos: Erik Gruhn<br />
Jugend / Leserbrief JUDO<br />
Leserbrief<br />
Judo - Quo Vadis<br />
Kürzlich beobachtete ich<br />
ein Jugendturnier U11 und war<br />
sichtlich erschrocken, was sich<br />
auf der Matte abspielte. Mir ist<br />
völlig bewusst, dass nichts so<br />
beständig ist, wie die Veränderung.<br />
Dies gilt auch <strong>für</strong> unseren<br />
Sport, der sich zwangsläufig<br />
weiterentwickelt und weiterentwickeln<br />
muss. Was wir mit den<br />
Kampfregeln im Jugendbereich<br />
zurzeit erleben, man möge<br />
es mir verzeihen, ist gelinde<br />
gesagt reiner Aktionismus, oder<br />
einfacher gesagt, rein und raus<br />
aus den Kartoffeln. Andere<br />
Sportarten haben längst erkannt,<br />
dass mit der Grundausbildung<br />
nicht früh genug angefangen<br />
werden kann. Im Eislauf kann<br />
ein Sportler nur erfolgreich<br />
sein, wenn er mit den Dreifachsprüngen<br />
(!) sehr früh<br />
anfängt, nur dann schleifen sich<br />
diese Bewegungen erfolgreich<br />
ein, später ist das nur schwer<br />
oder gar nicht möglich. Im<br />
Fußball und anderen Sportarten<br />
ist das ähnlich.<br />
Was machen wir im Judo.<br />
Wir verbieten bis zur U14 Techniken,<br />
die dann erfolgreich sind.<br />
Wohlgemerkt, alles was zu erhöhter<br />
Verletzungsgefahr führen<br />
kann, muss raus. Fassen um den<br />
Kopf, Tani-Otoshi, auch was <strong>für</strong><br />
die Entwicklung nicht förderlich<br />
ist wie Beinfassen, Gegendrehtechniken<br />
sollten entfallen.<br />
Aber ein Fassen in den Nacken,<br />
eine der „gängigsten“ Fassarten<br />
ab U17, Fassen auf dem Rücken<br />
oder unter den Arm generell<br />
zu verbieten, macht überhaupt<br />
keinen Sinn. Wohlgemerkt, ich<br />
bin kein Verfechter dieser Fassart,<br />
weil ich selbst zu meiner<br />
aktiven Zeit mit Morote-seoinage<br />
erfolgreich war, aber muss<br />
man es gleich verbieten. Auch<br />
wenn man die Revers-Fassart<br />
besonders fördert, wird es<br />
weiterhin erfolgreiche Kämpfer<br />
geben, die diese Fassart nicht<br />
bevorzugen. Es ist auch eine<br />
Frage der Hebelverhältnisse.<br />
Japaner mit ihren bekanntlich<br />
relativ „kurzen“ Gliedmaßen<br />
fassen zwangsläufig anders als<br />
hoch aufgeschossene Judokas.<br />
Über Abtauchtechniken könnte<br />
man streiten.<br />
Kämpfe werden im zunehmenden<br />
Maße wieder durch<br />
Bestrafungen entschieden, was<br />
man gerade verhindern will.<br />
Kinder gehen weinend von der<br />
Matte, weil sie die Welt nicht<br />
mehr verstehen. Eltern, die<br />
schon immer Schwierigkeiten<br />
hatten, sind total verunsichert,<br />
ja sogar Trainer sind sich nicht<br />
mehr im Klaren. Hier ist noch<br />
viel Arbeit oder Aufklärungsarbeit<br />
notwendig, vielleicht auch<br />
ein Überdenken der einen oder<br />
anderen Regel. Reimund Czaja<br />
Stellungnahme zum Leserbrief<br />
von Reimund Czaja<br />
Lieber Reimund, liebe Trainer,<br />
liebe Eltern, liebe Judo-Kids,<br />
wenn was Neues kommt,<br />
ist es oft schwierig, sich darauf<br />
einzustellen. Als in Italien<br />
rauchfreie Restaurants, Kneipen<br />
und Diskotheken eingeführt<br />
wurden, war der Aufschrei<br />
in ganz Europa riesengroß.<br />
Letztens habe ich im Radio<br />
gehört, dass nach einem Jahr<br />
die Umsätze in der Gastronomie<br />
in Italien gestiegen sind. Das<br />
wird aber leider nicht mehr groß<br />
publiziert.<br />
Zurück zu unserem Sport.<br />
Der DJB und auch viele Trainer<br />
im NWJV haben sich viele und<br />
lange über die Wettkampfregeln<br />
im Jugendbereich Gedanken<br />
gemacht. Es haben eine Vielzahl<br />
von renommierten Trainern an<br />
diesem geschaffenen und 2006<br />
überarbeiteten Regelwerk mitgearbeitet:<br />
Richard Trautmann,<br />
Frank Urban, Swen Collas und<br />
Stefan Küppers, um nur einige<br />
zu nennen, alles Trainer, die<br />
sowohl im U11-Bereich als<br />
auch im Nachwuchsspitzensport<br />
arbeiten (ich denke, dass ist<br />
ganz wichtig, der Weg von ganz<br />
unten bis zur Spitze).<br />
Der Grundgedanke ist<br />
folgender: Was müssen Kinder<br />
in welchem Alter lernen, um<br />
später Erfolg zu haben? Ein<br />
Druckmittel ist dabei von<br />
entscheidender Bedeutung, der<br />
DJB und auch die Landesverbände<br />
werden von öffentlichen<br />
Mitteln unterstützt, und hat der<br />
DJB bei den Olympischen Spielen<br />
keinen Erfolg, werden im<br />
Gelder gestrichen. Jetzt könnte<br />
man meinen, was gehen die<br />
mich da oben an. Nicht nur der<br />
DJB, sondern auch der NWJV<br />
würde Fördermittel gestrichen<br />
bekommen. Da wir aber dann<br />
keinen Landestrainer entlassen<br />
können, müssten vielleicht die<br />
Talentzentren und Kreistrainer<br />
(die der NWJV eingerichtet hat<br />
3/<strong>2007</strong> der <strong>budoka</strong> 19